Die Adresse Theatinerstraße ist exklusiv: Mit der Maximilianstraße hat die Einkaufspassage Fünf Höfe eine der teuersten Einkaufsstraßen Münchens gleich im Rücken. Hier mischen sich Kunst, Kultur und Lifestyle. Geschäfte, Cafés, Restaurants und Büros bilden zusammen mit der Hypo-Kunsthalle einen eigenen Kosmos inmitten der lebhaften und sündhaft teuren Münchner Innenstadt. 2015 wurde der Rewe-Markt an der Theatinerstraße 14, im Viscardihof, umgebaut. Mit Rewe Premium ist ein einzigartiges Projekt entstanden. Bei Rewe will man ihn dennoch nicht als Flagshipstore verstanden wissen, sondern bezeichnet die Filiale als „Solitär“.
Hier ist etwas anders ...
Schon auf den ersten Blick zeigt sich, dass es sich hier nicht um eine Standardfiliale handelt: An der Rolltreppe ist eine Videoinstallation zu sehen, die in Lebensgröße Menschen in einem Paternoster zeigt. Dort spielen sich aberwitzige Situationen ab: Ein Pärchen isst zu Abend, ein paar Augenblicke später räumt jemand ein Weinregal ein. Wer länger hinschaut, wird den ein oder anderen Darsteller wiedererkennen: Da ist etwa der Mitarbeiter von der Fischtheke zu sehen oder auch Marktleiter Husein Dugonjic selbst: „Alle aus dem Paternoster arbeiten auch hier. Sie können sich auf diese Art viel mehr mit dem Laden identifizieren.“ Die Rolltreppe führt an großen Leinwänden vorbei: Man sieht zwei Finger, die eine feuerrote Erdbeere neben knallroten Lippen halten. Der Lippenstift des Models spiegelt die Farbe des Lebensmittels wider. Und dann, inmitten dieser vielfältigen optischen Eindrücke, endet die Rolltreppe vor einer Wand – an der still ein Wasserfall hinabfließt.
Eine Oase im Markt
Ringsum befinden sich Schnittblumen und Kräuter. Anfangs war es nicht einfach, eine Verbindung zwischen Blumen und Kräutern zu schaffen – die Ruhe-Oase am Eingang soll genau das erreichen. Direkt daneben blinkt in Blau, Grün und Rot eine Installation auf, die für noch mehr Ruhe sorgen kann – zumindest, solange sich der Shopper im Markt befindet: eine Handy-Ladestation mit abschließbaren Fächern. Das Start-up Powfox hat die Handy-Tankstelle entwickelt – zurzeit werden 12.000 Ladungen pro Woche registriert.
Noch bevor ein Kunde die erste Abteilung überhaupt betritt, stößt er auf das nächste Gadget: eine Spendenbox mit Desinfektionstüchern für die Einkaufswagen. Die wird rege genutzt, die Rolle mit 600 Tüchern wird alle zwei Tage nachgefüllt. Bei den Einkaufswagen handelt es sich um Rollis, auf die Körbe aufgesteckt werden. „Das ist viel handlicher, die Kunden können so bequemer einkaufen“, sagt Dugonjic. In der Obst- und Gemüseabteilung ist die Gefahr anzuecken aber ohnehin nicht allzu groß. Auf der ausladenden Fläche fassen einzelne Inseln die Themenwelten zusammen: Exoten, Obst und Gemüse aus der Region, Produkte aus Bio-Anbau. Eingefasst werden sie von geschwungenen Regalen, die hier und dort von Säulen durchbrochen werden.
