Artikel

"Wir wollen jeden Tag ein bisschen weniger wehtun."

Wer in der großen Mitte mitmischt - ohne klare Positionierung - wird es künftig schwer haben. Roger Ulke macht es anders. Er setzt auf die Nische. Ein mutiges Unterfangen in einer Region, in der rund 70 Prozent des Marktes fest in Discounterhand sind. Der Konsum Dresden-Chef über Zukunftskonzepte, Arbeitgeberimage und Nachhaltigkeit.

Herr Ulke, bei Rewe heißt es, die Idealgröße des Supermarktes der Zukunft liege bei 600 Quadratmetern. Bei Edeka sagt man, unter 1500 Quadratmetern mache kaum Sinn. Was sagen Sie?

Ulke: „Wenn man die demografische Entwicklung in Deutschland betrachtet, kommt man zwangsläufig zu dieser Erkenntnis: Der Supermarkt der Zukunft muss vor allem Eines sein – nah an den Kunden. Dann spielt es auch keine Rolle, wie groß ein Markt ist. Solange ein Markt bequem zu erreichen ist, lässt sich auch mit kleinen Flächen sehr gut arbeiten.“

Ihr größter Standort hat rund 1800 Quadratmeter – ihr kleinster Markt hat gerade mal 380 Quadratmeter. Was macht mehr Spaß?

Ulke: „Es ist wie mit allen Immobilien: Die Lage macht´s. Unsere kleinste Fläche fährt Umsätze ein, die andere Vollsortimenter mit 1000 Quadratmetern nicht schaffen.“

Die Deutschen werden immer älter und damit auch die Kunden. Was bedeutet das für die gesamte Branche?

Ulke: „Wir müssen wegkommen von dem Gedanken, dass ältere Menschen bedürftig sind. Altern ist kein Handicap. Ich glaube, das Gegenteil wird der Fall sein. Wir werden es mit äußerst anspruchsvollen, sehr beweglichen, modernen Menschen zu tun haben. Die Best-Ager von heute kennen sich mit dem Internet aus. Sie wissen, wie man an Informationen rankommt. Damit wächst auch ihr Anspruchsdenken an ihre Einkaufsstätte.“

Worum wird es dabei konkret gehen?

Ulke: „Wir Kaufleute werden mehr Informationen und Beratung bieten müssen. Es wird darum gehen, zu erklären, warum ein Wein einen gewissen Preis kostet. Schließlich kann ein Kunde jeden Preis im Internet herausfinden. Der Preis wird damit vergleichbar. Es wird darum gehen, unseren Kunden glaubwürdige Argumente zu liefern und sie mit Leistung zu überzeugen. Wer darüber hinaus seine Sortimentspolitik entsprechend anpasst, wird die Nase vorn haben.“

Wie kann das aussehen?

Ulke: „Nehmen wir Sachsen. Der Anteil von Ein- und Zwei-Personenhaushalten liegt bei rund 70 Prozent. Wir brauchen uns keinen Kopf mehr machen über die Großpackung Fleisch. Wir müssen umdenken und dieser Zielgruppe andere Lösungen anbieten - etwa frisch verpackte Kleinpackungen.“

Sie setzen verstärkt auf Fairtrade-Produkte. Warum?

Ulke: „Das machen wir aus einer inneren Überzeugung heraus. Wir wollen nicht ein kleines bisschen besser sein, sondern ein kleines bisschen weniger wehtun.“

Das klingt nach einem hohen Anspruch…

Ulke: „Ja, aber wir sehen uns auch nicht als Retter der Welt. Wir haben aus unseren Erfahrungen mit Bio gelernt. Damals haben wir noch viele Fehler gemacht. Heute platzieren wir Fairtrade- und Bio-Sortimente nur noch dort, wo sie von der Zielgruppe her funktionieren. In Großstädten wie Dresden und Nürnberg laufen solche Artikel gut.“

Sie verkaufen Premium-Artikel mit Premium-Anspruch. Wie finden Sie geeignete Mitarbeiter?

Ulke: „Das ist tatsächlich ein ständiger Kampf um die Besten. Wir sind in der Region zwar bekannt als solides Unternehmen, doch das reicht auf Dauer nicht aus. Deshalb haben wir massiv in unser Image als Arbeitgeber investiert. Und wir haben vor einigen Jahren angefangen, im mittleren Management BA-Studenten auszubilden.“

Wie schaffen Sie es, um in Sachen Arbeitgeber-Image mit anderen mitzuhalten?

Ulke: „Wir sind vor drei Jahren als Top-Arbeitgeber ausgezeichnet worden. Und wir sind für unsere Ausbildungsarbeit im Jahr 2003 von Ex-Bildungsministerin Frau Bulmahn mit dem „Ausbildungs-Ass“ gewürdigt worden. Ein guter Arbeitgeber ist allerdings nur der, der aus Überzeugung heraus handelt und sich an die Spielregeln hält. Wir zahlen nach Tarif, wir sehen Nachwuchsarbeit als Chance und nicht als Verpflichtung und wir bieten tolle Karrieremöglichkeiten.“

Interview: Linda Schuppan

Das gesamte Interview lesen Sie in der Februar-Ausgabe der RUNDSCHAU für den Lebensmittelhandel.

Artikel teilen

Gut informiert durch die Krise