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10 Fragen an Dr. Uwe Lebens

Interview mit Genuport-Vorstand Dr. Uwe Lebens. Der Brancheninsider gibt seine Einschätzungen zur fortschreitenden Nationalisierung in vielen europäischen Ländern, was er vom neuen US-Präsidenten Donald Trump erwartet, wie wichtig Amazon für Genuport werden kann und wie er zu Themen wie der Besetzung neuer Stellen in Zeiten des Demographischen Wandels oder zu Erneuerbaren Energien und Elektromobilität steht.

Dr. Uwe Lebens
Dr. Uwe Lebens, Genuport
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Von Sven Krause

Mit welchen Erwartungen gehen Sie ins Jahr 2017? 
Interessante neue Produkte in hoher Qualität werden es immer wieder schaffen neue Impulse zu setzen. Darauf freue ich mich auch in 2017. Besonders internationale Marken haben es in der Vergangenheit geschafft, den einheimischen Handel zu beleben und anzutreiben. Dass der Erfolg dieser Artikel auf ganze Kategorien einen belebenden Einfluss haben kann, zeigen zum Beispiel die Innovationen von Schweizer Marken wie Kambly oder Ovomaltine – mit hoher Qualität und interessanten Produkten ziehen diese nicht nur Konsumenten an, sondern schaffen es, das Segment positiv zu positionieren.

Welche Rolle spielt für Sie die ISM und mit welchen neuen Impulsen wollen/werden Sie die diesjährige Messe verlassen und wieder ins Tagesgeschäft gehen?
Für uns als Unternehmen in der Süßwarenbranche ist die ISM Spiegel und Gradmesser zugleich. Meine Neugierde und mein Interesse sind im Vorwege auch nach all den Jahren noch immer groß, schließlich werden in Köln Neuigkeiten vorgestellt, die das Messepublikum vor Ort begeistern und lange im Kopf bleiben – wie zum Beispiel die Lollis mit Insekten oder die Fruchtgummis aus dem 3D-Drucker, die im vergangenen Jahr für Furore gesorgt haben. Darüber hinaus gibt es dann aber auch die „echten“ Innovationen, die nicht nur die Fachpresse, sondern vor allem auch die Verbraucher nachhaltig begeistern und echte Impulse für die Branche liefern, wie zum Beispiel glutenfreie Snacks aus Gemüse. Noch vor wenigen Jahren leistete man auf diesem Gebiet so etwas wie Pionierarbeit. Heute gibt es eine enorme Vielfalt in diesem Bereich, der Markt ist lebendiger denn je. Tyrrells als britische Premiummarke, die eigentlich im klassischen Kartoffelchips-Markt zu Hause war, konnte sich mit immer neuen Sorten und Verpackungsgrößen etablieren und so ganzjährig mit seinen Gemüsechips für eine starke Impulskraft im Snackregal sorgen.


Plant Genuport eine Erweiterung seiner Produktpalette oder geht es aktuell eher um eine Optimierung der bereits bestehenden Vertriebs- und Angebotsfelder? 
In den vergangenen Jahren haben wir es geschafft, in den relevanten Marktsegmenten unsere Position als Distributeur weiter zu festigen und am Markt mit einer Vielfalt an Produkten eine gute Präsenz zu zeigen. Und das übrigens auf mehr als 20.000 m visueller Regalpräsenz, was wir direkt auf unsere Kompetenzen im Vertrieb aber natürlich auch auf eine solide Administration zurückführen können. Unser kurzfristiges Ziel ist es, unser Netzwerk auch weiteren FMCG-Bereichen anzubieten und so unser Sortiment zu erweitern, aber den Handel mit gewohnter Expertise zu unterstützen. 2017 haben wir zum Beispiel die italienische Marke Valsoia aufgenommen, die mit veganem Eis und Tiefkühlprodukten wie veganer Lasagne die gegenwärtigen Verbrauchertrends bedient. Zudem gehören die Dosenprodukte von Del Monte seit vergangenem Jahr zu unserem Sortiment – womit wir uns ebenfalls schon in ein anderes Segment begeben haben. 

Politisch stehen vor allem in den östlichen EU-Ländern die Zeichen deutlich auf Nationalisierung. Wie beeinflusst diese Entwicklung die Arbeit von Genuport? 
Wir leben in einer Zeit der Umbrüche und ständigen Veränderungen. Allerdings muss ich Ihnen sagen, dass wir als Unternehmen, das operativ ökonomisch handelt, davon (noch) kaum Auswirkungen spüren. 

Und Trump? Welche Erwartungen, Befürchtungen oder Hoffnungen setzen Sie in seine Präsidentschaft? 
Donald Trump war in erster Linie lange Geschäftsmann und kennt sich daher auch im Verhandeln bestens aus. Mit dieser Expertise und den Erfahrungen wird er das System wahrscheinlich einmal gut durchrütteln – es bleibt abzuwarten, was dies für Konsequenzen für uns alle, insbesondere in Europa hat. 

Auch in Deutschland steht in diesem Herbst wieder eine Bundestagswahl an. Auch hier – welche Erwartungen, Befürchtungen oder auch Hoffnungen haben Sie an die zukünftige Regierung? 
Zu unserem Tagesgeschäft gehört es, immer nah an den Wünschen des Verbrauchers zu bleiben. Nur Unternehmen, die verstehen, was die Menschen aktuell bewegt, was ihr Leben erleichtert, werden erfolgreich sein. Ähnlich sehe ich es eigentlich auch in der Politik: Auch hier ist es wichtig, zuzuhören, zu hinterfragen und gemeinsame Lösungen für unterschiedliche Interessen zu finden. Darin sehe ich eine der großen Herausforderungen. Sowohl für Deutschland als auch für die europäischen Fragen. Für unseren Bereich der FMCGs befinden wir uns weiterhin auf einem hohen Sättigungsniveau. Grundlegende Veränderungen werden dabei vor allem in Nischen stattfinden bzw. den Konzentrationsprozess weiter vorantreiben.

