"Die letzten beiden Jahre haben gezeigt, dass Tabakwaren riesige Umsatzbringer sind und gute Erträge garantieren."
Guido Kylau, Key Account Manager Arnold André
THEMA1: Status Quo
Trotz neuer Krisen wirkt Corona noch immer nach. Wie sind Sie durch die Pandemie gekommen und wie hat sich das Verhalten der Konsumenten verändert?
Bernd Lutter (Reemtsma): Wir haben zwei ganz gute Jahre gehabt und viel gelernt. Als die Grenzen zu unseren östlichen Nachbarn geschlossen waren, hat sich einerseits gezeigt, wie viel dort gekauft wurde. Dadurch erlebten wir das erste Jahr ohne klassischen Umsatzrückgang. Andererseits konnten unsere mehr als 160 Außendienstmitarbeiter ihre LEH-Kunden fast ein Jahr nicht besuchen, weshalb wir auf virtuelle Betreuung umgestellt haben. Nach Ende des Lockdowns und Wiederöffnung der Grenzen sind die Kunden preissensibler geworden.
Guido Kylau (Arnold André): Die Tabakbranche ist sicher kein Verlierer der Pandemie. Wir waren immer voll lieferfähig, sogar während der Hochphase. Die letzten beiden Jahre haben zudem gezeigt, dass Tabakwaren riesige Umsatzbringer sind und gute Erträge garantieren.
Lutter: Der LEH hat sich während des Lockdowns größter Beliebtheit erfreut. Den Kunden wurde bewusst, welche Vorteile es hat, wenn man zum Einkaufen nur kurz um die Ecke gehen muss.
Guy-Daniel Grobe (Philip Morris): Ein Fazit der Pandemie ist, dass alle Partner während dieser Zeit an Agilität zugelegt und einen sehr guten Job gemacht haben.
Laut Debra-Studie hat sich die Raucherquote von 2020 bis heute von 26,5 auf 35,5 Prozent erhöht, laut Statistischem Bundesamt ging der Verbrauch hingegen zurück. Wie ist Ihre Wahrnehmung?
Grobe: Die in der Debra-Studie beobachteten Erkenntnisse zum Rauchverhalten können wir nur bedingt teilen. Der zu beobachtende positive Trend lässt eher auf einen Corona-Effekt schließen.
Kylau: Auch die Zahlen des Zigarrenverbands weisen ein Minus aus. Allerdings muss man sich unseren Markt genau anschauen. Bei handgerollten hochpreisigen Zigarren haben wir seit Jahren ein starkes Wachstum. Bewusste Genießer sind bereit, mehr Geld auszugeben. Der Markt für Eco-Zigarillos weist dagegen ein Minus aus, weil wir stark von der Mindeststeuer betroffen sind. Für preis-
sensible Konsumenten macht es einen Unterschied, ob sie 2,50 oder 3,50 Euro bezahlen.
Lutter: Auch bei Zigaretten gibt es inzwischen eine große Spreizung. Während Premiummarken wie Gauloises ihre Marktanteile behaupten konnten, hat sich der Druck auf das Niedrigpreissegment erhöht. Da müssen wir uns neu erfinden, zum Beispiel mit unserer Pricefighter-Marke Paramount.
Die Tabakbranche steht seit langem unter besonderer Beobachtung. Welche Regulierungsmaßnahmen bereiten Ihnen derzeit am meisten Kopfschmerzen?
Kylau: Ab Mai 2024 greift bei uns Track & Trace, obwohl das Thema Schmuggel Zigarren und Zigarillos überhaupt nicht betrifft. Dennoch mussten wir uns als klassischer Mittelständler mit diesem Bürokratiemonster beschäftigen, das sehr, sehr hohe Kosten verursacht. Inzwischen sind wir top vorbereitet, ich befürchte aber, dass einige kleinere Hersteller vom Markt verschwinden werden, weil sie diese riesige Herausforderung nicht stemmen können.
Lutter: Der Branche steht die Umsetzung der EU-Einwegkunststoffverordnung bevor. Ab 2025 muss die Industrie für die Entsorgung der im Vorjahr weggeworfenen Kippen bezahlen. Dabei wird einfach eine Summe in den Raum geworfen. Anfangs waren das 270 Millionen Euro,
aufgrund unserer Studien wurde die Summe auf 200 Millionen Euro reduziert. Dadurch konnten wir auch die Kosten für den Handel etwas abfedern. Natürlich ist es wichtig, nachhaltig zu denken. Das tun wir auf vielfältige Weise. Zum Beispiel haben wir die Idee, Taschenaschenbecher zu verteilen, wiederbelebt, damit weniger Kippen auf der Straße landen. Auch bei dem immensen Plastikbedarf, um die Frische der Produkte zu gewährleisten, muss die Branche neue Wege gehen.