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RUNDSCHAU Round Table Spirituosen: Raus aus dem Drehzahlkeller

Trotz des anhaltenden Gin-Hypes stagniert der Pro-Kopf-Verbrauch von Spirituosen seit Jahren. Ob mehr Erlebnismomente und mehr Fachkompetenz auf der Fläche den Negativtrend stoppen können, hat unsere Expertenrunde engagiert, aber auch kontrovers diskutiert.

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Von Mirko Jeschke | Fotos: Heiko Rhode

THESE 1: KONSUMTREND

Der Pro-Kopf-Verbrauch wird durch den Wellnesstrend künftig sinken.

Oliver Schwegmann: Ich sehe das nicht so dramatisch und glaube, es wird insgesamt ein stabiler Markt bleiben. Innerhalb der unterschiedlichen Subkategorien gibt es allerdings eine unglaubliche Dynamik. Beispielweise wächst der Rum über 20 Euro deutlich, auch der Gin wächst stark.

Eckehard Nau: Der Basistrend zeigt einen leichten Rückgang des Pro-Kopf-Verbrauchs. Verursacht wird er durch soziodemografische Veränderungen, aber auch durch Veränderungen im Konsumverhalten. Jüngere Käufer, 18 bis 49 Jahre, haben einen niedrigeren Verbrauch, aber sie geben auch mehr für die Spirituose aus. Ihr Umsatzanteil liegt bei 32 Prozent.

Tim Nentwig: Ich glaube, dass grundsätzlich keiner in der Spirituosenindustrie den Wunsch verfolgt, den Pro-Kopf-Konsum in Deutschland massiv hochzutreiben. Das wäre auch gesellschaftspolitisch bedenklich. Dass der Pro-Kopf-Verbrauch nicht steigt, liegt daran, dass ältere Konsumenten tendenziell weniger trinken und die jungen Zielgruppen immer fragmentierter und anspruchsvoller werden.

Tjalling Simoons: Der Alkoholkonsum in Deutschland geht langsam zurück. Die Generation der 90er-Jahre hat noch mehr getrunken als die Jungen heute. Es gibt jedoch einen Trend zur Premiumisierung, was ein wertmäßiges Wachstum zur Folge hat. Gleichzeitig ändern sich sämtliche Anlässe und damit auch der Konsum. Daraus zu folgern, dass der Markt dauerhaft schrumpft, wäre jedoch verfrüht. Es könnte ja bereits mit der nächsten Generation wieder ganz anders aussehen.

Abbass Khatami: Ich denke, das kann sich schon nächstes Jahr wieder ändern. Wir alle wissen nicht, was die heute 15-Jährigen in drei Jahren trinken. Schauen Sie sich E-Zigaretten an, die gab es vor einigen Jahren noch nicht.

Peter Leusch: Ich bin da anderer Auffassung. Die jungen Leute, insbesondere Studenten, sind heute so durchgetaktet, dass immer weniger Zeit zum Feiern bleibt. Auch die Lebenshaltungskosten in den Großstädten steigen stetig. Von daher glaube ich nicht, dass sich hier nächstes Jahr schon etwas ändert.

Michael Rees: Aus der Erfahrung in meinen Märkten kann ich sagen, dass die Standardspirituosen in den Nahverbrauchermärkten durchaus stabil laufen. In den großflächigeren Märkten sehe ich den Trend, dass wir den Fachhandel mehr oder weniger ablösen, weil wir es inzwischen geschafft haben, viele Kunden von dort abzuziehen.

THESE 2: MIX-PRODUKTE

Der Trend hin zu Mixspirituosen wird anhalten.

Christian Haker: Wir beobachten, dass Mixspirituosen über alle Channel hinweg wachsen mit Ausnahme der Harddiscounter.

Nau: Für mich ist die Mixspirituose auf jeden Fall eine Kategorie, die noch großes Wachstumspotenzial hat. Der Basistrend heißt Convenience, denn es ist für viele Konsumenten nach wie vor schwierig, etwa einen Gin Tonic im richtigen Verhältnis zu mixen. Auch hier geht die Nachfrage...

Die komplette Diskussionsrunde des Round Table Spirituosen finden Sie in unserem <link https: www.rundschau.de fileadmin user_upload epaper ru-2018-11>E-Paper.

Peter Leusch (Daisy & Friends) weiß, dass der Ginmarkt völlig überschwemmt ist. Er ist aber davon überzeugt, dass sich am Ende die Qualität durchsetzen wird.
Eckehard Nau (Diageo) räumt der Mixspirituose vor dem Hintergrund des Basistrends Convenience noch großes Wachstumspotenzial ein.
Eckehard Nau (Diageo) räumt der Mixspirituose vor dem Hintergrund des Basistrends Convenience noch großes Wachstumspotenzial ein.
Tjalling Simoons (Bacardi) verweist auf Premiumtrend und veränderte Anlässe. Einen dauerhaften Marktrückgang sieht er aktuell aber nicht.
Tjalling Simoons (Bacardi) verweist auf Premiumtrend und veränderte Anlässe. Einen dauerhaften Marktrückgang sieht er aktuell aber nicht.
Tim Nentwig (Diversa) beobachtet, dass die jungen Zielgruppen immer anspruchsvoller werden und vor allem auf Image und Geschmack achten.
Tim Nentwig (Diversa) beobachtet, dass die jungen Zielgruppen immer anspruchsvoller werden und vor allem auf Image und Geschmack achten.
Abbass Khatami (Cologne Spirits) hält es für möglich, dass letztlich rund 90 Prozent der 400 deutschen Ginmarken wieder verschwinden werden.
Abbass Khatami (Cologne Spirits) hält es für möglich, dass letztlich rund 90 Prozent der 400 deutschen Ginmarken wieder verschwinden werden.
Christian Haker (IRI) stellt fest, dass das ausbleibende Aktionsgeschäft bei vielen Marken die negative Entwicklung treibt.
Christian Haker (IRI) stellt fest, dass das ausbleibende Aktionsgeschäft bei vielen Marken die negative Entwicklung treibt.
Für Oliver Schwegmann (Berentzen) sind die Themen Geschmacksvielfalt, Individualisierung und Convenience von großer Bedeutung.
Für Oliver Schwegmann (Berentzen) sind die Themen Geschmacksvielfalt, Individualisierung und Convenience von großer Bedeutung.
Michael Rees (Edeka Rees) sieht in den großflächigeren Märkten den Trend, dass der LEH den Fachhandel mehr oder weniger ablöst.
Michael Rees (Edeka Rees) sieht in den großflächigeren Märkten den Trend, dass der LEH den Fachhandel mehr oder weniger ablöst.
Mirko Jeschke (RUNDSCHAU) zweifelt angesichts der demografischen Entwicklung und des neuen Konsumbewusstseins, ob der Verbrauch stabil bleiben kann.
Mirko Jeschke (RUNDSCHAU) zweifelt angesichts der demografischen Entwicklung und des neuen Konsumbewusstseins, ob der Verbrauch stabil bleiben kann.

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