Digitalisierung, Social Networking, InternetShopping – wie stellt sich Genuport in diesen Bereichen auf und welche zukünftigen Projekt stehen in den Startlöchern? 
Im Vordergrund dieser Entwicklung stehen verschiedene Transformationsprozesse, die man verstehen muss. Der Konsument wird vielleicht nicht mehr konsumieren als vorher, er wird jedoch andere Vertriebswege in Anspruch nehmen oder sich in digitalen Foren bzw. den sozialen Netzwerken informieren, bevor er seine Kaufentscheidung trifft. Der vertriebliche Mikrokosmos muss diese zusätzlichen Konsumneigungen antizipieren und abdecken, um auch zukünftig erfolgreich zu sein. Wir bei Genuport haben unsere internen Prozesse schon zu etwa 95% digitalisiert, sind aktuell mitten im Transformationsprozess im B2B-Bereich. Im B2C-Bereich gehen wir ebenfalls in den Bereichen, in denen es uns sinnvoll erscheint, stärker auf die zunehmende Digitalisierung ein. Zum Beispiel werden wir mit einem neu geformten Vertrieb verstärkt Internetshops, Amazon und ähnliche Anbieter ansprechen. Unsere Marketingkampagnen richten wir zunehmend digitaler aus, wie beispielsweise mit Influencer Kooperationen. Die Ergebnisse zeigen bereits, dass diese Verlängerung ins Digitale den stationären Handel und damit auch den Abverkauf unterstützt. 

Inwieweit spielt die immer stärker fortschreitende Personalisierung für Genuport eine Rolle und sehen Sie in Ihr eine Chance oder ein Problemfeld? 
Dieser Trend wird durch den Einsatz neuer Technologien besonders im B2C-Bereich sicher weiter wachsen. Der grundsätzliche Konsumentenwunsch nach einem bestimmten Produkt bleibt dabei zunächst bestehen, der Wunsch nach Individualisierung kommt noch on Top. So wird beispielsweise die volkswirtschaftliche Produktionsleistung durch den Aufdruck auf eine Torte wie „Für Dich, mein Schatz!“ durch Technologieeinsatz wie durch einen 3D-Drucker leicht erhöht. Was sich ändern könnte und als Bedrohung aufgefasst wird, könnte der Anbieter dieser Torte sein. Wenn ein Anbieter es versäumt, sich den Möglichkeiten dieser Individualisierung zu stellen, dann scheitert er auf dem Markt, die Nachfrage wird dann vom Wettbewerb bedient. Dabei würde das Produktionsvolumen dennoch konstant bleiben. Für uns als Unternehmen kann dieser Prozess vor allem helfen, mehr über den Konsumenten zu erfahren – welche Dinge treiben ihn um, welche Geschmacksrichtungen gehören zu seinen Favoriten, welche Anlässe sind ihm in seinem Leben besonders wichtig. Diese Kenntnisse helfen uns dann natürlich auch weiter, die Ansprache noch persönlicher auszurichten und besser zu verstehen. 

Stichwort Demographischer Wandel. Inwieweit muss und wird sich Genuport a) bei der Suche, der Qualifizierung und der Pflege seiner Mitarbeiter damit auseinandersetzen und welche Lösungen hat das Unternehmen bereits gefunden und b) inwieweit verändert dieser Wandel auch das Geschäftsfeld von Genuport? 
Wir merken den Einfluss der „atypischen Bevölkerungspyramide“ und des Auseinanderdriften der Ausbildungsqualität auch bei Genuport. So erhalten wir beispielsweise auf eine ausgeschriebene Stelle im Vertrieb zwischen 30-50 Bewerbungen, qualifiziert besetzen können wir aber nur jede zweite Stelle. Ein Widerspruch. Aktuell fehlt es aber vor allem an gut ausgebildetem Nachwuchs, was wir als große Herausforderung wahrnehmen. Ich nehme verstärkt große Unterschiede in der Selbstwahrnehmung und dem Realitätsbewusstsein nachrückender Generation wahr. Oder muss man sich fragen, ob der Anspruch der jetzigen Führungskräfte unverhältnismäßig hoch oder falsch gelagert ist? Entscheidend ist, dass die etablierte Führungsriege und die nachrückende Generation stärker in den Dialog gehen. Hier ist noch viel Potential. 

Stichwort erneuerbare Energien und Elektromobilität. Welche Rolle spielen diese beiden zukunftsweisenden Themen bereits bei Genuport? 
Erneuerbare Energien und der verantwortungsbewusste Umgang mit Ressourcen sind unsere Zukunft. Wie wir uns heute verhalten, hat direkten Einfluss darauf, wie es uns morgen auf diesem Planeten geht. Leider sind die politischen Voraussetzungen häufig noch nicht gegeben, so dass fossile Brennstoffe noch immer zur hauptsächlich genutzten Energiequelle gehören – hier würde ich mir mehr Verantwortung von Politik und Energiewirtschaft wünschen. Bei Genuport leisten wir unseren Beitrag operativ, in dem wir bei unseren Verbrauchsgütern und unseren PKWs besonders auf effiziente Energieklassen achten. Aktuell sind im Außendienst leider noch keine Elektrofahrzeuge im Einsatz, wir planen jedoch mittelfristig innerhalb der kommenden fünf Jahre, unseren Fuhrpark komplett auf E-Mobilität umzustellen.


Dr. Uwe Lebens

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