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Schlag gegen Süßwarenindustrie: 60 Millionen Euro wegen Preisabsprachen

Das Bundeskartellamt hat die Bußgeldverfahren gegen Markenhersteller von Süßwaren abgeschlossen. Gegen insgesamt elf Unternehmen sowie deren verantwortliche Vertriebsmitarbeiter wurden Bußgelder in Höhe von rund 60 Millionen Euro wegen verschiedener Kartellverstöße verhängt.

Eingeleitet worden waren die Verfahren nach einem Kronzeugenantrag der Mars GmbH, gegen die in Anwendung der Bonusregelung des Bundeskartellamtes keine Geldbuße verhängt wurde. Nachdem das Bundeskartellamt im Februar 2008 branchenweit Durchsuchungen durchgeführt hatte, folgten Bonusanträge weiterer Unternehmen. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Im Jahr 2007 waren die Preise wichtiger  Rohstoffe für die Schokoladenherstellung, wie Milch und Kakao, deutlich angestiegen. Einzelne Unternehmen wollten offensichtlich auf Nummer sicher gehen, dass sie ihre gestiegenen Kosten einfach an die Verbraucher durchreichen können. Statt einer unternehmerischen Lösung entschied man sich in dieser Situation für ein illegales Vorgehen. Der Wettbewerb mit der Konkurrenz wurde kurzerhand ausgeschaltet und die Kunden mit abgesprochenen Preissteigerungen belastet.“

Preisabsprachen bei Tafelschokolade (Bußgeld in Höhe von rund 21,7 Millionen Euro)

Je ein Verantwortlicher von Kraft Foods Deutschland sowie von Alfred Ritter haben sich in mehreren Telefonaten zwischen März  und September 2007 gegenseitig über die jeweils beabsichtigte Preiserhöhung für Tafelschokoladen informiert. Die Herstellerabgabe-Preise für die 100g-Tafeln wurden Anfang 2008 um 15-25 Prozent angehoben, die von den Herstellern empfohlenen Endverbraucherpreise um 10-15 Cent. Nachweisbar war dieser Sachverhalt nur durch einen Kronzeugenantrag von Ritter, so dass dem Unternehmen insoweit in Anwendung der Bonusregelung des Bundeskartellamtes eine Geldbuße erlassen wurde.

Gesprächskreis „Vierer-Runde“, Preisabsprachen und Informationsaustausch (Bußgeld in Höhe von rund 19,5 Millionen Euro)

Hochrangige Mitarbeiter der Unternehmen Alfred Ritter, der Mars und der Nestlé Kaffee und Schokoladen stimmten sich im Laufe des Jahres 2007 im Rahmen eines regelmäßig tagenden Gesprächskreises über Preiserhöhungen für Schokoladenprodukte ab. Mars und Nestlé zählen zu den führenden Anbietern von Schokoriegeln und Schoko-Bites. Die Preiserhöhungen für diese Produkte betrugen Anfang 2008 durchschnittlich etwa 10 Prozent und wurden teilweise auch über eine Verringerung des Verpackungsinhalts („Downsizing“) umgesetzt.

Darüber hinaus wurden bei den Treffen seit Frühjahr 2006 bis zur Durchsuchung des Bundeskartellamtes im Februar 2008 Informationen über den Stand und den Verlauf der jeweiligen Verhandlungen mit verschiedenen großen Einzelhändlern ausgetauscht. An diesem Informationsaustausch beteiligte sich auch ein Vertriebsmitarbeiter von Haribo, gegen die deshalb bereits im Sommer 2012 ein Bußgeld erlassen wurde. Die Unternehmen informierten sich über die Rabattforderungen des Einzelhandels gegenüber den anderen Süßwarenherstellern sowie deren Reaktionen auf diese Forderungen. Auf diese Weise konnte die eigene Strategie in den Verhandlungen beeinflusst werden.

Informationsaustausch im Arbeitskreis Konditionenvereinigung (Bußgeld in Höhe von rund 19,6 Millionen Euro)

Auch im Rahmen von Sitzungen eines Arbeitskreises der Konditionenvereinigung der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI)  wurden zumindest seit 2004 und bis Anfang 2008 Informationen über den Stand der Verhandlungen mit den Abnehmern aus dem Lebensmitteleinzelhandel sowie teilweise auch über beabsichtigte Erhöhungen der Listenpreise ausgetauscht. Beteiligt waren hier neben Mars und Ritter die mittelständischen Süßwarenhersteller Bahlsen, Griesson de Beukelaer, Storck, Katjes Fassin, CFP Brands, Feodora Chocolade, Piasten und Zentis.

Bei der Bußgeldfestsetzung wurde berücksichtigt, dass die Unternehmen Ritter, Nestlé, Kraft und Katjes bei der Aufklärung der jeweiligen Sachverhalte mit dem Bundeskartellamt kooperiert haben. Die Mehrheit der Verfahren konnte im Wege der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung (Settlement) abgeschlossen werden. Die Bußgeldbescheide gegen die Unternehmen Haribo, Katjes, Kraft, Piasten, Storck und Zentis sind bereits rechtskräftig. Gegen die übrigen Bescheide kann noch Einspruch eingelegt werden, über den das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheidet.

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