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Die Executives von 2030 - Wie sie ticken, wie sie arbeiten werden

Die Führungskräfte der Zukunft werden in abgeflachten Hierarchien arbeiten, dezentral organisiert, vom Strand aus, in Cafés, im Wald – manche vielleicht auch noch in Büros. Und nur dann, wenn sie in der Arbeit einen Sinn sehen. Wenn nicht, sind sie ganz schnell woanders. Das sind Erkenntnisse der Studie „Executives 2030“.

Von Johanna Wies | Fotos: Hager Unternehmensberatung

Der Wunsch zu wissen, was die Zukunft bringt, war vielleicht noch nie so groß wie im Jahr 2021. Um als Unternehmen in Zukunft erfolgreich zu sein, braucht es die richtigen Talente und Executives, also Führungskräfte. Was macht sie aus? Wie werden sie arbeiten? Um das zu beantworten hat die Hager Unternehmensberatung bei dem Zukunfts-Institut Thinktank 2bAHEAD eine Groß-Studie beauftragt. Hierfür wurden unter anderem Interviews mit den Entscheiderinnen und Entscheidern von zahlreichen Konzernen geführt, wie  Microsoft, adidas oder Swisscom.

 

Welche Fähigkeiten haben die Executives der Zukunft?  

Die Balance halten. Mutig springen, wenn es nötig ist. Der eigenen Kraft vertrauen. Das sind Fähigkeiten der Führungskräfte der Zukunft, sprich der „Executives 2030“. Chef-Gehabe? Dominanz-Verhalten? Die Zeiten sind vorbei. Die Entscheiderinnen und Entscheider von übermorgen werden menschlich und nahbar sein, angetrieben von einem starken, moralischen Kompass. Mehr noch: Sie werden den Einsatz von künstlicher Intelligenz wie selbstverständlich beherrschen, Entscheidungen auf Basis von Daten anstatt aufgrund von Bauchgefühl treffen.

Alter, Nationalität, Geschlecht? Nebensache! „Mir ist egal, wie alt eine Person ist oder welche geschlechtliche Ausrichtung sie hat oder von welchem Land aus dieser Mensch arbeitet. Vielleicht wird in Zukunft ja jemand mit mir hervorragend zusammenarbeiten und 200 Jahre alt sein – oder zwölf“, sagt Iris Zhou, Head of Global Talent Acquisition beim Pharmakonzern Sanofi.

Mobil, virtuell, agil? Soft Skills sind dafür entscheidend, Likeability und Loyalität, kritisches Denkvermögen und Hands-on-Skills, Datenkompetenz und die Fähigkeit, mehrdeutige Faktenlagen auszuhalten und zu managen. Die Executives von 2030 sind in alle Richtungen lernoffen, branchenübergreifend sowieso, aber auch gegenüber dem, was sie sich selbst an Wissen draufgepackt haben: jederzeit bereit für eine Neuausrichtung des eigenen Wissens. Und: Sie werden ihren Arbeitgeber auswählen können und sich im Unternehmen wohlfühlen. Sonst nämlich sind sie im Kandidaten-getriebenen, vom demografischen Wandel und vom Fachkräftemangel ausgedünnten Arbeitnehmermarkt von 2030 vor allem eins: sehr schnell woanders.

Und was bedeutet das für den Nachwuchs im LEH?

Martin Krill, geschäftsführender Gesellschafter der auf Executive Search spezialisierten Hager Unternehmensberatung: „Nachwuchskräfte im Lebensmittelhandel – sowie allen anderen Branchen auch – sollten offen bleiben für Neues, keine Angst vor Rückschlägen haben, eine gesunde Neugierde leben und eine gewisse Technik-Affinität mitbringen." Laut Krill sind es auf den Punkt gebracht folgende sechs Skills, die die Nachwuchskräfte benötigen, um erfolgreich zu den Executives 2030 zu gehören:

  1. Diversität: Gemischte Teams führen können
  2. Likeability: Umgänglich und freundlich sein
  3. Kritisches Denkvermögen: Komplexe Zusammenhänge beurteilen können
  4. Künstliche Intelligenz: Selbstlernende Computersysteme nutzen
  5. Offen bleiben: Mehrdeutige Faktenlage aushalten
  6. Begeistern: Teams durch die eigene Haltung mitziehen

Wie werden die Executives der Zukunft arbeiten?   

