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„Es fehlt vielfach an Kompetenz“

In den Augen von Budni-Chef Cord Wöhlke muss der Lebensmittelhandel noch viel Boden gutmachen, um mit Drogeriekonzepten erfolgreich zu sein. Selbstständige Edeka-Händler sieht er als Pioniere.

Budnikowsky-Chef Cord Wöhlke, Foto: R. Frommann
Budnikowsky-Chef Cord Wöhlke, Foto: R. Frommann
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Von Danica Hensel

Herr Wöhlke, Budnikowsky ist der einzige regional agierende Drogeriemarktfilialist in Deutschland. Warum?
Wöhlke: Ich weiß auch nicht genau, warum die anderen alle verschwunden sind (lacht). Wir haben uns immer nur auf Hamburg fixiert und die Regionalität mit all ihren Vor- und Nachteilen in den Vordergrund gestellt. Und: Wir versuchen alles, um uns von den Standardlösungen unserer Mitbewerber abzuheben. Das erfordert eine gewisse Flexibilität und natürlich auch Schnelligkeit. Nur so können wir uns gegen die Großen behaupten.

Wollen Sie Ihr Filialnetz in der Region Hamburg weiter ausdehnen?
Wöhlke: Ausdehnen ist nicht das richtige Wort. Es geht uns nicht um die Anzahl, sondern um die Qualität unseres Filialnetzes, die wir kontinuierlich verbessern wollen. Dabei wollen wir in allen Hamburger Stadtteilen und in der 50 Kilometer großen Metropolregion vertreten sein.

Haben Sie schon einmal daran gedacht, bundesweit zu expandieren?
Wöhlke: Ich kann heute nicht sagen, ob ich noch einmal woanders hin will. In den nächsten fünf Jahren haben wir jedenfalls noch gut in und um Hamburg zu tun.

Die Konkurrenz schläft aber auch in Hamburg nicht …
Wöhlke: Das stimmt. Wie heißt es so schön: Konkurrenz belebt das Geschäft. Außerdem kennen wir uns ja mit Konkurrenz aus. Unsere Mitbewerber sind nicht nur die Drogeriemärkte, die ihr Filialnetz in Hamburg weiter vergrößern, sondern auch Discounter und Vollsortimenter.

Rossmann und dm können bestimmt viele Artikel günstiger anbieten als Sie …
Wöhlke: Ja, das ist natürlich bedenklich, vor allem da unsere Mitbewerber ihre Preise regional sehr unterschiedlich gestalten– und so gezielt in Hamburg eine andere Preisschiene fahren. Darüber können wir uns ärgern, aber wir können es noch nicht verhindern. Es ist Aufgabe der Politik, für einen fairen Wettbewerb zu sorgen.

Werden Sie Ihre Preise anpassen?
Wöhlke: Das lässt sich nicht pauschalisieren. Wir entscheiden von Fall zu Fall, ob eine Preisreduktion Sinn macht.

Wie häufig bekommen Sie eigentlich Übernahmeangebote?
Wöhlke: Ich wäre regelrecht enttäuscht, wenn wir keine Angebote bekommen würden. Das hieße, dass wir keine gute Arbeit leisten. Ein Verkauf von Budni kommt für uns jedoch nicht in Frage.

Es gibt nicht nur gebürtige Hamburger, sondern immer mehr Neubürger. Wie kommen Sie an diese Verbraucher ran?
Wöhlke: Das ist in der Tat ein Problem. Denn: Wer vorher bei dm oder Rossmann gekauft hat, geht in Hamburg meist auch dorthin. Unsere Chance besteht darin, dass Menschen positiv über uns berichten und andere von Budni überzeugen.

Wie bekannt ist Budnikowsky im Rest der Republik?
Wöhlke: Im Süden kennt uns quasi keiner. In der Metropolregion Hamburg kennt uns jedes Kind. Das reicht uns.

Schlecker ist Vergangenheit. Ist das für Sie ein Vor- oder ein Nachteil?
Wöhlke: Das ist eine schwierige Frage. Wir müssen letztlich immer unseren eigenen Weg gehen, unabhängig vom Wettbewerb. Gefährlich finde ich jedoch, dass die Konzentration auf einige wenige Drogeriemarktunternehmen dadurch noch weiter vorangeschritten ist.

