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The Family Butchers-Chef Hans-Ewald Reinert: Der Metzger mit Aktenkoffer

Mit der Fusion zu The Family Butchers hat Hans-Ewald Reinert erneut seine langfristige Orientierung unter Beweis gestellt. Auch in Krisenzeiten bleibt der Holding-Geschäftsführer neugierig und will seine Branche mitgestalten.

Von Mirko Jeschke | Fotos: Reinhard Rosendahl

Erst die Afrikanische Schweinepest, dann Brexit und jetzt die Coronakrise – und nebenbei noch der Zusammenschluss seiner Firma mit Kemper zu The Family Butchers (TFB): Hans-Ewald Reinert hatte in den letzten zwei Jahren einiges zu stemmen. Doch große Herausforderungen sind für den gebürtigen Rheinländer eher Ansporn: „Wir haben viele Erfahrungen in der Krise gesammelt und sind daran gewachsen, sowohl menschlich als auch in Sachen Unternehmenskultur“, so der Chef von Deutschlands zweitgrößtem Fleischverarbeiter.

Bereits in seiner Jugend, noch vor seinem Abitur und der Ausbildung zum Fleischergesellen, hat Reinert erste Erfahrungen im elterlichen Betrieb gesammelt. „Mit 15 Jahren habe ich mit dem Meister meines Vaters Schweine zerlegt, um etwas Praxis zu bekommen“, erzählt der TFB-Holdinggeschäftsführer und studierte Betriebswirt.

Branche im Wandel

Kräftig anpacken musste Reinert auch infolge der Pandemie. Sie zwang TFB dazu, viele Prozesse anzupassen: „Wir haben bis dato weit über 50.000 PCR-Tests gemacht und hatten nie einen Hotspot.“ Trotz des großen organisatorischen Aufwands bleibt der 57-Jährige gelassen: „Man muss sich als Führungskraft gegenüber seiner Belegschaft immer wieder positiv aufstellen – ohne sich dabei künstlich zu verstellen.“

Ungebrochener Gestaltungswille

Sein Unternehmen, an dem er wie Co-Holdinggeschäftsführer Dr. Wolfgang Kühnl 50 Prozent der Anteile hält, beschäftigt aktuell 2.400 Mitarbeiter an acht Standorten. Im Zuge der Fusion sind drei Standorte und rund 200 Stellen weggefallen. Laut Reinert habe TFB mit 733 Millionen Euro Umsatz nun die Größe, um Dinge auszuprobieren. Die Zeichen für qualitatives Wachstum stünden gut, wobei Volumenwachstum hierzulande künftig nur über Konsolidierung zu machen sei. Im Ausland sieht es anders aus: „In Rumänien wollen wir unsere Produktionskapazitäten für den dortigen Markt verdoppeln.“

Auch wenn die frisch fusionierte TFB pandemiebedingt nach wie vor Krisenmanagement betreiben muss, ist der Anspruch von Hans-Ewald Reinert mit Blick auf die Ziele für das eigene Unternehmen unverändert hoch: „Wir wollen in der Branche Gestaltungskraft zeigen.“ Sicher ist für ihn auch: „Fleischprodukte müssen und werden künftig eine höhere Wertschätzung erfahren.“

Sein jüngster Beitrag dazu ist das zuletzt weiterentwickelte Konzept „Herzens-Sache 2.0“ mit 100 Prozent antibiotikafreier Aufzucht, einer tierwohlgerechteren Offenstallhaltung sowie der Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern aus der Region.

Freiräume geschaffen

Durch die Etablierung eines fünfköpfigen operativen Managements hat sich der passionierte Taucher und Tennisspieler die notwendigen Freiräume für strategische Aufgaben geschaffen. Allen voran die zunehmende Individualisierung in der Produktion und Nachhaltigkeitsaspekte. Seinen Mitarbeitern wird der Familienunternehmer jedenfalls auch in Zukunft einiges abverlangen, zumal er aus eigener Erfahrung weiß: „Nicht jede Veränderung fühlt sich gleich von Anfang an gut an.“ Gleichwohl gibt er ihnen stets mit auf den Weg: „Seid neugierig und habt Spaß!“

Zur Person

Hans-Ewald Reinert war von 2001 bis 2019 Vorsitzender der Geschäftsführung der Privat-Fleischerei Reinert und ist seit 2020 geschäftsführender Gesellschafter von TFB.

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