Produktion ohne Schichtberührung, Übergaben telefonisch oder per Webmeeting, deswegen Segmentierung des Unternehmens produktionsseitig in dreizehn Teilbetriebe – die Corona-Hygieneregeln waren für das Molkereiunternehmen aus Freiburg eine Herausforderung. Wie geht es weiter?
Herr Schneider, Sie sagen, bei Corona gebe es keine Gewinner. Für Schwarzwaldmilch und Black Forest Nature war die Zeit höherer Umsätze keine Zeit des Gewinnens?
Mittel- und langfristig wird es keine Gewinner geben. Die kurzfristige Überhitzung in manchen Branchen war für die Unternehmen auch mit entsprechenden Kosten verbunden. Darüber hinaus droht durch Investitionsstopps, Kurzarbeit und höhere Arbeitslosenzahlen eine wirtschaftliche Eintrübung – das kostet vielleicht nicht heute, aber spätestens morgen und übermorgen Kaufkraft.
Überdenken Sie angesichts der aktuellen Situation und mit Blick auf die sinkende Kaufkraft das Sortiment?
Was Angebotsgrößen und -typiken betrifft, werden wir keine Veränderungen oder Anpassungen vornehmen. Wir sind mit unserer qualitätsfundierten Markenausprägung im Markt gut aufgestellt. Wir entwickeln uns sowohl regional als auch überregional sehr gut. Unsere Konzeption verbindet Herkunft und Trends – Weidemilch, Bio-Milch, Bio-Heumilch und LAC gewinnen immer mehr Käufer. Die Konsequenz unserer Marktausrichtung wird von unseren Kunden honoriert. Der authentischen Interpretation unserer Markenprodukte wird auch nach vorne hin viel Raum gegeben, aber immer mit dem Qualitäts- und Herkunftsversprechen, für das unsere Marke steht.
Wie lief die Produktion in den ersten Corona-Wochen, Stichwort Hamsterkäufe? Wie entwickelt sich der Kostenfaktor?
Während der Zeit der Bevorratungskäufe mussten wir aufgrund der hohen Nachfrage die Produktion steigern. In Bereichen, die bis dahin zweischichtig waren, haben wir den Dreischichtbetrieb eingeführt und auch sonntags produziert. Wir hatten also starke Personalkostensteigerungen. Da wir mehrwegorientiert sind, musste die Beschaffung von Leergut aus dem Handel intensiviert werden. Damit die Produktion weiterlaufen konnte, mussten wir zum Teil selbst für kleinste Mengen Leergutabholungen organisieren – das ist sehr kostenintensiv. Außerdem gab es auch bei Weichpackungen Beschaffungsprobleme. Zukaufbarer Frachtraum war extrem begrenzt und dementsprechend teuer.
Milch hat heute nicht mehr den Stellenwert wie in den 50er-Jahren. Auch Schwarzwaldmilch versucht mit Nachhaltigkeits- und Regionalthemen gegenzusteuern. Welche Herausforderungen für die Zukunft gibt es?
Man muss sich den signifikanten Veränderungen im Markt stellen. Milch ist ein hervorragender Rohstoff, der völlig zu Unrecht in manchen Ausprägungen unter Druck gerät. Das heißt nicht, dass man sich marktrelevanten Themen nicht stellt. Es wäre nur zu kurz gegriffen und wir würden der unternehmerischen Verantwortung nicht gerecht, wenn wir uns dogmatisch ausschließlich mit Milch befassen würden. Wir sind und bleiben im Schwerpunkt Milchveredler. Unsere DNA ist Milch, neue Trends müssen wir jedoch erkennen und bewerten.
Das Thema Vegan ist solch ein Trend?
Ja. Obwohl Qualifizierungsstufen wie Bio-, Weide- und Heumilch wachsen, hat die ganze Branche im letzten Jahr im Bereich der haltbaren Trinkmilch circa 3,5 Prozent verloren. Bei einem Vier-Milliarden-Segment sind das 140 Millionen Kilogramm, das ist also kein kleiner Schluck. Gleichzeitig wachsen Milchalternativen seit 2016 jährlich im Durchschnitt um 25 Prozent. Sie greifen die Trinkmilch direkt an. Weitere Themen wie Sahne und Käse werden folgen. Wir haben inzwischen Landwirte, von denen wir Milch und nun eben auch den Hafer für unseren Velike Bio Haferdrink beziehen. Diese Symbiose aus Hafer und Milch ist kreislaufwirksam für die Region und zahlt insofern zweifach (Haferpreis und Milchpreis) auf die Landwirtschaft im Schwarzwald ein – „Wagenburgdenken“ nehmen wir nicht wahr. Für die Entwicklung des Unternehmens ist das Offensein für Veränderungen ein absolutes Muss. Das bedeutet, sich mit Veränderungen zu beschäftigen und Antworten zu geben. Das ist der entscheidende Punkt: Wenn die Erkenntnis gegeben ist, muss aus der Erkenntnis heraus auch zwingend ein konkretes Handeln folgen.
Nachhaltigkeit und Transparenz spielen für Verbraucher eine immer größere Rolle. Wie beantworten Sie diese Fragen der Konsumenten?
Wir denken nicht nur an heute und morgen, sondern in Generationen und Enkelfähigkeit. Schwarzwaldmilch übernimmt ganzheitliche Verantwortung für eine nachhaltigere Milchwirtschaft. Auf der unmittelbaren betrieblichen Ebene der Molkerei haben wir bereits zahlreiche Verbesserungen in den Dimensionen Umwelt, Klima und Ressourcen erzielt, beispielsweise bei den Themen Verpackungen, CO2-Emissionen sowie Energie- und Wasserverbrauch.
Was bedeutet das konkret?
Ein fairer, existenzsichernder Milchauszahlungspreis gehört dazu, und wir erarbeiten im Dialog mit den Landwirten auch in Bezug auf die Landwirtschaft vielfältige Maßnahmen und bringen diese in die Umsetzung. So ist beispielsweise seit dem 1. Juli Glyphosat auf allen Flächen, auf denen Futtermittel für den Milchviehbereich angebaut werden, verboten. Zukauffuttermittel für den Milchviehbereich dürfen ebenfalls seit dem 1. Juli ausschließlich aus europäischem Anbau stammen. Zahlreiche Zertifizierungsthemen wie Ohne Gentechnik, Bioland und unsere strengen Weidemilchkriterien haben wir bereits verwirklicht.
Dem Transparenzthema werden wir beispielsweise durch unser Transparenzsiegel auf der Bio-Heumilch gerecht: Der Verbraucher muss lediglich den QR-Code einscannen und erhält zahlreiche dynamische Informationen zu seiner Milch. Schwarzwaldmilch wird auch in den kommenden Jahren mit ambitionierten Zielen einen Beitrag zur verantwortungsvollen und transparenten Wertschöpfungskette Milch leisten.