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Nestlé forscht zum Ernährungsstress

Gibt es beim deutschen Konsumenten eine Sehnsucht nach Unbeschwertheit beim Essen? Die Nestlé-Ernährungsstudie 2024 sieht das Spannungsfeld zwischen Verzicht und Genuss und Marken in der Verantwortung.

Von Martina Kausch | Fotos: Nestlé/ Adobe Stock

Das Thema Ernährung setzt die Menschen in Deutschland unter Druck, ergibt die neue Nestlé Studie „So is(s)t Deutschland 2024“. Das Marktforschungsinstitut Rheingold hat dazu psychologische Gruppen- und Tiefeninterviews geführt sowie eine repräsentative Auswahl von 2.040 Bundesbürger:innen zwischen 16 und 84 Jahren online befragt. Das Ergebnis zum Thema Essen: Die Ansprüche an sich selbst steigen, und damit auch die Unzufriedenheit.. Vier Lösungswege können helfen, das Dilemma aufzulösen. An Hersteller und Marken gibt es dabei klare Erwartungen, heisst es aus dem Haus Nestlé.

Von Kriegen über Klimawandel bis Inflation – die Krisen unserer Zeit beeinflussen die Essgewohnheiten der Menschen in Deutschland. Das Verhältnis zum Thema Ernährung ist deutlich angespannter geworden, heißt es in der Studie. Ernährung dient längst nicht mehr nur der Nahrungsaufnahme, sondern ist zum Gegenstand vieler Erwartungen, Glaubenssätze und Überzeugungen geworden. Die Menschen wollen den Idealen von Gesundheitsoptimierung und Mäßigung gerecht werden und moralischen Anforderungen hinsichtlich Tierwohl oder Klimaschutz genügen, wie die Studie zeigt. So geben 53 Prozent aller Befragten an, sich viel mit der eigenen Ernährung zu beschäftigen, verglichen mit 37 Prozent im Jahr 2018.

Mehr Druck, mehr Frust
Aus einem krisenbedingten Rückzug ins Private resultiert der verstärkte Fokus auf die eigene Ernährung. Der geht mit einem steigenden Level an Frust einher: Mit mindestens einem Aspekt der eigenen Ernährung sind 89 Prozent der Befragten unzufrieden, in der jüngeren Altersgruppe der 16- bis 27-jährigen (Generation Z) sogar 96 Prozent. 72 Prozent aller Befragten geben an, dass sie sich gesünder ernähren sollten, verglichen mit 54 Prozent im Jahr 2018. Und nur noch die Hälfte der Befragten ist zufrieden oder sehr zufrieden mit dem eigenen Gewicht, 2018 waren es noch 63 Prozent. Damit verbunden ist bei fast jedem Dritten der Generation Z das Gefühl, sich für die eigene Ernährung schämen zu müssen.

Strategien für mehr Unbeschwertheit
Um wieder mehr Unbeschwertheit in die tägliche Ernährung zu bringen, setzen die Menschen in Deutschland auf vier Wege, wie die Studie ergibt:


• Die neue Mäßigung, um sich an die gestiegenen Erfordernisse unserer Zeit anzupassen. So planen etwa
70 Prozent der Befragten den Lebensmittel-Einkauf im Voraus (2018: 53 Prozent), 44 Prozent achten
beim Einkauf auf Produkte mit möglichst wenig Verpackungen (Zero-Waste-Gedanke) und der Verzicht
auf Fleisch wird relevanter.


• Der neue Pragmatismus: Die Menschen fühlen sich durch Sparzwänge und einen zunehmend
stressigen und belasteten Alltag dazu berechtigt, ihre Ernährung pragmatisch anzugehen und vom
ideellen Ballast zu befreien. So kochen 47 Prozent der Menschen in Deutschland nach eigener Aussage
lieber einfache Gerichte (2018: 31 Prozent). Insbesondere die jüngere Gen Z nutzt verstärkt
Lieferdienste (fast jeder Fünfte zwei bis drei Mal pro Monat) und insgesamt ist das Essen in Gemeinschaft
wichtiger als globale Nachhaltigkeitsansprüche und Ideale.


• Der verdeckte Genuss im Nebenbei, also beiläufiges Dauer-Snacking, unterläuft das bewusste Radar und lässt so Gefühle von Schuld und Scham gar nicht erst aufkommen. Beim Nebenbei-Konsum sind die Ansprüche der Verbraucher:innen an sich selbst viel geringer als bei konventionellen Mahlzeiten. Ernährung dient hier der seelischen Stoßdämpfung und gerade bei der Gen Z ist die Sehnsucht erkennbar, auch einmal regressiv im Bett zu essen und sich gleichzeitig nebenbei medial zu befüllen (50
Prozent snacken regelmäßig vor dem Bildschirm).


• Der Retro-Trend, bei dem sich die Menschen zurück nach einer heilen und auch deftigeren Genusswelt sehnen und eine Widerstandshaltung gegenüber neuen Ernährungstrends einnehmen. So stimmen 28 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass sie gerne Fleisch essen und den Konsum auch in Zukunft nicht reduzieren werden.

Marken und Politik sollen zu Entlastung beitragen
36 Prozent der Befragten erwarten von der Politik, regulatorische Verantwortung zu übernehmen, wenn es um Ernährung und weitere Herausforderungen wie Tierwohl, Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Verpackungen geht. Was konkrete Maßnahmen angeht, wünschen sich 84 Prozent der Befragten eine Senkung der Mehrwertsteuer für gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse, 71 Prozent wollen eine Verpflichtung zum Angebot von gesundem Essen in Schulen oder Betriebskantinen und 64 Prozent erwarten eine Verpflichtung der Hersteller zum Schutz von Menschenrechten in ihrer Lieferkette. Noch mehr als die Politik sehen die Menschen die großen Marken und Hersteller in der Pflicht. So gaben 46 Prozent der Befragten an, die Hersteller müssen mehr tun und Verantwortung übernehmen bei Themen von Tierwohl über Klimaschutz bis hin zu Verpackungsmüll. 

 

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