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"Das hat uns völlig überrannt"

Interview mit Thomas Seeger, Pressesprecher Ritter Sport, zum Hype um die neue Sonderedition „Einhorn“, welche Lehren der Schokoladen-Hersteller daraus zieht und warum es Sorten wie die „Einhorn“ niemals im Handel geben wird.

Thomas Seeger
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Von Sven Krause

Wie ist die Idee der „Einhorn“ überhaupt entstanden?
„Die ‚Einhorn‘ ist inzwischen unsere vierte Sonderedition, die aus den Ideen und Vorschlägen von Kunden hervorgegangen ist. Angefangen hat alles vor ein paar Jahren mit der ‚Olympia‘. Als wir diese 2009 vom Markt genommen haben, gab es die ersten enttäuschten Stimmen via Internet und unseren damals noch im Aufbau begriffenen Social-Media-Kanälen. Als diese Anmerkungen nicht verstummten, haben wir uns 2010 dazu entschieden einen Wettbewerb auszuschreiben, mit welcher Idee die ‚Olympia‘ als Sonderedition wieder kommen kann. Das Interesse war riesig und für uns die erste Erfahrung mit einer solchen engen Interaktion mit dem Verbraucher. Darauf haben wir aufgebaut und daraus sind in den vergangenen Jahren etwa die ‚Cookies&Cream“, die ‚Hafer&Banane‘ und jetzt etwa die ‚Einhorn‘ entstanden. Von der ersten Idee im Frühling diesen Jahres bis zur ersten Produktion im Herbst sind rund fünf Monate vergangen.“

Welche Schritte sind notwendig, um so eine Sonderedition auf den Markt zu bringen?
„Neben der Namensfindung und der genauen Rezeptur muss auch noch das Design für die Verpackung abgestimmt werden und mit unseren Zulieferern die entsprechenden Zeitschienen für die Anlieferung der einzelnen Bestandteile abgeklärt werden. Dann müssen die entsprechenden Gießköpfe für unsere Konzeptanlage gegossen werden. Denn nur auf dieser können wir so kurzfristig neue Sorten produzieren. Anders als auf unseren großen Fertigungsstraßen sind hier auch nur 2.000 Tafeln pro Stunde möglich. Und länger als maximal eine Woche können wir die Konzeptanlage auch nicht mit einem Produkt belegen. Daher können wir auch nur kleinere, exklusive Stückzahlen für den Internetvertrieb herstellen und niemals die großen Mengen für den Handel.“

Und dann kam der große Run auf die „Einhorn“ …?
„In der Tat. Der hat uns alle vollkommen überrannt. Wir haben in der ersten Auflage mit 75.000 Bestellungen gerechnet, diese Grenze war aber innerhalb weniger Minuten erreicht. Daher haben wir dann nach einigen Tagen ein zweites Bestellfenster mit 150.000-Tafeln angekündigt. Bevor wir dieses aber in unserem Online-Shop freigeben konnten, mussten wir erst einmal wieder mit unseren Zulieferern die Details abklären, die erneute Freigabe der Konzeptanlage klären und die Bestellfunktion in unserem Online-Shop auf eine hohe fünfstellige Zahl modifizieren. Als das alles erledigt war, haben wir das zweite Bestellfenster geöffnet und sind wieder vollkommen überrannt worden von der Nachfrage. Innerhalb von drei Minuten waren die 150.000 Exemplare vergriffen und danach ist unser Shop komplett zusammen gebrochen. Das haben wir in dieser Art und Weise niemals erwartet.“

Was folgte war ein ziemlicher „Shitstorm“ in den Sozialen Netzwerken?
„Ja, leider. Aber wir wollten und wollen niemanden vorsätzlich enttäuschen. Dass viele enttäuschte Kunden so emotional und erbost reagiert haben, ist auch ein wenig ein Phänomen der Sozialen Netzwerke. Ich kann die Enttäuschung natürlich nachvollziehen, aber wir konnten einfach nicht jedem seine ‚Einhorn‘ garantieren. Das hätten wir vielleicht im Vorfeld noch deutlicher machen müssen.“

Wie geht es jetzt weiter mit der „Einhorn“?
„Wir bekommen aktuell die letzten noch fehlenden Zutaten geliefert. Bis Ende November werden wir mit der Produktion der zweiten Charge beginnen können. Das wird etwa eine Woche dauern. Dann müssen die Tafeln vier Tage aushärten und werden dann per Hand in die Verpackungen eingeführt und verpackt. Das kostet natürlich angesichts der notwendigen Handarbeit auch noch mal ein paar Tage. Im Anschluss daran geht es in den Vertrieb und wir hoffen, dass bis kurz vor Weihnachten alle Käufer dann auch ihr ‚Einhorn‘ in Händen halten.“

Wird es in Zukunft noch weitere Sondereditionen wie die ‚Einhorn“ geben?
„Definitiv. Wir werden unsere Lehren daraus ziehen, noch genauer kommunizieren und unsere Server und den Online-Shop weiter modifizieren, damit wir nicht noch einmal solche technischen Probleme bekommen. Wir sind schon gespannt, mit welchen spannenden Ideen unsere Kunden in Zukunft auf uns zukommen werden. Aber, trotz aller Anpassungen, es werden Sonder-Editionen in begrenzter Stückzahl bleiben. Das alleine macht ja auch viel von der Wertigkeit einer solchen außergewöhnlichen Produktion aus.“

Thomas Seeger
Thomas Seeger, Pressesprecher Ritter Sport

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