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Michael Weiß, Meckatzer

Wie steht es um den Biermarkt? Ausführliche Statements von Michael Weiß, Inhaber Meckatzer.

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Von Linda Schuppan | Fotos: Unternehmen

Herr Weiß, noch mehr Werteverlust bei Bier ist kaum noch möglich. Nun hat Krombacher seine Preiserhöhung zurückgezogen, was viele ziemlich sprachlos zurücklässt. Was sagen Sie?

Das, was momentan passiert, verstehe ich überhaupt nicht mehr. Wenn sich der Marktführer einer Kategorie schon nicht traut, wer dann.

Schwingt da möglicherweise die Angst vor der Keule des Handels und der Kartellwächter mit?
Bundeskartellamt hin oder her: Man hat doch sehr wohl Möglichkeiten mit dem Handel zu sprechen. Jeder sagt, er hätte auf seine Preise keinen Einfluss - das ist doch eine willfährige Aussage. Bei Markenführung spielt die Preisgestaltung doch mit. Wenn ich dann sage, ich habe auf den Preis keinen Einfluss, dann heißt das doch, ich kann meine Marke nicht mehr führen. Das ist ein Armutszeugnis.

Vielleicht müssen die Preise ja noch tiefer fallen, bis das große Erwachen kommt…
Nur wohin sollen die noch fallen? Ich gebe mal ein Rechenbeispiel: Die Preise von TV-Marken lagen zur D-Mark-Zeiten bei 22/23 Mark. Wenn man da die Mehrwertsteuer von damals rausrechnet mit 12 Prozent und die Inflationsrate von 30 Prozent, dann haben wir es mit einer Halbierung des Endverbraucherpreises zu tun. Dazu kommt: Der Aktionsanteil lag damals bei 10 % - heute bei über 70 %.

Wann kehrt denn mal Ruhe ein?
Vom Prinzip her ist ja niemand an Ruhe interessiert, denn jeder ist am eigenen Wohl und nicht an dem der Branche interessiert. Wir haben es mit einer Unordnung zu tun, in der sich jeder positionieren muss und es die Größten nicht schaffen, von dem Preisverhau von 9,99 Euro wegzukommen.

Welche Ordnung wäre denn preislich sinnvoll?
Wir hatten mal eine Zeit, da gab es vier Kategorien: Den Preiseinstieg von 6 bis 7 €, die Konsummarken von 8,99 bis 9,99 €, die nationalen TV-Marken von 11,99 bis 12,99 @ und die regionalen Marken bis 13,99 €. Das war nicht der schlechteste Ansatz.

Bei 70 % Aktionsanteil sind wir davon extrem weit entfernt.
Wenn im Handel 2 Kisten Bier 21 Euro kosten und der Shopper dazu ein Sixpack gratis bekommt, dann stimmt etwas nicht. Ich denke da gerade an einen Händler, der davon 25 Paletten bestellt hat. Alles läuft nach Menge. Und die Menge bestimmt die Prämie der einzelnen. Ich sage: Wir werden es sogar noch mit einer größeren Spaltung zu tun haben als bisher. 

Menge, Menge, Menge und kein Ende?
Davon muss sich die Branche verabschieden. Die Zeiten sind längst vorbei. Alle starren wie das Kaninchen auf die Hektoliter. Warsteiner war Mitte der 90er bei 6 Mio. hl angelangt. Dann hieß es, die Kapazitäten würden in Richtung 10 Mio. hl ausgebaut werden. 20 Jahre später steht fest: Dieses Volumen wurde nie erreicht, sondern gedrittelt. Nur Menge, das ist längst nicht mehr. Das gibt der Markt nicht mehr her.

Wie geht es mit dem Biermarkt weiter?
Man muss jetzt mal abwarten, wie sich alkoholfreie Biere weiterentwickeln. Da stehen die Zeichen ja auf Wachstum. Ich sage: Wenn man künftig über den Biermarkt spricht, muss man diese Sparte mit berücksichtigen. Das wird ja immer separat betrachtet.

