Angesichts der Steigerung der Lebensmittelpreise im Durchschnitt von über zwölf Prozent und einer Inflationsrate von knapp sechs Prozent im Jahr 2023 reagierten Konsumenten mit Sparsamkeit und Freude an Aktionsware. Andererseits verlangen sie zunehmend regionale Produkte und möchten nicht, dass das Thema Nachhaltigkeit völlig ins Hintertreffen gerät. Für den Handel bedeutet das: Das Gewinnpotenzial unbedingt im Auge behalten – am besten durch eine Preisgestaltung, die so professionell wie möglich ist. Denn hier ist die Chance, den Gewinn zu erhöhen, am größten – wenn der Kunde für sich Nutzen im Produkt erkennt.
Niedrigere Absatzmengen verkleinern den Gewinn des Kaufmanns, wenn sich die Konsumenten zurückhalten. Das ist die aktuelle Situation. Wie kann man als Händler den Gewinn erhöhen?
Es gibt nur drei Gewinntreiber: Preis, Absatzmenge und Kosten. Wenn die Absatzmengen sinken, können Unternehmen dies nur ausgleichen, indem sie im Durchschnitt höhere Preise am Markt durchsetzen.
Welcher dieser drei Gewinntreiber ist am ehesten Erfolg versprechend?
Gewinn ist Absatzmenge mal Preis minus Kosten. Studien zeigen, dass der Preis mit Abstand der wichtigste Gewinntreiber ist. Seine Bedeutung ist höher als eine Verbesserung der Fixkosten, der Absatzmengen oder der variablen Kosten. Von diesen Gewinntreibern hat der Preis laut Studien das größte Gewinn-Wirkungspotenzial.
Preiserhöhungen führen bei vielen Konsumenten zu negativen Reaktionen. Viele kaufen dann eher beim Discounter, Preiseinstiegsprodukte oder Angebotsware …
Aktuell ist ein professionelles Preismanagement wichtiger denn je, und zwar für Hersteller und Händler.
Nennen Sie bitte Beispiele, wie sich Preisänderungen konkret auf den Deckungsbeitrag und auf den Gewinn auswirken.
Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen. Zuerst müssen die Unternehmen die Höhe des Deckungsbeitrags auf Produktebene feststellen. Gehen wir aus von einer 500-Gramm-Packung Spaghetti mit einem Deckungsbeitrag von 25 Prozent und einem Verkaufspreis im Handel von 1,59 Euro. Senkt der Handel jetzt den Preis um zehn Prozent von 1,59 Euro auf 1,43 Euro, muss die verkaufte Menge um 66,7 Prozent – also um zwei Drittel, machen wir uns das klar! – erhöht werden, um den gleichen Gesamtdeckungsbeitrag für dieses Produkt zu erzielen.
Geht man vom umgekehrten Fall einer Preiserhöhung von zehn Prozent aus, sodass die Packung Spaghetti statt 1,59 Euro nun 1,75 Euro
kosten würde, kann die verkaufte Menge um rund 28,6 Prozent zurückgehen, und man erhält dennoch den gleichen Gesamtdeckungsbeitrag für dieses Produkt.
"Aktuell muss man die Cross-Selling-Effekte bei viel Promotionware kritischer hinterfragen."
Martin Fassnacht
Wie ist Ihre Meinung zu Cross-Selling?
Wir müssen uns diese Größenordnung immer wieder verdeutlichen, auch weil wir in Märkten mit sinkenden Absatzmengen unterwegs sind. Die oft unterstellten Cross-Selling-Effekte auf andere Produkte, wenn man einzelne Produkte stark auf Promotion setzt, sind kritischer als in der Vergangenheit zu hinterfragen. Verbraucher sind noch preissensibler geworden. Relativ gesehen kaufen sie weniger Produkte auf Normalpreisniveau als in der Vergangenheit.