Artikel

Auf dem Weg zum blauen Block – Interview mit CEO Mövenpick Fine Foods

Vor genau 22 Monaten wechselte Jürgen Herrmann von Alfred Ritter zu Mövenpick. Die Schweizer Holding machte ihn zum CEO für Fine Foods, denn im LEH wächst die Nachfrage nach Produkten im oberen Preissegment. Jetzt stehen die ersten von Herrmann verantworteten Produkte im Regal – Boten einer neuen Identität. Ganz wichtig: auf Produkten die Farbe Blau.

Von Martina Kausch | Fotos: Hans-Rudolf Schulz, Mövenpick

Sie sind der erste CEO ausschließlich für Mövenpick Fine Foods – das bedeutet, Mövenpick Fine Foods macht viel Arbeit?

Das bedeutet, Mövenpick Fine Foods wächst und soll weiterhin wachsen. Mövenpick ist die führende Premiummarke im LEH, weil sie über viele Kategorien geht und gehen kann. Das macht die Aufgabe für mich sehr reizvoll: Man traut der Marke viel zu, und das bedeutet, dass man sie extrem breit aufstellen kann.

Das heißt konkret?

Ich denke, um die Marke zu verstehen, muss man einen Blick auf die Tradition werfen. Wir bauen hier in Baar gerade ein digitales Archiv auf, und was man dort über die Anfänge findet, ist sehr spannend. Ueli Prager gründete Mövenpick nach dem Krieg, als Menschen nicht viel Zeit zum Essen hatten, und konsequenterweise hat er in seinem Restaurant neue Sitzmöglichkeiten geschaffen und die Menüfolge aufgehoben. Man konnte an der Bar essen – was seinerzeit übrigens als unschicklich galt –, nur eine Vorspeise wählen, und es gab Weine nicht nur als Flasche.

Aber die Produkte schmeckten so gut, dass Gäste sie mit nach Hause nehmen wollten. Ueli Prager vergab also Lizenzen zur Herstellung. Das
war die Geburtsstunde von Mövenpick Fine Foods: Feines für zu Hause.

 

Sie haben sich offenbar intensiv mit der Historie der Marke befasst – aber das ist doch Schnee von gestern?

Nein. Viel Wichtiges über die Marke kann man aus der Geschichte verstehen, das ist wichtig, wenn man sie in die Zukunft führen will. Das Lizenzgeschäft ist ein Erfolg, heute haben wir weltweit zehn Lizenzpartner, drei in Deutschland. Bei einer aktuellen Befragung haben wir für Mövenpick eine Markenbekanntheit von 99 Prozent festgestellt! 77 Prozent der Befragten konsumieren regelmäßig oder gelegentlich unsere Produkte. 14 Prozent der Befragten kennen die Marke und konsumieren sie nicht. Nur einem Prozent ist die Marke unbekannt.

Was sehen Sie denn als das Wichtigste an?

Bei Ueli Prager im Restaurant hat vieles eben so gut geschmeckt, dass man es mitnehmen wollte. Bei unseren Untersuchungen und Marktforschungen im vergangenen Jahr haben wir gefragt: Was passt zur Marke? Was treibt die Leute dazu, über alle Kategorien hinweg Mövenpick zu kaufen?

Was ist das Ergebnis?

Die Kunden meinen: Wenn Mövenpick draufsteht, schmeckt es immer ein bisschen besser. Die Erwartung an uns ist: Es schmeckt besser. Also muss alles, was wir tun, in Richtung Geschmack gehen.

Man könnte denken, im LEH sei das nichts so Besonderes ...

Niemand hat das Thema Geschmack bislang so konsequent besetzt. Die zweite zentrale Frage ist nun: Was sind die Mövenpick-Leistungen, die diesen Geschmack ausmachen? Beim Lebensmittel muss es um mehrere Themen gehen: um Rezepturen, Rohstoffe und die Verarbeitung.