Die Wegeführung ist verspielt und eher unstrukturiert, anders als der klassische Kundenlauf. Das ist gewollt: Die Kunden sollen nicht durch Schleusen gepresst werden. Der Clou: Die Säulen nimmt man kaum wahr, denn sie werden kurzerhand zur Staude umfunktioniert und dicht mit Bananen behängt. Eine Kundenbefragung hat ergeben, dass die Shopper sich gekühltes Obst für den Sofortverzehr wünschen. Die Temperatur der Kühlmöbel lässt sich deshalb je nach Ware individuell verstellen. Auf den Inseln befinden sich warenkundliche Informationen – und Platten mit frischem Obst zum Probieren, um Zusatzkäufe zu generieren. Neben den verschiedenen Gemüsesorten gibt es zusätzlich fertig gewaschenes und geschnittenes Gemüse in kleinen Portionen.
Die Türen der Kühlmöbel setzen ein weiteres Highlight: Sie öffnen sich automatisch, ohne Berührung. Das ist nicht nur hygienischer, sondern erleichtert den Mitarbeitern auch das Nachfüllen. Industrie-Convenience bietet der Markt zwar auch, allerdings nur fertig abgepackte Salate – die übrige Ware wird frisch zubereitet. Zum Beispiel die Schoko-Früchte. Eine weitere Besonderheit: Die getrockneten Pflaumen, Mangos und Nussmischungen stammen von der hauseigenen Eigenmarke.
Das Highlight aber ist die Salatbar. Für 100 verschiedene Salate hat die Theke Platz. Zubereitet werden sie von insgesamt fünf Mitarbeitern in der Schnibbelküche des Marktes. Kunden können ihre eigenen Rezepte mitbringen, die Salate werden dann in der Theke getestet. Nebenan wird Sushi frisch zubereitet. Auf Eigenproduktion setzt auch die Metzgerei – dort bereitet der Metzger täglich ein Fleischmenü zu – zum Beispiel die Klassiker Krustenbraten oder Hendl. „Viel Eigenproduktion ist gut für die Wertschöpfung“, ist der Marktmanager überzeugt.
Eine Fülle von Spezialitäten
In der Metzgerei findet sich eine Fülle von Spezialitäten: So hat Rewe Premium Fleisch des österreichischen Almo-Ochsen im Sortiment oder das Murnau-Werdenfelser Rind. Die vom Aussterben bedrohte Rinderrasse wird heute wieder gezüchtet, ihr Fortbestand ist auch von der Vermarktung des Fleisches abhängig. An der Fischtheke ruhen Langustenschwänze im Eis. Auch weiße und schwarze Trüffel kann man im Markt bestellen.
24.000 Kunden hat der Markt pro Woche. Die Klientel ist gehoben, der Durchschnittsbon liegt bei 9,35 Euro. „Unsere Benchmark ist der gehobene Feinkosthandel in München“, sagt Dugonjic. Das gehobene Ambiente soll sich auch im Layout des Marktes widerspiegeln. Inspiration dafür waren die Boutiquen der Einkaufspassage Fünf Höfe. Dort dominiert ein dezentes Grau, im Markt hat man sich für schwarz und grau entschieden. So werden die Farben der Lebensmittel stärker hervorgehoben – lebensfroher, findet Dugonjic. In der Metzgerei ist der Hintergrund in dunklem Granit gehalten.
Die Regale besitzen eine Unterbodenbeleuchtung, damit wirken sie, als ob sie schweben. In den Gängen mit dem Trockensortiment hat man sich nicht für Displays entschieden, sondern für Seitenbehänge. Regionale Produkte finden sich auch in dieser Abteilung: Kaffee von der Rösterei Mahlefitz. Auf dem Weg von der Obst und Gemüseabteilung in Richtung Patisserie sticht eine aufwendig gekrönte Granitsäule ins Auge: der richtige Platz für einen Hennessy Paradis Rare Cognac für knapp 900 Euro.
Der Weg aus dem Markt führt an der Käsetheke vorbei. Bevor es schließlich wieder nach oben geht, passieren die Kunden eine Reihe von gekühlten Schließfächern. Dort können sie zum Beispiel ihre gerade gekaufte Brotzeit verstauen. Einer von vielen Gründen, um wiederzukommen.