Der Verband der Ernährungswirtschaft (VdEW) und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sind am 27. Mai 2021 zu einer Einigung in den Verhandlungen um einen Branchentarifvertrag zum Mindestlohn gekommen. Die Verhandlungspartner einigten sich demnach auf einen stufenweise steigenden Mindestlohn mit Laufzeit bis Ende November 2024. Vorbehaltlich der von beiden Seiten gewünschten Allgemeinverbindlichkeitserklärung wird damit für alle Mitarbeiter in der deutschen Fleischbranche folgender Mindestlohn gelten:
- 10,80 Euro mit Allgemeinverbindlichkeitserklärung, voraussichtlich ab dem 01.08.2021
- 11,00 Euro ab 01.01.2022
- 11,50 Euro ab 01.12.2022
- 12,30 Euro ab 01.12.2023
- Laufzeit bis 30.11.2024
Im Vergleich zum aktuellen gesetzlichen Mindestlohn steht damit vielen Betrieben in einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren eine rund 30-prozentige Steigerung bevor. "Wir haben uns als Branche bis an die Decke gestreckt", so VdEW-Hauptgeschäftsführer Vehid Alemic. "Zahlreichen Betrieben der Fleischwirtschaft wird damit viel zugemutet. Vor allem kleine und Familienbetriebe werden mit den Kostenerhöhungen schwer zu kämpfen haben."
Weiterhin einigten sich beide Parteien darauf, eine verbindliche Arbeitnehmerüberlassungs-Quote durch einen zweiten Tarifvertrag zu regeln, der nur für Verbandsmitglieder gelten soll. Die Nutzungsoption der Arbeitnehmerüberlassung durch die Unternehmen gilt uneingeschränkt und auf Basis der Regelungen des GSA Fleisch. Das bedeutet, dass zum Beispiel in Saisonzeiten maximal acht Prozent Leiharbeit in einem Zeitraum von bis zu vier Monaten zulässig sind.
Den Angaben zufolge zeigt die einstimmig beschlossene Einigung des Sozialpolitischen Ausschusses der deutschen Fleischwirtschaft (SPA), dass die Branche geschlossen in die Zukunft geht, ihre Tarifautonomie stärkt und sich deutlich zu sozialpartnerschaftlichen Lösungen bekennt. Der Vorsitzende des SPA der Fleischwirtschaft, Theo Egbers, ist froh über die rasche Einigung: "Wir können das besser, schneller und branchennäher als andere".
Der VdEW betont, dass vor allem die Allgemeinverbindlichkeit dieser Einigung ein großer und wichtiger Schritt ist. Ohne Einigung drohte den rund 160.000 Beschäftigten der Fleischindustrie ein Flickenteppich aus individuellen Hausverträgen und unverändertem Mindestlohnniveau – und damit faktisch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft für die Beschäftigten in der Branche.
Die getroffene Vereinbarung führt jetzt zur notwendigen Rechts- und Planungssicherheit für alle Beschäftigten und Unternehmen der Branche, heißt es.