Diese Themen müssen wir stärker transportieren: beispielweise die schonende Langzeitröstung beim Kaffee. Oder: Der Naturjoghurt, den wir eingeführt haben, hat eine Zwölf-Stunden-Reifung. Das sind die Geschichten – die müssen auf die Packung. Es gibt als zweiten Aspekt aber auch, dass der Shopper von heute guten Geschmack mit gutem Gewissen verbinden möchte. Hier ist Nachhaltigkeit ein Thema.

Nachhaltigkeit in welchem Bereich?

Aktuell bei der Verpackung: Bei Mopro haben wir gerade einen großen Schritt in die Richtung gemacht, denn wir haben jetzt auch die K3-Becher eingeführt.

Also weniger PET und dafür Karton für die Stabilität. Sie mussten den Produzenten überzeugen, bei Mopro heißt er Privatmolkerei Bauer.

Ja. Wir entwickeln alle diese Neuerungen mit den Partnern zusammen. Das muss sein. Denn es ist eine gemeinsame Reise. Wichtig ist aber auch die Art und Weise, wie die Produkte daherkommen. Daher ist die Einführung des K3-Bechers ein richtiger, notwendiger und nachhaltiger Schritt.

Sahen die Produkte Ihrer Ansicht nach denn ältlich aus?

Nein, sagen wir so: Wir möchten ein wenig Staub wegpusten. Wir brauchen mehr Selbstähnlichkeit, mehr Modernität. Selbstähnlichkeit war bislang nicht so gegeben und ihr Fehlen eine Wachstumsbremse. Wir wollen die Parallelverwendung erhöhen, wir müssen die Optik ähnlicher machen und nicht nur das gleiche Logo draufkleben.

Wichtiger Kommunikator im Regal ist laut vieler Studien die Farbe, und für 80 Prozent der Befragten ist die Mövenpick-Farbe Blau, Blau mit Gold.

Also bekommen jetzt 150 Mövenpick-Produkte einen Relaunch?

Über die verschiedenen Kategorien sollen die Produkte Teil der Mövenpick-Designfamilie sein. Bis Ende 2021 wird bei allen deutschen Lizenzpartnern das visuelle Erscheinungsbild zum ersten Mal einheitlich. Wir arbeiten auf einen blauen Block hin, der im Regal wirkt und Orientierung bietet.

Als guter Anker im Kaffeeregal sollen dann die Sorten in ähnlicher Optik wirken. Wir haben mehr vom Shopper und weniger vom Konsumenten aus gedacht, haben die Packung optisch nicht überfrachtet. Auf den Umkartons ist der Mövenpick-Schriftzug weiß, damit er besser lesbar ist. Der gesamte Auftritt ist als durchgehender POS-Ansatz erdacht.

 

Gibt es neue Produkte und bald neue Kategorien bei Mövenpick?

Wir haben mit unseren Partnern eine Drei-Jahres-Roadmap erarbeitet, haben den Markt angeschaut, und der Köcher ist nun gut gefüllt. Beispielsweise ist bei Marmelade jedes dritte verkaufte Glas Erdbeermarmelade. Also nehmen wir eine weitere Erdbeersorte ins Sortiment, Erdbeer-Rhabarber. Es gibt neue Eckartikel. Bei Kaffee erwartet jeder Shopper die Sorten regular, mild und kräftig. Kräftig hatten wir nicht, wird es aber bald geben.

Wir haben aktuell drei Segmente – ich bin überzeugt: Die Marke trägt viel auf dem neuen Fundament mit der neuen Positionierung auf besten Geschmack. Mittelfristig ist das Ziel, dass auch neue Lizenzpartner für neue Produktmärkte das Mövenpick-Produktportfolio erweitern – und das soll bereits 2022 geschehen. Wir wollen den blauen Block im Regal und als Display.

Artikel teilen

Gut informiert durch die Krise