Wer profitiert Ihrer Meinung nach am meisten vom Untergang Schleckers?
Wöhlke: In meinen Augen gibt es keinen großen Sieger, nur viele kleine. Wenn es in einem kleinen Ort neben Schlecker nur einen anderen Markt gibt, fallen dem die Umsätze zu. In einer Stadt wie Hamburg verteilen sich die Umsätze hingegen auf viele verschiedene Kanäle.

Hat Schlecker gezeigt, dass das Konzept Drogeriediscounter nicht funktioniert?
Wöhlke: Schlecker war ja kein Discounter sondern mit am teuersten. 

Aber Schlecker hat sich als solcher vermarktet …
Wöhlke: Richtig, und das haben die Kunden gemerkt. Das war natürlich ein Fehler von Schlecker, aber sicherlich nicht der Hauptgrund, warum das Konzept nicht funktioniert hat. Es lag eher daran, dass sich das Modell Schlecker überlebt hat, weil sich das Unternehmen erst viel zu spät erneuert hat.

Auch Lebensmittelhändler wollen sich mit Drogerie profilieren. Wie finden Sie die Konzepte?
Wöhlke: Der Lebensmittelhandel müsste erst einmal eine gewisse Kompetenz aufbauen, die er in den Augen der Kunden nicht besitzt. Es gab in der Vergangenheit in Hamburg viele Lebensmittelhändler, die das versucht haben – ohne nennenswerten Erfolg.

Klären Sie uns auf: Wie verkauft man als Händler Drogeriewaren richtig?
Wöhlke: Im Prinzip liegt das Geheimnis darin, alle Dinge aus der Perspektive des Kunden zu sehen und die Sortimente exakt an den jeweiligen Standort anzupassen. Ein positives Beispiel dafür sind die selbstständigen regionalen Edeka-Unternehmer, weil sie in der Auwahl ihrer Lebensmittelsortimente lokal handeln.

Haben Sie einen Lieblingsmarkt?
Wöhlke: Ich habe sogar drei Lieblingsmärkte: Edeka Struve, Edeka Niemerszein und Edeka Meyer.

Das klingt, als wären das ernst zu nehmende Wettbewerber …
Wöhlke: Natürlich, jeder Unternehmer muss meiner Meinung nach eine gewisse Urangst haben. Auch Unternehmen müssen ihre Konzepte immer wieder in Frage stellen und zu Veränderungen bereit sein. Sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen wäre der Anfang vom Ende.

Welchen Stellenwert haben Eigenmarken für Ihr Unternehmen?
Wöhlke: Wir haben kaum eigene Marken. Um das Feld trotzdem abzudecken, führen wir die Eigenmarken von dm. Trotzdem sind wir natürlich prinzipiell in der Lage, Eigenmarken zu produzieren. Um das zu zeigen, haben wir kürzlich eine Hygienepapier-Range unter unserem eigenen Logo eingeführt. Die Verpackungen haben wir mit Hamburg-Bildern bedruckt.

Sie könnten sich also vorstellen, die Budni-Eigenmarken weiter auszubauen?
Wöhlke: Das hängt nicht von uns ab, sondern vom Wettbewerb.

Ihre Mitbewerber sind beim Thema Eigenmarken ja sehr stark …
Wöhlke: Das stimmt. Aber: Wenn alle Wettbewerber in die eine Richtung gehen, gehen wir eben in die andere. Das habe ich mein ganzes Leben so gemacht. Woody Allen hat das einmal sehr schön gesagt: „Das Geheimnis des Erfolgs? Anders sein als die anderen.“ Das stimmt.

Ihre beiden Kinder Christoph und Julia sind jüngst in die Geschäftsleitung aufgerückt. Freiwillig?
Wöhlke: Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass meine Kinder im Unternehmen Verantwortung übernommen haben. Aber: Sie hatten die freie Entscheidung. 

Cord Wöhlke
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