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Handeln auf ostfriesisch …

… heißt intelligent kooperieren, dabei nicht über alles reden und auf dieser Basis Neues wagen. Manfred Neumann, Chef der Bünting-Unternehmensgruppe, zu seinem Online-Supermarkt mytime.de und zum Kooperationsgeschäft.

Manfred Neumann
Manfred Neumann ist Vorstandsvorsitzender der Bünting-Unternehmensgruppe mit Sitz im ostfriesischen Leer. Foto: R. Rosendahl
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Von Klaus Mehler

Herr Neumann, warum betreiben Sie als ostfriesisches Handelsunternehmen einen Online-Supermarkt? 
Neumann: Weil wir stationär in unserer Region nur begrenzt wachsen können und keine Märkte außerhalb ­unserer Region eröffnen. Diese Lücke schließen wir mit unserem Online-Shop. Wir sprechen über diesen Weg neue Zielgruppen an.

Übernehmen Sie sich damit nicht?
Neumann: Nein. Das Online-Geschäft ist kein Neuland für uns. Das Mitarbeiter-Team unseres Tochterunternehmens Bünting E-Commerce hat seit Jahren reichlich Erfahrungen im Online-Shop-Geschäft und den damit verbundenen Projekten und rückwärtigen Prozessen gesammelt. Dieses Know-how kommt uns zugute. 

Sie verkaufen online Lebensmittel. Wie gehen Sie dabei vor?
Neumann: Wir kommissionieren gebündelt, sortieren dann jeden Auftrag und kontrollieren in diesem Zuge die Mindesthaltbarkeitsdaten. In unserer Packstation verpacken speziell geschulte Mitarbeiter die Waren, kontrollieren sie nochmal und befördern sie auf einen Container. DHL holt die Waren viermal täglich ab, DHL Express sogar sechsmal, so dass die Waren in der Regel am kommenden Tag bei unseren Online-Kunden sind.

Was bestellen Ihre Kunden?
Neumann: Alles. Tiefkühlkost, Fleisch, Molkereiprodukte. Besonders gefragt sind vor allem Spezialitäten und die vielen Frische-Produkte aus unserem Shop.

Wie viele Waren bestellen Ihre Online-Kunden pro Einkauf?
Neumann: Der Durchschnittsbon liegt bei 65 Euro pro Bestellung. Bei Neukunden liegt der Betrag niedriger. Stammkunden bestellen bei uns Lebensmittel von bis zu 200 Euro pro Einkauf. 

Wie viele Stammkunden haben Sie bei mytime.de?
Neumann: Immer mehr. Jeder zweite unserer Kunden bestellt regelmäßig und nutzt unseren Shop, um seine Food- und Haushaltswaren-Einkäufe zu erledigen.

Rechnet sich Ihr Online-Shop für Sie?
Neumann: Zu dem Zeitpunkt, in dem Kunden aus der Testphase in die Phase der Kontinuität wechseln, wird es wirtschaftlich interessant. 


Sie haben das Lager für Ihren Online-Supermarkt an Ihr Famila-SB-Warenhaus in Wechloy angegliedert …
Neumann: Im Frühling eröffnen wir für mytime.de ein eigenes Lager in Oldenburg. Die gute Entwicklung und die stetig steigenden Käuferzahlen machen dies nötig. Wir schaffen damit zudem Synergien zum Nonfood-Geschäft unserer Tochter Bünting E-Commerce. Das neue Lager bietet uns mehr Flexibilität als bisher. Wir sind so noch besser in der Lage, das wachsende Versandvolumen effizient zu bewältigen.

Wie viele Artikel führen Sie dort? 
Neumann: Wir lagern dort bis zu 40 000 Artikel – Trockenprodukte, Getränke, Drogeriewaren sowie Kühl-, Tiefkühl- und Haushaltswaren. Danach verpacken wir die Waren und versenden sie. 

Welche Haupterkenntnis ziehen S
ie aus Ihrem Online-Supermarkt?
Neumann: Internetaffine Mitarbeiter denken und handeln anders als die Mitarbeiter aus dem stationären Handel. Das hilft uns entscheidend bei mytime.de.

Sie betreiben in Ihrer Region flächen­deckend Combi-Märkte. Was zeichnet aus Ihrer Sicht Combi aus?
Neumann: Unsere Combi-Märkte zeichnen sich durch ihr eigenständiges Profil und eine eigenständige Sortiments- und Frischekompetenz aus. Combi regt Kunden an, steht für durchweg hohe Qualität und ist als Einkaufsstätte verlässlich. Combi ist zudem kein typisches Stand-alone-Konzept. Deshalb entwickeln wir gemeinsam mit weiteren Anbietern die Standorte und schaffen somit attraktive Lösungen in den Städten.

Wo steht Ihr „Future-Store“?
Neumann: In Wechloy bei Oldenburg. In unserem Famila XXL-Markt zeigen und testen wir auf rund 11 000 Quadratmetern unsere neuesten Vermarktungskonzepte im Food- und Nonfood-Sortiment. Der Standort entwickelt sich insofern permanent weiter.

Was verstehen Sie unter dem Begriff der Nachhaltigkeit?
Neumann: Verantwortung. 