Alter, Nationalität, Geschlecht? Nebensache. Flache Hierarchien, kaum noch Präsenzpflicht: In der Arbeitswelt von morgen finden wir Anführer von diversen, globalen, dezentral arbeitenden Teams. Sie arbeiten von überall aus: vom Strand, in Cafés, im Wald, oder manche auch noch im Büro. Arbeit wird daran gemessen werden, ob sie Sinn ergibt – und dieser Sinn wird als Antrieb fürs ganze Team funktionieren. Ein Ausdruck neuer Freiheit, suchen, worauf man wirklich Lust hat, aber auch von neuer Bestimmung, dass das, was man tut, tatsächlich als sinnvoll und bedeutsam erfahren wird.

Executives werden weit über das hinaus, was sie an Wissen und Erfahrung mitbringen, zum Unternehmen passen. Ihr Stil gibt dem Unternehmen Kontur und dem Team eine Identität. Zudem werden sich immer mehr von ihnen digital assistieren lassen. Bots werden zu Karrieremanagern – vielleicht können uns die digitalen Assistenten bald besser einschätzen als wir uns selbst. All diese Daten werden Führungskräfte nutzen, um ihre Jobmöglichkeiten zu optimieren. Im Tausch gegen einen klaren Mehrwert geben sie auch persönliche Daten für Analysesysteme oder Arbeitgeber frei. 

Mit dem Besten aus beiden Welten: Interview mit Martin Krill, geschäftsführender Gesellschafter, Hager Unternehmensberatung

 

Wie sieht die Führungskraft 2030 aus?

Führungskräfte 2030 werden digital denken. Ein Problem zu verstehen, heißt dann, es auch so formulieren zu können, dass Künstliche Intelligenz etwas damit anfangen kann. Führung in einer „Human Machine World“ bedeutet, human-digitale Teams zu führen – mit dem Besten aus beiden Welten. Entscheider werden sich immer mehr auch digital assistieren lassen. Fakt ist: Die Führungskraft 2030 wird sich laufend neue Fähigkeiten aneignen, empathisch, gleichzeitig kritisch sowie offen für Veränderung sein.

Was ist die für Sie überraschendste Erkenntnis aus der Studie?

Im Rahmen unserer Studie hat sich stark herauskristallisiert: Das Arbeiten wird zukünftig nicht mehr primär zum reinen Broterwerb dienen. Vielmehr werden die Executives der Zukunft nach dem Purpose, sprich dem Sinn in ihrer Arbeit suchen. Hier müssen Unternehmen mit einer besonderen Firmenkultur werben, um die gesuchten Schlüsselfunktionen auch entsprechend besetzen zu können, als auch eine allzu kurzfristige Abwanderung von Mitarbeitenden zu vermeiden.

Wie setzen Unternehmen bereits jetzt die gewonnenen Erkenntnisse um?

Eine neue Generation disruptiver Technologien beschleunigt derzeit die digitale Transformation der Arbeitswelt und beeinflusst traditionelle Arbeitsweisen. Viele große Konzerne, wie Microsoft, Siemens oder Deutsche Telekom, haben ihre Wertesysteme entsprechend angepasst. Es geht nicht mehr nur darum, komplexe Probleme zu verstehen und zu lösen, sondern um technisches Verständnis, Motivation und Führung aus der Distanz handeln zu können sowie einen starken moralischen Kompass zu haben.

Sie sehen, der Markt ist im Umbruch, er verändert die Welt und das in immer kürzerer Taktung. Strategisch arbeitende Unternehmen bereiten sich daher schon jetzt auf die Szenarien vor, die sich bereits heute für das Jahr 2030 abzeichnen. 

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