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Die Öko-Zukunft fest im Blick

Eine erfolgreiche und ausgezeichnete Unternehmerin zu sein, ist Barbara Scheitz zu wenig. Viel mehr treibt sie die Frage nach einer praxisnahen Bioökonomie um: Treffen mit einer Nachhaltigkeitsstrategin.

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Von Martina Kausch | Fotos: Axel Griesch

Sie heißt Anette, hat einen dunklen Kopf mit blondem Haarschopf, ist drei Jahre alt, liebt ihren Salzstein – und wer eine Patenschaft für die hübsche Kuh Anette übernimmt, ist für Barbara Scheitz als Informationsquelle „unermesslich wertvoll“.

„Wir bekommen über unsere Kuhpaten viele Informationen darüber, was unsere Kunden wünschen, welche Fragen den Verbraucher antreiben – und das ist die wichtigste Frage!“ Auf ebenso außergewöhnliche wie sinnvolle Weise hat Scheitz über mittlerweile 1.500 Kuhpatenschaften einen Zugang zum Kunden geschaffen.

Durch die Kuh zum Konsumenten

Diese Arbeitsweise scheint charakteristisch für die Geschäftsführerin der Andechser Molkerei Scheitz. Klar, bedacht, strategisch, manchmal ein bisschen unkonventionell, aber mit unverstelltem Blick auf das Ziel: „ein 110 Jahre altes Familienunternehmen zusammen mit Partnern erfolgreich am Markt platzieren, ein Wertesystem etablieren und somit eine Vertrauensbasis für den Verbraucher schaffen, die Orientierung bietet.“

Natürlich verbindet man heute mit der Molkerei den Namen Barbara Scheitz: eine mit der bayerischen Verfassungsmedaille ausgezeichnete 52-jährige Vorzeigeunternehmerin, die von begrünten Dächern auf Bayerns „heiligen Berg“ Andechs blickt und privat mit Mann und zwei Kindern in einem Holzhaus lebt. Sie selbst bewegen andere, größere Fragen. Wie gelingt praxisnahe Bioökonomie? Wie verbindet man Digitalisierung mit gesellschaft licher Verantwortung? Wie geht es den Vögeln, der Natur? Ihre aktuelle Lektüre: „Leitmotiv vernetztes Denken“ von Frederic Vester.

Als wichtiges Vorbild sieht Scheitz bis heute ihren Vater. Geprägt hat sie seine Naturverbundenheit, seine Authentizität, aber auch seine Ideenstärke. „Er war innovativ, hat bereits 1980 als Erster ökologisch erzeugte Milch verarbeitet und schon ab 1994 ein Ziegenmilchsortiment aufgebaut für Verbraucher mit Kuhmilchunverträglichkeiten.“ Heute verarbeitet die Andechser Molkerei Ziegenmilch von rund 14.500 Ziegen, sogar Ziegenbutter ist im Sortiment.

Herzensanliegen Bioökonomie

Die Molkereifachfrau und Betriebswirtin Barbara Scheitz wirkt und formuliert im Gespräch sachlich. Ihre Wortwahl verändert sich, wenn es um Themen wie Bioökonomie und Ökolandbau geht – ihre Herzensanliegen. „Das Thema hatte viel Kraft “, sagt sie rückblickend über den Entscheidungsweg, in der Molkerei nur noch gentechnikfreie Bioland-Milch zu verarbeiten. Aber auch: „Wir spürten sehr viele Widerstände.“ Seit 2005 ist die Andechser Molkerei ein vollständig gentechnikfreier Biomilchbetrieb.

Modernste Technik im Mosaikhaus

Scheitz prägt das Unternehmen. Für den Neubau des Verwaltungsgebäudes inklusive modernem Hochregallager (Ein-/Auslagerleistung: 96 Paletten pro Stunde, 3.888 Palettenstellplätze) wählte sie ein Architekturbüro, dessen Inhaber in Plochingen mit Friedensreich Hundertwasser zusammen gebaut hat. Wenn man nun in der Biomilchstraße 1 in Andechs vorfährt, steht man vor einer sehr individuell mosaikstrukturierten Fassade in Rosa mit wellenbogigem Dachgesims. Assoziation Kuheuter? Aufschrei der Nachbarn? Scheitz ist auch diplomatisch. „Die begrünten Dächer speichern Regenwasser, und das Gebäude soll auch ein Beispiel dafür sein, wie wir in Zukunft bauen können.“

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