Wo steht Ihr „Green Building“?

Neumann: Wir haben nicht den Klimamarkt, sondern leben das Thema Energie- und Umwelteffizienz sowohl an unseren neuen Standorten als auch im Unternehmen. Federführend ist dabei unsere Gesellschaft Bünting Energie und Umwelt. 

Welche Aufgabe hat Ihre Energie- und Umwelt-Tochtergesellschaft? 
Neumann: Sie hat im vergangenen Jahr auf Grundlage der DIN ISO 26000 sämt­liche Unternehmensbereiche bewertet und optimiert sie jetzt sukzessive. Zielsetzung ist eine mittelfristige Neuausrichtung aller Unternehmensbereiche im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Verantwortung. Damit sind wir eines der ersten deutschen Unternehmen, welches sich in Anlehnung an die umfangreiche DIN-Norm nachhaltig aufstellt. Wir vollziehen damit den Schritt von der guten Absicht zur guten Praxis. Wir tun dies auch, weil wir uns unseren Mitarbeitern verpflichtet fühlen und dafür auch Verantwortung tragen.  

Interessiert das Ihre Kunden? 
Neumann: Wir werden in absehbarer Zeit von unseren Kunden auf diese Themen angesprochen werden. Dann müssen wir glaubwürdige, nachvollziehbare Antworten darauf haben. Deshalb müssen wir Themen wie Umwelt- und Energieeffizienz jetzt vorleben und dies kontinuierlich in den Köpfen unserer Mitarbeiter in der Zentrale und in den Märkten als Selbstverständlichkeit platzieren.

Ihre regionale Handelsmarke Küstengold ist nicht durchwegs regional. Warum? 
Neumann: Weil die Verbraucher Regionalität einzig an frischen Produkten wie Obst und Gemüse, Fleisch und Molkereiprodukten festmachen und weil wir authentisch und glaubhaft handeln. 

Wie viel Regionalität steckt folglich in Küstengold? 
Neumann: Vielen Verbrauchern geht es nicht um die regionale Herkunft eines Produktes, sondern um Sicherheit und Orientierung. Unter der Marke Küstengold führen wir deshalb Produkte, die für die Menschen aus unserer Region geschaffen sind. Wir zeigen unseren Kunden dabei auf, aus welchen Teilen Deutschlands die Küstengold-Produkte stammen. 

Viele Handelsunternehmen tun sich mit Nonfood schwer. Und Sie?
Neumann: Wir setzen bei Nonfood noch stärker als in der Vergangenheit auf qualitativ hochwertige Markenprodukte. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit unseren Vollsortimentern zunehmend die Rolle der Fachgeschäfte übernehmen können. Dabei geht es vor allem um die Segmente Haushaltswaren, Spielwaren und Papier- und Schreibwaren. In unserem Famila XXL-Markt in Wechloy testen wir in diesem Zusammenhang Shop-in-Shop-Systeme mit bekannten Nonfood-Markenherstellern. Erfolgreiche Konzepte multiplizieren wir und integrieren die Konzepte in unsere anderen Märkten.

Auch bei Drogeriewaren tun sich viele Vollsortimenter schwer. Was tun Sie? 
Neumann: Wir können die Sortimentskompetenz der Drogeriemärkte wegen der begrenzten Flächen in unseren Märkten nicht leisten. Wir sollten es deshalb auch nicht versuchen. Deshalb platzieren wir an unseren Standorten Drogerieanbieter, um in der Sortimentskompetenz ganzheitlich aufzutreten. 

Zu Ihren Systemkunden zählt unter anderem Kaiser‘s Tengelmann. Was versprechen Sie sich davon? 
Neumann: Vorteile und Synergien für beide Seiten. Grundsätzlich fördert eine gute Zusammenarbeit die Weiterentwicklung der jeweiligen Kompetenzen. 

Was tragen Sie als Bünting dazu bei? 
Neumann: Wir tragen das Einkaufsmandat für unsere Kooperationspartner und kümmern uns um die Warenbeschaffung. Abgerechnet wird über die Einkaufsorganisation Markant in Offenburg. Wir bieten neben der Warenbeschaffung und der Sortimentsberatung unseren Partnern weitere Dienstleistungen an. Dazu zählen individuelle IT-Lösungen, Logistikstrukturen und gemeinsame Vermarktungsstrategien für die Eigenmarken NaturWert, Küstengold und Jeden Tag. 

Welche Kernerkenntnis nehmen Sie aus dem Kooperationsgeschäft mit? 
Neumann: Die, dass erfolgreiche Kooperationen vom Miteinander der beteiligten Menschen leben.

Werden Sie das Kooperationsgeschäft forcieren und ausbauen?
Neumann: Kooperationen im Großhandelsgeschäft verstehe ich als Chance für mittelständische Unternehmen, sich am Markt durchzusetzen. Wir haben dabei zuletzt intensiv unser Einkaufskonzept weiterentwickelt. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Zusammenarbeit mit unseren Partnern gewinnbringend für beide Seiten ist. Insofern schließe ich neue Kooperationspartner nicht aus. Sie müssen allerdings zu uns passen.

Manfred Neumann
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