Artikel

Marke? Selber machen!

Wie steigere ich meine Marge? Wie stelle ich mein Sortiment breiter auf? Wie binde ich Kunden stärker an mich? Wie gewinne ich mehr Spielraum bei der Preisgestaltung? Die Antwort auf all diese Fragen: mit Eigenmarken! Wir zeigen, worauf es dabei ankommt und welcher Weg für selbstständige Kaufleute der gangbarste ist.

Von Alexander Thürer | Fotos: stock.adobe.com/thanksforbuying, 007

Manch einer kann sich noch daran erinnern, dass die Regale in den Supermärkten fast ausschließlich von den großen Markenartiklern bespielt wurden. Auch wenn die ersten Gehversuche im Bereich der Eigenmarken bereits Mitte der 1960er zu beobachten waren, lag ihr Marktanteil bis Mitte der 1980er nur bei rund 16 Prozent. Der große Durchbruch gelang erst, als Image- und Markenpflege auch hier an Bedeutung gewannen. Dass Eigenmarken die Nische lägst verlassen haben, zeigt auch eine aktuelle Studie zur Markenwahrnehmung im Regal von POSpulse. Im Segment der süßen Aufstriche beispielsweise rangierten Eigenmarken hier mit 15 Prozent nur knapp hinter Sieger Ferrero (17 %) auf Platz zwei.

Fest steht: Heute hat sich der Anteil von Handelsmarken im LEH im Schnitt bei rund 40 Prozent eingependelt und ist zu einem hochattraktiven Geschäftszweig geworden. Und: In einigen Warengruppen, etwa bei den Konserven (laut GFK 63,8 % Marktanteil), wurden die Markenartikler sogar überflügelt. Wie aber können selbstständige Einzelhändler auf diesen Erfolgszug aufspringen? Ein Weg ist die Spezialisierung auf regionale Spezialitäten. Das betont die eigene Kompetenz und macht die Marktphilosophie für den Kunden transparent und erlebbar. Doch auch mit einem breiteren Sortiment kann man punkten. Wie das funktioniert, zeigt zum Beispiel Edeka Brehm in Berlin-Zehlendorf mit der Eigenmarke „Food Lovers“, unter der nicht nur Bio-Eier aus der Uckermark sowie Tapas und Hummus der thüringischen Firma JooTi vermarktet werden, sondern auch Bio- Olivenöl aus Andalusien und Italien direkt vom Erzeuger. Dazu gibt es eine Weinauswahl und einen eignen Kaffee-Blend. Noch einen Schritt weiter geht man bei Edeka WEZ. Hier hat man nicht nur Bruderhahn-Eier, eigenen Kaffee und eigene Weine im Angebot, sondern hat aus dem eigenen Catering-Service Holland’s Gourmet Service kurzerhand eine eigene Convenience-Line ausgekoppelt, unter der man Suppen, Ragouts, Currys, Gulasch oder Currywurst im Einmachglas vertreibt.

Die große Lösung

Was man als selbstständiger Händler mit einer skalierbaren Handelsmarke erreichen kann, hat jedoch Sahin Karaaslan eindrucksvoll bewiesen. Der Kopf hinter der Spezialitätenmarke Delikatessa betreibt im Raum Heidelberg vier Rewe-Filialen, hat mit seinem zweiten Standbein aber längst die Grenzen der eigenen Regale gesprengt. Rund 240 Produkte umfasst aktuell sein Portfolio, mit dem er vor gerade einmal drei Jahren an den Start ging – und das mit einem mutigen Ansatz, denn viele Produkte waren für den deutschen Gaumen eher exotisch, zum Beispiel Okraschoten oder Sonnenblumenkerne, die viele Kunden schlicht für Vogelfutter hielten.

„Wir wollten unseren Kunden einfach etwas Neues zeigen und uns so vom Wettbewerb abheben“, erklärt Sahin Karaaslan, der aber Lerneffekte erkennen kann. „Positiv war zum Beispiel die Entwicklung der Sonnenblumenkerne. Ein paar Mitbewerber hatten die zwar schon, aber nicht in dieser Dimension und Vielfalt wie wir. Genau dies hat sich für uns am Ende ausgezahlt.“ Preislich wurden die Produkte von Delikatessa gezielt unterhalb der Konkurrenz angesiedelt, auf eine Premiumschiene also verzichtet.

Der Erfolg gibt Karaaslan Recht: Mittlerweile ist er mit seinen Spezialitäten bei gut 250 Händlern gelistet, 192 davon sind Rewe-Märke. Die größte Hürde, die es zu nehmen galt? Für Karaaslan war es die Vertrauensfrage. „Herausfordernd war, den Händler zu überzeugen, dass man Ahnung vom Produkt hat und dass man es mit der dauerhaften Warenverfügbarkeit auch hinbekommt. Produktqualität und Sicherheit waren auch Dinge, die wir dem Handel erst beweisen mussten. Aber das ist eben auch Teil des Spiels.“

Artikel teilen

Gut informiert durch die Krise