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Pflege im Bad: Zero Waste

Alternative Körperpflege erlebt in der Pandemie einen Aufschwung, die Umsätze steigen rasant. Besonders feste oder wiederbefüllbare Produkte nehmen immer mehr Platz im Badezimmer ein. So entwickelt sich der Markt, das sollten Händler beachten.

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Von Johanna Wies | Fotos: stock.adobe.com/brizmaker, Rundschau-Archiv, Withoutme, Unternehmen, Burkart Motions

Die Menschen konsumieren immer bewusster und achten zunehmend darauf, möglichst wenig Müll zu produzieren. „Die Käufer von Körper- und Schönheitspflege suchen heute vor allem Produkte, denen sie vertrauen können, und sind sehr gut informiert. Es gewinnen Konzepte und Marken, die ihre eigenen ethischen Wertvorstellungen widerspiegeln,“ sagt Mirja Eckert, Geschäftsführerin der Agentur für strategische Zukunftsthemen The New. „Menschen widmen sich verstärkt dem Konsum, der ihnen Identität stiftet. Körper- und Schönheitspflege soll das eigene Wohlbefinden fördern, aber auch der Umwelt guttun.“ Die hohe Innovationskraft der Kosmetikbranche ist momentan über alle Produktgruppen und Vertriebskanäle hinweg spürbar. Insbesondere „Zero Waste-Produkte“, also Produkte mit möglichst wenig bis zu gar keiner Verpackung, und „Refill-Konzepte“ zahlen auf das steigende Bedürfnis nachhaltiger Produkte ein, erklärt die Expertin.

Durch neue Formate Plastik sparen

Auch in der Pandemie wird Naturkosmetik stark nachgefragt und bleibt der Wachstumstreiber in der Kosmetikbranche. Das Thema wird immer mehr vorangetrieben, nicht mehr nur von Nischen-, sondern auch von großen, globalen Marken. Laut dem Marktforschungsinstitut IRI (2022) steigen die Umsätze der neuen Formate: In der Kosmetik nehmen die festen Formate immer mehr zu – feste Shampoos verzeichnen einen Umsatzanstieg auf 30.5 Millionen Euro und auf einen Anteil von knapp vier Prozent des gesamten Shampoo-Marktes 2021.

Zudem gewinnen Refills, also Nachfüll-Packs, zunehmend an Bedeutung. In der Kosmetik ist dies besonders im Bereich Haarpflege sichtbar: Der Umsatz für auffüllbare Shampoo Flaschen und die dazugehörigen Refills stieg im Jahr 2021 um circa 110 Prozent (IRI, 2022).

Im LEH sind diese Refill-Konzepte noch nicht sehr sichtbar, berichtet Mirja Eckert. Nachfüllstationen im Körperpflegebereich werden eher in Drogeriemärkten und im Biofachhandel erprobt – oder im eigenen Markenstore sowie Refill-Varianten über das Internet angeboten. Doch auch im deutschen LEH erkennt sie erste Tendenzen zu Refill-Verpackungskonzepten, insbesondere Flüssigseifen und Shampoos bieten sich hier an und sind im LEH bereits vereinzelt zu finden, wie zum Beispiel Speick Flüssigseife.

Das Start-up Withoutme aus Heilbronn bietet flüssiges Bio-Shampoo in Mehrweg-Edelstahlflaschen an. Diese werden am Automaten in mittlerweile fünf Edeka-Märkten oder online abgefüllt. Die Kräuterpflege ist auch als Duschgel verwendbar. Gründerin Steffanie Rainer: „Ich merke, dass die Kunden Qualität wollen. Sie können das Auffüllen der Flasche in ihrem alltäglichen Bedarf integrieren. Hierbei sind viele Familien, denen der Minimalismus gefällt,“ sagt Rainer. Derzeit plant sie einen Nachfüll-Pack aus 100 prozentig recycelbarem Plastik. Somit erleichtert sie das Nachfüllen für die Kunden, die noch keine Station in der Nähe haben. Ihr Ziel ist es, das Produkt deutschlandweit im LEH anzubieten. Außerdem möchte sie mit den Automaten ein Erlebnis schaffen. „Und wir sehnen uns ja mehr nach Gemeinschaft, Kommunikation und Erlebnissen. Meine Maschine soll auch ein Erlebnis sein,“ so Rainer. Ihre Automaten seien sogar ein Anreiz für Kunden, die vorher noch nicht im Markt waren. Zudem sind eine kleinere Flasche als auch ein Conditioner in Planung.  

Doch auch bei den großen Herstellern tut sich einiges. So hat Procter & Gamble Beauty im Mai 2021 „Refill the Good” eingeführt, sein erstes Nachfüllsystem für Shampoos der Marken Pantene Pro-V, Head & Shoulders und Herbal Essences. Das System besteht aus einer hochwertigen, wiederverwendbaren Aluminiumflasche und einem reycelbaren Nachfüllpack, mit dem sich 60 Prozent Plastik gegenüber einer regulären Shampoo Flasche einsparen lässt.

Auch Nicola Surholt, Head of PR bei Henkel Beauty Care bestätigt den Trend neuer Anwendungsformen wie feste Pflegen oder Nachfüllpacks. „Grundsätzlich schauen Konsumenten heute immer stärker auf die Inhaltsstoffe in ihren Produkten und kaufen verantwortungsbewusster ein.“ Einer aktuellen Puls-Befragung zufolge ist Nachhaltigkeit das Nr. 1 Kaufkriterium für Nature Box Konsumenten im Alter von 20-45 (Kantar, 2021).

