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Machbarkeitsstudie bekräftigt Vorgehen zum Umbau der Tierhaltung

Bundesministerin Julia Klöckner hat die Ergebnisse der Folgenabschätzung zu Vorschlägen der „Borchert-Kommission“ vorgestellt. Sie bekräftigen das Vorgehen des Bundesministeriums beim Umbau der Tierhaltung.

Von Johanna Wies | Fotos: Pixabay

Bundesernährungsministerin Julia Klöckner hat für einen Umbau der Nutztierhaltung das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung (sogenannte Borchert-Kommission) eingesetzt. Diese hatte verschiedene Vorschläge zur Umsetzung und Finanzierung gemacht, welche bereits rechtlich geprüft wurden. Das Johann Heinrich von Thünen-Institut hat nun in einer Folgenabschätzung untersucht, wie sich der geplante Umbau auf die Branche, auf die Betriebe und die Verbraucher auswirkt. Die Ergebnisse hat die Bundesministerin heute vorgestellt.

Die wesentlichen Ergebnisse:

  • Sofern die Politik den gesamten Nutztiersektor Deutschlands in einem überschaubaren Zeitraum auf ein deutlich höheres Tierwohlniveau bringen möchte, ist staatliches Eingreifen nötig. Der Vorschlag des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, die gesellschaftlich erwünschte Transformation des Nutztiersektors mit einer Kombination aus Anreiz- und Gesetzesmaßnahmen vorzunehmen, ist ein wirtschaftlich schlüssiges Maßnahmenbündel.
  • Wenn es keine Umsetzung einer solchen nationalen Nutztierstrategie gibt, werden sich die Landwirte aufgrund der anhaltenden Verunsicherung weiterhin mit Investitionen in die Tierhaltung und Tierwohl zurückhalten.
  • Demgegenüber kann eine kraftvolle, von der Bevölkerungsmehrheit getragene weiterentwickelte Nutztierstrategie dazu führen, dass zahlreiche tierhaltende Betriebe zuversichtlicher in die Zukunft blicken.
  • Die Strategie bietet ihnen eine klare Perspektive über den Zukunftskurs und einen verlässlichen wirtschaftlichen Ausgleich für die tierwohlbedingten Mehraufwendungen.
  • Landwirte brauchen Verlässlichkeit beim Umbau: Es ist wichtig, dass der Staat mit jedem einzelnen investierenden Unternehmen einen Vertrag über die Förderung schließt. Die in der EU-Finanzplanung üblichen Perioden reichen hier nicht aus.
  • Um nicht nur für die einzelnen Investitionen, sondern für den Nutztiersektor insgesamt eine Verlässlichkeit zu erzeugen, sollte bereits bei der Weiterentwicklung der Nutztierstrategie darauf geachtet werden, einen breiten Konsens (a) in der Parteienlandschaft und (b) zwischen Bund und Ländern herbeizuführen. Außerdem sollte die Umstellung der Praxisbetriebe durch umfassende Begleitforschungsmaßnahmen flankiert werden, damit eine möglichst große Transparenz über die Folgen (a) für das Tierwohl und (b) für die betriebliche Rentabilität hergestellt wird.
  • Ohne Tierwohlkennzeichen wird eine Transformation nicht gelingen. Denn die Verbraucher müssen am Produkt erkennen können, wo mehr Tierwohl angewandt wurde.

Jochen Borchert, Vorsitzende des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, fasst zusammen: „Die Folgenabschätzung bestätigt: Wir sind auf dem richtigen Weg. Die Vorschläge des Kompetenznetzwerks zur konsequenten Verbesserung unserer landwirtschaftlichen Tierhaltung sind machbar und wirtschaftlich realistisch.“

So werden die Ergebnisse aufgenommen

Der Deutsche Tierschutzbund fordert Bundesagrarministerin Julia Klöckner auf, die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung „endlich umzusetzen“. „Julia Klöckner hat zu lange gezögert, endlich den notwendigen Umbau der tierhaltenden Landwirtschaft mit Aussicht auf mehr Beachtung des Tierschutzes zu beginnen. Jetzt darf es kein weiteres Zögern mehr geben“, erklärt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, zu der heute vorgelegten Machbarkeitsstudie und ergänzt: „Es geht um den gesellschaftlichen Wunsch nach mehr Tierwohl; um die notwendige Reparatur jahrzehntelanger Fehlentwicklungen in der Agrarpolitik. Julia Klöckner muss sich entscheiden: Regierungsamt oder Parteiamt, gesamtgesellschaftliche Verantwortung oder Klientelpolitik.“

Der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht in der Machbarkeitsstudie zum Umbau der Tierhaltung eine klare Bestätigung der Vorschläge des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung. „Der Umbau der Nutztierhaltung nach dem Konzept der Borchert-Kommission kann gelingen, wenn die Handlungsempfehlungen der Studie nun rasch und vor allem in Gänze umgesetzt werden“, erklärt Bernhard Krüsken, Generalsekretär des DBV. „Entscheidend ist zuerst, einen Umbau überhaupt baurechtlich möglich zu machen sowie ein tragfähiges langfristiges Finanzierungskonzept. Viele Landwirte stehen in den Startlöchern, brauchen aber dringend Planungssicherheit, wie dieser gesellschaftliche Konsens über die Art der Tierhaltung in Deutschland umgesetzt werden kann.“

Die Studie komme in Teilen zu anderen Vorschlägen der Finanzierung. Entscheidend sind hier aus Sicht des DBV zwei Faktoren: „Zum einen muss langfristige Verlässlichkeit der vorgeschlagenen Tierwohlprämien sichergestellt sein. Fünf oder sieben Jahre sind hier keine verlässliche Grundlage. Zum anderen ist für die vereinnahmten Mittel eine langfristige Zweckbindung erforderlich – das Geld muss dauerhaft dort ankommen, wo mehr Tierwohl entsteht, nämlich beim Landwirt“, so Krüsken. Nach Einschätzung des DBV muss der im Gutachten erwähnte Verlust von Fördermöglichkeiten bei Anhebung nationaler gesetzlicher Standards vermieden werden. In jedem Fall muss die Differenz zwischen niedrigeren EU-Vorgaben und den zukünftig sehr hohen heimischen Standards durch Förderprogramme ausgeglichen werden können. Ansonsten droht eine Verlagerung der Tierhaltung ins Ausland.

Positiv bewertet der DBV die Forderungen der Studie zum Baurecht für Tierwohlställe. Die Studie bestätigt die langjährige Forderung des DBV, wonach das Bau- und Umweltrecht Hand in Hand mit den fachrechtlichen Vorgaben zur landwirtschaftlichen Tierhaltung gehen muss und dem darüber hinausgehenden Umbau der Tierhaltung nicht im Wege stehen darf.

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