Artikel

Was steckt hinter dem Hellbier-Boom?

Der Run auf Hellbiere hält an, befördert durch die Sehnsucht der Konsumenten nach Ursprünglichkeit. Ein Experte erklärt die Gründe für die Popularität der hellen Sorten im Biermarkt.

"hellbier" "bier" "helles" "brauerbund"
Begehrt: helles Bier. Foto: Brauerbund
zur Bilderstrecke, 3 Bilder
Von Mirko Jeschke | Fotos: Brauerbund

Die Lage bleibt für die meisten deutschen Brauereien herausfordernd, der Bierabsatz lag 2018 hierzulade um 16 Prozent niedriger als vor 25 Jahren. Dennoch könnte das Erstarken der Nachfrage nach hellen Lagerbieren gerade bei jungen, urbanen Konsumenten für die Branche – neben den Wachstumssegmenten Alkoholfrei und Biermix/ Radler – ein neuer Hoffnungsschimmer sein.

Bis vor wenigen Jahren waren diese untergärigen, schwach gehopften Spezialitäten mit hellgelber Farbe fast nur im Süden der Republik verbreitet. Das hat sich inzwischen geändert, wie Rewe-Händler Ulrich Budnik bestätigt: „Bayerische Biere sind bei unseren Kunden zurzeit extrem begehrt.“

Doch was sind die Gründe für den jüngsten, vornehmlich im urbanen Umfeld zu beobachtendem Vormarsch der Sorte Hellbier? Heinz Grüne, Geschäftsführer des Rheingold Instituts und Bierexperte, ist davon überzeugt, die Antwort auf diese Frage zu kennen. In der bereits 2018 durchgeführten Sortenstudie „Quo vadis Bier?“ kommt Grüne zu dem Schluss, dass vor allem die ständig wiederkehrenden Werbebotschaften der großen Pilsmarken in den Augen der Verbraucher inzwischen austauschbar erscheinen.

„Man kennt die Kampagnen, man kennt die Marken. Doch die Verknüpfung des einen mit dem anderen erscheint gelockert oder gar verloren gegangen zu sein. Diese Kon- wie Diffusion auf der Marken- und Kommunikationsebene ist sicherlich ein Auslöser für den erschreckend hohen Anteil an Aktionskäufen speziell im Bereich der großen TV-Pilsmarken in Deutschland.“ Auf einen weiteren signifikanten Faktor im Zusammenhang mit der Entwicklung der Pilsnachfrage weist Rewe-Händler Ulrich Budnik hin: „Den klassischen Pilstrinker, der aus einer Arbeiterfamilie stammt, gibt es heute immer weniger. Er stirbt uns förmlich weg.“

Ungeachtet dessen tragen die aktuellen Sehnsüchte vieler Bierliebhaber nach Ursprünglichkeit und Einfachheit – ein Trend, von dem auch regionaltypische Spezialitäten wie Keller- oder Zwickelbiere (Franken) sowie die sogenannten Zoigl-Biere (nördliche Oberpfalz) profitieren – zum Erfolg der hellen Biere bei. So sind die meisten der derzeit erfolgreichen Hellmarken, darunter etwa Augustiner, Tegernseer, Bayreuther und Chiemseer, laut Heinz Grüne bayerischer beziehungsweise süddeutscher Herkunft  und kommen meist im bauchigen Alt-Gebinde („Euro-Flasche“) daher.

Zudem erscheinen die Etiketten weniger modern und mehr mit traditioneller Symbolik verziert. Diesem Auftritt widerspricht das eigentliche Produkt nicht: ein unterkomplexes, reines und unverfälschtes untergäriges Bier mit eher wenig Temperament, dafür jedoch guten Weitertrinkeigenschaft en. „Wer ein Hell trinkt, der will es genau so. Raus aus der – oftmals digitalen – Tretmühle, rein in eine erträumte analoge Welt der Berge, Seen, Almen und glücklichen Kühe“, führt der Rheingold-Geschäftsführer aus. Die meisten Hellbier-Fans seien gerne bereit, für einen 20er-Kasten (0,5 Liter) einen Preis von 15 Euro und mehr zu bezahlen.

"hellbier" "bier" "helles" "brauerbund"
Vor allem bei jungen Zielgruppen begehrt: helles Bier.

Artikel teilen

Gut informiert durch die Krise