Dies spiegelt sich in der auch in der positiven Entwicklung von Nature Box in 2021 im Vergleich zum Vorjahr wider. Unter der zertifizierten Naturkosmetikmarke bietet Henkel mittlerweile fünf feste Shampoo- und zwei feste Spülungen sowie drei feste Duschpflege-Varianten an.  Im März wurde das Haarpflege-Sortiment um Nature Box Hanf Liquid Shampoo und Hanf Festes Shampoo ergänzt. Zudem gibt es seit April 2021 drei feste Schauma-Varianten mit veganen Formeln in einer recycelbaren Papierfaltschachtel. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Anbietern, von Kopf bis Fuß, sei es feste Haarseife, Conditioner, feste Dusche oder Bodybutter. Das Naturkosmetikunternehmen Weleda bringt im Sommer feste Duschen mit biologisch abbaubarer Formulierung und vier verschiedenen Düften auf den Markt.

Im Sommer 2022 bringt Weleda feste Duschen mit biologisch abbaubarer Formulierung auf den Markt. Die vier Duftkompositionen aus hochwertigen ätherischen Ölen und Pflanzenextrakten umfassen die Düfte Ingwer, Geranium oder Lavendel und Ylang Ylang. Die Kartonverpackung hat einen Recyclinganteil von mindestens 55 Prozent und sind zudem frei von Plastik. Die feste Duschpflegen werden nach Angaben des Unternehmens ab der Kalenderwoche 30 flächendeckend im Handel erhältlich sein.

Das Thema Nachhaltigkeit rückt bei der Kaufentscheidung von Verbrauchern zunehmend in den Vordergrund. Aber wie können die Käufer feststellen, welche Auswirkungen ein Produkt auf die Umwelt hat? Zumindest im Bereich Kosmetik wird es bald möglich sein, Produkte anhand klarer, transparenter und wissenschaftsbasierter Informationen zu vergleichen:  36 Unternehmen und Verbände aus dem Bereich der Schönheits- und Körperpflege haben sich im neu gegründeten internationalen Zusammenschluss EcoBeautyScore Consortium zusammengetan und entwickeln gemeinsam ein Bewertungssystem, um den Umweltfußabdruck eines kosmetischen Produkts vergleichbar darzustellen. Das einheitliche Bewertungssystem basiert auf den Prinzipien des PEF (Product Environmental Footprint) der Europäischen Union, einer wissenschaftlichen Methode, um den produktspezifischen Umweltfußabdruck zu berechnen. Hierbei wird auf Daten zu den Umweltauswirkungen von Rohstoffen, Verpackungen sowie der Produktanwendung zurückgegriffen. Ein erster Prototyp ist für Ende 2022 geplant. Als Mitglied beim EcoBeautyScore Consortium unterstützt auch der Kompetenzpartner Schönheitspflege im Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e. V. (IKW) dieses Vorhaben. 

Nachhaltige Lebensweisen sind bereits heute über alle Gesellschaftsschichten hinweg spürbar und werden sich in unserer Gesellschaft laut Mirja Eckert zunehmend etablieren. Hinzu kommen sogenannte Mega-Trends, wie Gesundheit, demografischer Wandel und Digitalisierung, die Einfluss auf unser Werteportfolio nehmen. „Unsere Kaufmotive werden dadurch geprägt. Der Markt für Körper- und Schönheitspflege ist ein Käufermarkt. Es ist davon auszugehen, dass die Körper- und Schönheitspflege für uns auch weiterhin einen hohen Stellenwert einnehmen wird – vor allem nachhaltige Produktkonzepte, die zusätzlich zu Inhaltsstoffen glaubwürdige Gesamtpakete anbieten.“

 

Was sollten Händler beachten? Tipps für den PoS!

Zunächst gilt es am Ball zu bleiben, empfiehlt Expertin Mirja Eckert. Wichtig ist eine kontinuierliche Überarbeitung des Sortiments für Körper- und Schönheitspflege unter Berücksichtigung der sich verändernden Kaufmotive und zahlreichen neuen nachhaltigen Konzepte. Das Ziel sollte sein, weg vom angebotsgetriebenen Sortimentsportfolio und hin zur mittel- und langfristigen Sortimentsbewirtschaftung nachhaltiger Kosmetiksortimente zu gehen.

Menschen suchen nach Handelsformaten und Produktkonzepten, denen sie vertrauen können. Hierfür gilt es, eine glaubwürdige strategische Sortimentsausrichtung und kein Greenwashing, auch im Eigenmarken-Bereich, zu berücksichtigen.

Zudem sollten am PoS digitale Tools gezielt zum Einsatz kommen, um Transparenz und Hintergrundinformationen rund um das Sortiment zu verbessern, hin bis zum Sortimentsausbau in Form einer verlängerten „Ladentheke“. Hierfür können Händler ein Terminal aufstellen, an dem das gesamte Sortiment vor Ort als auch weitere lieferbare Artikel gezeigt werden können, ähnlich wie in einem Online-Shop. Je nach Handelsformat ist ein digitaler Wissenstransfer für das Ladenpersonal möglich.

 

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