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Markus Berberich, Insel Brauerei

Wie steht es um den Biermarkt? Ausführliche Statements von Markus Berberich, Gründer und Inhaber Insel Brauerei.

Markus Berberich, Insel Brauerei
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Von Linda Schuppan | Fotos: Unternehmen

Herr Berberich, Sie sind 25 Jahre in der Brauwelt unterwegs. Wie gut oder wie schlecht steht es aktuell um die Branche?
Ich glaube, wir hatten in den letzten Jahren noch nie einen dankbareren und einfacheren Markt als heute.

Damit dürften Sie ziemlich alleine stehen. Die meisten jammern.
Jahrelang ging es nur noch darum, wer die bessere Markenwelt bei vergleichbaren Bieren verkauft. Das hat den Preis entwertet. Seit etwa drei Jahren gibt es eine Gegenströmung. Für ein differenziertes Bier mit beschreibbaren Geschmack und einer glaubhaften Geschichte sind die Verbraucher wieder bereit einen höheren Preis zu zahlen.

Also tschüss Einheitsbier?
Mit einer Monomarkenstrategie, einem Einheitspils und austauschbarem Geschmack wird es jedenfalls sehr schwer. Das sieht man ja auch am Markt. Als ich Brauereiwesen studiert habe, hat der Geschmack kaum eine Rolle gespielt. Das hatte eher etwas von Verfahrenstechnik. Das Endprodukt war definiert und es ging nur noch darum, wie man es billiger hinbekommt. Diese Zeiten sind vorbei. Heute geht es um Geschmack, Genussanlas, Verbrauchernutzen und glaubhafte Geschichten.

Glauben Sie denn, dass es für Bier in Deutschland insgesamt wieder bergauf geht?
Ich glaube schon, dass wir vor einer Revolution stehen. Der Verbraucher ist heute nicht mehr so oberflächlich und glaubt alles. Die Stories in den Marken müssen stimmen. Das dürfen keine Fantasiewelten sein. Das ist die Zeit für profilierte Brauer egal ob Klein, Groß, Regional oder Craft !

Poliert die Craft-Bier-Szene das beschädigte Image der Branche wieder auf?
So vermessen wäre ich jetzt nicht, denn es gibt auch viele Craft-Brewer, die Mist und unglaubwürdige Storys anbieten. Es wird über Bier wieder diskutiert das tut Bier unglaublich gut. Die Deutschen merken grade dass Sie nicht alles über Bier wissen. Das hat enorme Kraft.

Wenn nicht alles gut ist, was sich Craft nennt, dann braucht der Handel künftig gute Auswahlkriterien.
Richtig. Aber wie soll ein Händler Bier einkaufen, wenn er davon wenig versteht?

Gute Frage.
Im Gegensatz zum Internationalen Markt  treffen wir in Deutschland auf Einkäufer, denen es schwerfällt, gute von schlechten Bieren zu unterschieden. In den Regalen findet man auch gerne mal oxidiertes Bier, das billigst hergestellt ist und nicht viel mehr zu bieten hat als eine wilde Verpackung.

Will heißen: Der Handel muss seine Einkäufer schulen.
Ich glaube schon. Da herrscht viel Verunsicherung. Der Handel steckt da irgendwie in einem Vakuum, weil die Einkäufer die Strukturen noch nicht haben, die sie brauchen. Internationale Einkäufer sind da schon viel weiter. Das sind oft geschulte Bier-Sommeliers. Die verkosten die Ware und stellen Detailfragen.

Welche Vertriebslinie treibt Craft voran?
Das ist ganz klar der LEH. Ich dachte eigentlich, diesen Part würde der GFGH und die Gastronomie übernehmen, aber das war nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, der Gastro GFGH sieht noch nicht seine Chancen.

Ein Craft-Bier verkauft sich erfahrungsgemäß nicht einfach so von allein. Was muss da noch besser werden?
Der Konsumnutzen muss am PoS klar beschrieben sein. Der Preis ist da zweitrangig. Der Shopper will wissen, was er mit dem einem Bier anstellen kann. Wir machen mit Shop-in-Shop-Systemen gute Erfahrungen. Damit sind wir bereits in 2000 Filialen vertreten. Auch die Craft Brauerei muss die Flächen betreuen und beraten mit kompetentem Außendienst.

Weitere Wünsche an den LEH?
Der Handel sollte sich über das Segment profilieren und keine negative Preisspirale erzeugen. Das Thema Craft muss über eine wertige Kommunikation aufrechterhalten werden, sonst hat der Handel da nicht lange Spaß dran.

Sehen Sie denn schon Preiserosionen bei Craft?
Ganz oben in den Handelsetagen versteht man das Thema, weil man dadurch Shopper anzieht, die kaufkräftig sind. Vertriebler des Handels, die für regionale Werbeblöcke verantwortlich sind, verstehen das Thema manchmal weniger und drehen an der Preisschraube. Sie setzen sich einfach zu wenig mit der Kunden-Kommunikation und Orientierung auseinander. Das muss aber in den Vordergrund.

Wünsche an Ihre Mitbewerber? Ein respektvollerer Umgang, das tut allen Brauern gut. Wir halten alle Gesetze ein, aber wir werden schon gerne mal angegriffen, weil für uns das Reinheitsgebot nicht die Bibel ist. Wir sehen das als Lob. Damit fahren wir am besten.

Markus Berberich, Gründer und Inhaber Insel Brauerei

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