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Unser täglich Super-Brot

Superfoods und Low Carb erobern die Lebensmittelbranche. Wo man auch hinschaut, finden sich Produkte mit „Zusatznutzen“. Nun springt auch die Brot- und Backwarenindustrie auf diesen Zug auf.

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Foto: Fotolia (emuck)
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Von A. Stoji?

Die Brot- und Backwarenindustrie erfindet sich derzeit neu. Die Gründe: Die Essgewohnheiten ändern sich. Der klassische Drei-Mahlzeiten- Tag ist passé, gegessen wird unterwegs. Die Bäckereien sterben langsam aus, Bake-off gewinnt im Handel zunehmend an Bedeutung. „Brot wird verramscht“, schimpft die Backwarenindustrie. Um die Wertigkeit des „ältesten Lebensmittels der Welt“ hochzuhalten, wurde sogar eine Fortbildung zum Brot-Sommelier ins Leben gerufen. Brot soll wieder sexy werden.

Des Brotes neue Zutaten

Denn: Der Gesamtumsatz der Backbranche war 2015/2016 leicht rückläufig – mengenmäßig liegt er aktuell bei 1,83 Millionen Tonnen pro Jahr. Viele Standardsorten finden sich heute auch in den Backstationen wieder, wodurch der Kunde die Wahl hat zwischen verpackter Ware im Brotregal und unverpackter Ware in den Backstationen. „Das Brotregal ist heute eher der Ort für spezielle und besondere Brotsorten“, sagt Armin Juncker, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Großbäckereien. „Speziell“, das waren vor einigen Jahren noch die Zugaben von zum Beispiel Kürbis- oder Sonnenblumenkernen. Heute aber verlangt der Verbraucher auch bei Brot nach etwas, das modern ist und den aktuellen Zeitgeist widerspiegelt. Superfoods haben sich in den vergangenen Jahren dabei als sichere Bank erwiesen. „Das ist allerdings nur ein Marketingbegriff“, erklärt Britta Klein vom aid- Infodienst. Die Wirkung, die den Lebensmitteln zugeschrieben werde, könne durch regionale Produkte wie heimische Beeren oder Kohlgemüse ebenfalls erreicht werden. Doch Fakt ist: Superfoods boomen. „In Deutschland liegen die Wachstumsraten 2016 teilweise im dreistelligen Prozentbereich“, weiß Katharina Feuerstein von IRI Information Resources. Im Jahr 2015 wurden in Drogerien und im LEH rund 756 Tonnen Chia-Samen verkauft, wie das Marktforschungsunternehmen mitgeteilt hat. 2016 waren es 1.925 Tonnen. Das macht ein Plus von mehr als 150 Prozent aus. Am stärksten sind Kokosmehl, Mandelmehl und Matcha-Tee gewachsen, heißt es weiter.

Der Superfood-Zug rollt

„2015 war das Wachstumsjahr schlechthin für Superfoods“, sagt Katharina Feuerstein. Laut IRI-Angaben hat sich die Wachstumsrate für die Lebensmittel mit den angeblichen Gesundheitsvorteilen im Vergleich zu 2014 zum Teil verfünffacht. Viele Hersteller setzen daher auf die Körnchen und Beeren, um ihren Produkten einen neuen „Anstrich“ zu verpassen. „Eine logische Konsequenz aus der Entwicklung des traditionellen Themas Brot“, findet Verena Heyder, Teamleitung Markenmanagement Dr. Karg. Denn Deutschland ist bekannt für seine große Vielfalt an Brotsorten – hierzulande sind es etwa 3.200 verschiedene. Da liegt es nahe, auch die aktuellen Foodtrends aufzugreifen. Dr. Karg etwa hat neben den klassischen Sorten auch Varianten mit Quinoa, Chia- Samen oder Cranberrys im Portfolio. Auch Hersteller wie Mestemacher, Harry Brot oder Lieken haben Superfoods für sich entdeckt und ihr Sortiment entsprechend erweitert. Lieken hat bereits 2006 das erste Brot aus der Range Urkorn Fit & Vital auf den Markt gebracht, bei Mestemacher gibt es auch schon länger Eiweißbrot.

Kein kurzlebiger Hype

Dass aber Brot mit „Zusatznutzen“ den Klassiker ersetzen würde, daran glaubt niemand. „Aus unserer Sicht sind Superfoods weder ein kurzlebiger Hype noch bedeuten sie das Ende des herkömmlichen Brotes“, sagt Eve Burgardt von Lieken. Vielmehr werde das bestehende Angebot um neue Produkte ergänzt. Das bringe Abwechslung und Attraktivität ins Brotregal. Daher sei es wichtig, die Kategorie Brot und Backwaren im Kundenlauf möglichst früh und weit vorne – in der Nähe der Obst- und Gemüseabteilung – zu platzieren, so der Rat. Premiumware und Topseller finden ihren Platz im vorderen Bereich. Im Regal empfiehlt es sich, Markenblöcke zu bilden. Innerhalb der Blöcke werden die Produkte nach Segmenten sortiert. Preiseinstiegsware findet ihren Platz in den unteren Regalböden und Markenware mit mehr Wertschöpfungspotenzial auf Sichthöhe, so Eve Burgardt weiter.
Wichtig auch: Zweit- und themenbezogene Platzierungen. Sie sollten sich vor dem Brotregal im Hauptkundenlauf befinden. Denn viele Einkäufe laufen routiniert ab. Dieses Verhalten kann – im Verbund mit anderen Produkten – durchbrochen werden. Solche Platzierungen lenken die Aufmerksamkeit auf Brot und Backwaren und bewirken zusätzliche Abverkäufe und höhere Bonsummen.

Interview

Karina Alikhan | Harry Brot

Frau Alikhan, sind Superfoods ein Hype oder das Ende des klassischen Brotes?
Alikhan:
Verbraucher schätzen Brot mit einem ernährungsphysiologischen Zusatznutzen. Insofern kann man von einem klassischen Trend sprechen, das Ende des „klassischen“ Brotes können wir allerdings dennoch nicht erkennen.

Wie hoch ist der Anteil an Brot mit Zusatznutzen an Ihrem Gesamtportfolio?
Alikhan:
In jedem Produktbereich hat Harry ein bis drei Artikel, die mit einem ernährungsphysiologischen Nutzen ausgelobt werden können. Über das gesamte Sortiment hinweg liegt der Anteil bei etwa 25 Prozent.

Wie sollten Brot und Backwaren im Handel präsentiert werden?
Alikhan:
Der Duft von frisch Gebackenem aus der Prebake-Station ist ein Kundenmagnet, den man sich für das gesamte Backwarenangebot zunutze machen kann. Die Nähe und Überschaubarkeit von SB-Brotregal und Prebake-Station haben sich deshalb gegenseitig als umsatzfördernd erwiesen.

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