Separat betrachtet wird auch immer der Craft-Bier-Markt. Wie stehen Sie zu dem Trend?
Ich freue mich über diese Bewegung, sehe da aber auch einiges sehr kritisch. Nicht alles, was sich Craft schimpft, ist qualitativ gut. Da ist vieles mittelmäßig. Und wenn die Crafties den großen TV-Marken vorwerfen, dort sei alles Marketinggetrieben, dann ist das schon lustig, denn das ist bei Craft ja nicht anders.

Weil die fast nur über die Story und das Design kommen.
Ja. Da wird ein Designer beauftragt und ein Braumeister gesucht, der eine Mixtur zusammenstellt. Jeder Brauer schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, wenn es darum geht, in einer anderen Brauerei zu brauen – mit anderem Wasser.

Nun kostet eine Flasche Craft-Bier schon mal 2,49 – 2,99 Euro. Passt das denn zusammen?
Meckatzer ist laut GfK das Bier mit dem höchsten Durchschnittspreis im dt. Handel – wir liegen pro Flasche bei 75 Cents. Wenn dann der Einzelflaschenpreis im Regal ausgelobt wird und daneben steht eine Flasche für 2,49 Euro, könnte der Shopper denken: Das für 75 Cent kaufe ich nicht, das kann ja nicht gut sein.

Man muss also immer den Kontext sehen?
Ja. Und man kann die Preise nicht einfach so vergleichen. Bei Craft handelt es sich oft um kleinste Mengen, da wird es betriebswirtschaftlich oft schon knapp mit 2,99 Euro pro Flasche zu kalkulieren.

Wie sieht der Meckatzer-Weg für die Zukunft aus?
Wir spüren eine permanent wachsende Nachfrage außerhalb des Heimatmarktes. Wir sind seit 5 Jahren im Raum Stuttgart unterwegs und auch in Berlin vertreten. Wir haben jetzt kein Interesse national zu werden, aber klar schauen wir nach Regionen, in die wir passen. Wir setzen auf Klasse statt Masse. Das erfordert zwar eine Anfangsinvestition, aber die zahlt sich eben auch mal aus.

Also kein Interesse sich große Hektoliter-Ziele zu setzen?
Wir werden niemals Hektoliter-Millionär werden.

Wie lautet Ihr Appell in Richtung Handel?
Eine Plattform für gute regionale Marken zu schaffen. Mehr Platz zu schaffen für die, die den Begriff Wertschätzung der Kategorie Bier ernst nehmen. Denn Wertschöpfung ohne Wertschätzung kann es nicht geben.

Wenn Sie Wünsche an Ihre Mitbewerber hätten, welche wären das?
Mutig zu sein. Nicht zu verwechseln mit Übermut. Für Differenzierung sorgen und Preisanpassungen vorzunehmen und dabei auch mal eine kleine hl-Delle in Kauf zu nehmen. Und: Weg von der Kopiererei, weg vom Orientieren am anderen. Das Kopieren ist ein Wahnsinn in unserer Branche. Sobald irgendjemand etwas macht, macht es der andere auch – egal ob es zu seiner Marke passt. Das alles erfordert eben Mut der Verantwortlichen.

Wenn die Verantwortlichen keine Unternehmer sind, die langfristig denken müssen, fällt der Mut bekanntermaßen gerne hinten über.
Klar. Wenn innerhalb von 10 Jahren 8 Geschäftsführer an der Spitze sind, kann es keine Kontinuität geben. Da stehen kurze Zeiträume im Fokus. Das ist ein wirklich pervertiertes System.

Dabei sind Bitburger, Krombacher, Veltins doch aber in Familienhand. Sie sagen es. Nur scheint es da an Mut zu fehlen. Aber gut, dann fährt eben jeder seine Schiene.

Michael Weiß, Meckatzer

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