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Lidl steht zu Verpflichtungen aus der Tarifbindung

Während der Handelsverband Deutschland (HDE) wegen der Corona-Krise zuletzt eine Verschiebung von tariflich vereinbarten Lohnerhöhungen ins Spiel gebracht hatte, bekräftigte der Discounter Lidl gestern, die Tarifentgelte fristgerecht auszuzahlen. Die Gewerkschaft Ver.di lehnt den HDE-Vorstoß ebenfalls ab und verweist auf die Möglichkeit, Sanierungstarifverträge abzuschließen.

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Von Mirko Jeschke | Fotos: Unternehmen

In der jüngsten Diskussion über eine mögliche Verschiebung von tariflich vereinbarten Lohnerhöhungen erklärt Matthias Oppitz, Geschäftsleitungsvorsitzender Lidl Deutschland: "Wir werden, wie in allen Tarifverträgen vereinbart, die Erhöhungen der Tarifentgelte fristgerecht mit 1,8 Prozent umsetzen und auszahlen. Eine Verschiebung der Zahlungen stand bei Lidl zu keiner Zeit zur Diskussion. Unsere Mitarbeiter haben in den letzten Wochen Enormes geleistet, selbstverständlich erhalten sie die zugesicherte Erhöhung inklusive der üblichen zusätzlichen Lidl-Zulage. Wir haben gesehen, wie wichtig ein Miteinander und Teamwork sind. Wir stehen zu unseren Verpflichtungen."

Der HDE, der sich Ende März dazu entschlossen hat, auf Bundesebene keine Tarifverhandlungen zu verbindlichen Arbeitgeberzuschüssen beim Kurzarbeitergeld aufzunehmen, hatte die Gewerkschaft angesichts der zum Teil dramatischen Situation vieler Einzelhändler zuletzt aufgefordert, ein tarifliches Rettungspaket zu schnüren. Kern dieses angestrebten „Arbeitsplatz-Rettungs- und Unternehmens-Nothilfe-Tarifvertrags“ soll die Möglichkeit sein, die für das Frühjahr im Einzelhandel vorgesehene Tariferhöhung bis maximal zum Jahresende zu verschieben, wenn dies dazu dient, konkret die Existenz des Unternehmens und die Arbeitsplätze zu retten. Wenn die Umstände es erlauben, könnte das so zeitweise eingesparte Geld auch für die am stärksten betroffenen Arbeitnehmergruppen im eigenen Unternehmen eingesetzt werden, so der Verband.

Ver.di warnt den HDE indes davor, in der Corona-Krise Lösungen für die Beschäftigten zu verweigern. „Im Einzelhandel sind die Einkommensverhältnisse so auf Kante genäht, dass die Beschäftigten keine Möglichkeit haben, für schwierige Zeiten zu sparen oder sich Rücklagen zu schaffen. Eine Einkommensreduzierung durch das Kurzarbeitergeld auf 60 bzw. 67 Prozent stürzt hunderttausende Einzelhandelsbeschäftigte in existenzbedrohende Notlagen“, sagte Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

Sich selbst unter den Schirm des Staates zu stellen und seine Beschäftigten im Regen stehen zu lassen, sei kein verantwortungsvoller Umgang mit der Krise, so Nutzenberger. Die Bundesregierung investiere Milliarden, um die wirtschaftlichen Auswirkungen in den Einzelhandels-Unternehmen aufzufangen. Dazu bekämen die Unternehmen bei Kurzarbeit ihre Sozialabgaben zu 100 Prozent ersetzt. „Wer in dieser Situation die Beschäftigten mit 60 Prozent des Gehaltes nach Hause schickt, macht sie massenhaft zu Sozialhilfeempfängern und gefährdet ihre wirtschaftliche Existenz“, erklärte Nutzenberger. Im Einzel- und Versandhandel arbeiten viele Beschäftigte gegen ihren Willen nur in Teilzeit. Nur gut ein Drittel ist tarifgebunden.

Die Gewerkschafterin forderte deshalb zuletzt nachdrücklich Gespräche mit dem HDE über eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent. Leider seien die Bemühungen bisher erfolglos geblieben, in NRW eine tarifvertragliche Lösung als Pilotvereinbarung zu erreichen. Nachhaltige tarifvertragliche Lösungen seien laut Nutzenberger auch im wirtschaftlichen Interesse der Einzelhandelsunternehmen. Mit einer entsprechenden Vereinbarung wolle man auch verhindern, dass Kurzarbeit als Mittel für Personaleinsparungen benutzt wird. Wenn es Unternehmen wirklich schlecht ginge, hätten die Sozialpartner wie bisher die Möglichkeit, Sanierungstarifverträge abzuschließen.

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