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Europäische Kommission will obligatorisches Nährwertkennzeichen

Die Europäische Kommission will eine harmonisierte, verpflichtende Nährwertkennzeichnung auf der Verpackungsvorderseite vorschlagen. In der Lebensmittelbranche stößt dieses Vorhaben auf ein geteiltes Echo.

"Europäische Kommission"
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Von Nilofar Eschborn | Fotos: Pixabay

Um Verbrauchern den Einkauf von gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln zu erleichtern, will die Europäische Kommission eine harmonisierte, verpflichtende Nährwertkennzeichnung auf der Verpackungsvorderseite vorschlagen. Dieses Vorhaben wurde am vergangenen Mittwoch als Teil der Farm-to-Fork-Strategie veröffentlicht, die die Europäische Kommission im Rahmen des Green Deal vorgestellt hat und deren Ziel es ist, die Lebensmittelversorgungskette sowohl für Verbraucher und Erzeuger als auch für Klima und Umwelt förderlich zu gestalten.

Die Kommission zieht  außerdem in Erwägung, eine Ausweitung der obligatorischen Ursprungs- oder Herkunftsangabe auf bestimmte Erzeugnisse vorzuschlagen. Sie wolle auch prüfen, wie freiwillige umweltbezogene Angaben vereinheitlicht werden können und ein Rahmen für Nachhaltigkeitskennzeichnungen geschaffen werden kann, der die Aspekte Nährwert, Klima, Umwelt und Soziales abdeckt.

Farm-to-Fork-Strategie: So reagiert die Branche

Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, begrüßt dieses Vorhaben der Europäischen Kommission mit Blick auf den Nutri-Score, der hierzulande in diesem Jahr eingeführt werden soll: „Die Farm-to-Fork-Strategie greift Maßnahmen auf, die wir in Deutschland bereits auf den Weg gebracht haben – wie etwa ein Tierwohlkennzeichen und die erweiterte Nährwertkennzeichnung.“ Gesprächsbedarf im Kreis der EU-Agrarminister sehe Klöckner allerdings dazu, wie Farm-to-Fork- und Biodiversitätsstrategie verschränkt werden können mit den ebenfalls ambitionierten Zielen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. „Es mangelt der EU nicht an neuen Strategien. Sie müssen aber auch zusammenpassen“, betont die Ministerin.

Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands, plädiert wiederum dafür, dass die Nährwertkennzeichnung freiwillig bleiben sollte: „Es ist wichtig, dass die Unternehmen nach den eigenen unternehmens- und produktbedingten Fähigkeiten und Geschwindigkeiten arbeiten können.“ Nur so funktioniere der Wettbewerb um die besten Ideen, nur so reguliere sich der Markt selbst. „Das heißt, dass die Freiwilligkeit in Sachen Reduktion von Zucker, Fett und Salz ebenso erhalten bleiben muss wie die freiwillige Verwendung einer erweiterten Nährwertkennzeichnung wie beispielsweise dem Nutri-Score. Wir haben als Lebensmittelverband hier gemeinsam Forderungen formuliert, die im Wesentlichen darauf basieren, dass eine erweiterte Nährwertkennzeichnung wissenschaftlich fundiert, europaweit einheitlich und freiwillig in der Umsetzung sein sollte."

Martin Rücker, Geschäftsführer der Verbraucherorganisation Foodwatch, befürwortet hingegen den verpflichtenden Charakter der Nährwertkennzeichnung: „Eine europaweit verpflichtende Nährwertkennzeichnung ist überfällig und die Nutri-Score-Ampel dafür das beste Modell“, sagt er. Allerdings wirft er der Lebensmittelindustrie vor, die Algorithmen zur Berechnung des Nutri-Scores verwässern zu wollen, um ihre Produkte in ein besseres Licht zu rücken. „Die europäische Politik muss daher klarstellen, dass die Nutri-Score-Algorithmen allein von unabhängigen Wissenschaftlern festgelegt werden und die Industrie keinen Einfluss darauf haben darf. Die Nutri-Score-Ampel muss eine verbraucherfreundliche Nährwertkennzeichnung für alle werden und darf nicht zum Marketinginstrument der Lebensmittelhersteller verkommen.“

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