Anfang 2019 startete die Umsetzung der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten (NRI). Um die Fortschritte der Strategie zu dokumentieren, beauftragte das BMEL ein Produktmonitoring, das vom Max Rubner-Institut (MRI) durchgeführt wird. Heute stellt Bundesernährungsministerin Julia Klöckner die aktuellen Ergebnisse des Monitorings vor.
Im Fokus standen Energie- und Nährstoffgehalte von verpacktem Brot und Kleingebäck, verpackten Wurstwaren und weiteren Fleischerzeugnissen, Riegeln, Quetschprodukten (also pürierten Lebensmitteln, die direkt aus einem Kunststoffbeutel gesaugt werden können) und Kinderfertigmahlzeiten. Dazu wurden insgesamt knapp 5.000 Produkte erfasst.
Die zentralen Ergebnisse – im Vergleich zur Basiserhebung 2016
- Bei Brot und Kleingebäck wurden durchschnittlich vier Prozent weniger Salz in verpacktem Brot und Kleingebäck erfasst: Bei Toastbrot wurde der Salzgehalt um 8,3 Prozent reduziert bei Weizen- bzw. Dinkelbrötchen um sechs Prozent.
- Bei Riegeln enthalten Nuss-/Kern-Riegel durchschnittlich 15,8 Prozent weniger Zucker, bei Müsli-Riegel mit Schokolade 10,9 Prozent und bei Fruchtschnitten 5,9 Prozent.
- Bei ausgewählten verpackten Wurstwaren und weiteren Fleischerzeugnissen wurde eine deutliche Reduktion von Salz festgestellt: bei Snack-Salami im Schnitt um 10,6 Prozent, bei vorgegarten Frikadellen um 15 Prozent.
- Die erstmalig untersuchten Quetschprodukte weisen mit durchschnittlich 10,4 Gramm Zucker pro 100 Gramm ähnliche Zuckergehalte auf wie Fruchtsäfte. Rund 10 Prozent der Quetschprodukte enthalten zugesetzten Zucker in Form von Haushalts- oder Traubenzucker oder die süßenden Zutaten Agavensirup bzw. Süßmolkenpulver. Die Energie- und Nährstoffgehalte der auch erstmals betrachteten herzhaften Fertigmahlzeiten für Kleinkinder entsprechen den EU-weiten Vorgaben zu Höchstgehalten für Fett und Salz.
Julia Klöckner: „Mit unserer Ernährungspolitik sorgen wir dafür, dass sich die Verbraucher in ihrem Alltag einfach gesünder ernähren können. Das fängt bei der Auswahl im Supermarkt an: Wir haben erreicht, dass zahlreiche Fertigprodukte gesünder werden. Erneut zeigt die wissenschaftliche Überprüfung, dass unsere Strategie wirkt: Bei zahlreichen weiteren Produkten wurde Salz und Zucker reduziert. Das ist ein Erfolg. Gleichzeitig sind einige der Zahlen noch nicht zufriedenstellend: Hier müssen die Hersteller nachlegen. Deshalb wird es weiter eine engmaschige Erfolgskontrolle geben. Wir lassen hier niemanden aus der Verantwortung. Dort, wo es hakt, wird nachgebessert und wenn nötig, reguliert."
Der Verein Foodwatch hält den von der Bundesernährungsministerin eingeschlagenen Weg der freiwilligen Selbstverpflichtungen für einen Irrweg, er verhindere dringend notwendige gesundheitspolitische Maßnahmen. „Die Lebensmittelindustrie trägt eine Mitverantwortung an der globalen Adipositas-Epidemie. Julia Klöckner muss die Branche mit verbindlichen Maßnahmen in die Pflicht nehmen anstatt nur höflich um ein paar Gramm weniger Zucker in Fertigprodukten zu bitten. Die Zuckerlobby ist nicht Teil der Lösung, sondern Kern des Problems – doch für Frau Klöckner ist sie ein Partner im Kampf gegen Adipositas. Die Strategie der Ministerin ist ein Irrweg: Programme zur Tabak-Prävention entwickelt man auch nicht gemeinsam mit Philip Morris“, erklärte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei Foodwatch.
Die Verbraucherorganisation forderte darüber hinaus eine Limo-Steuer nach dem Vorbild Großbritanniens und eine gesetzliche Beschränkung des Kindermarketings. Nur ausgewogene Lebensmittel sollten demnach an Kinder beworben werden dürfen. Auch der wissenschaftliche Beirat des Bundesernährungsministeriums hat Selbstverpflichtungen in seinem Gutachten "Politik für eine nachhaltigere Ernährung" als "nicht ausreichend" beschrieben. Stattdessen empfiehlt der Beirat verbindliche Maßnahmen wie eine gesetzliche Beschränkung des Kindermarketings, eine Zuckersteuer auf Süßgetränke sowie eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung mit dem französischen Ampelkennzeichnung Nutri-Score, um eine gesunde Ernährung effektiv zu fördern.
Der Lebensmittelverband Deutschland hingegen zeigt sich zufrieden. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Verbands, kommentiert: „Die Reduktions- und Innovationsstrategie ist eine gemeinsame Initiative von Wirtschaft und Politik und zeigt, wie konstruktiv und erfolgreich ein Dialog auf Augenhöhe sein kann. Wir haben diese Vereinbarungen auf den Weg gebracht, weil wir der festen Überzeugung sind, dass wir Teil der Lösung sind und gemeinsam mit allen Akteuren des Runden Tisches Mitverantwortung übernehmen müssen. Die Gesundheitsvorsorge der Menschen zu stärken ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir als Wirtschaft reden nicht nur und stellen Forderungen auf wie manch andere am Runden Tisch, sondern wir handeln. Hersteller und Betriebe unterschiedlicher Bereiche der Wertschöpfungskette haben bereits beachtliche Erfolge bei der Optimierung des Zucker-, Fett- oder Salzgehalts ihrer Produkte im Rahmen der technologischen Möglichkeiten erzielt. Aber es gibt eben auch Grenzen des Machbaren. Die Reduktionsstrategie darf nicht die Lebensmittelsicherheit aushebeln. Die Salzreduktion bei Fleisch hat beispielsweise direkten Einfluss auf die Haltbarkeit und Sicherheit des Produkts und damit auf die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher."
Minhoff betont weiterhin, wie wichtig und richtig es sei, auf freiwillige Maßnahmen zu setzen, um Innovationspotenziale voll auszuschöpfen. Denn regulatorische Maßnahmen begünstigen ein Umfeld, dass für Innovationen nicht förderlich sei: „Entscheidend ist, die Verbraucherinnen und Verbraucher bei allen Schritten mitzunehmen, damit am Ende Qualität, Sicherheit und Geschmack des Lebensmittels in gewohnter und gewünschter Weise erhalten bleiben. Denn letztendlich entscheiden diejenigen, die sie kaufen, welche Produkte am Markt Bestand haben. Deshalb ist es wichtig, dass eben nicht alles staatlich reglementiert ist und es die Freiheit gibt, nach den eigenen unternehmens- und produktbedingten Fähigkeiten und Geschwindigkeiten zu arbeiten, um ein vielfältiges Angebot zu erhalten und die unterschiedlichen Wünsche der Konsumentinnen und Konsumenten bedienen zu können."