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„Wir verzichten auch auf Business“

Die Frage nach Preisspielchen stellt sich für Coppenrath & Wiese-Chef Peter Schmidt nicht. Ansonsten kommt es eben nicht zum Business. Ein Gespräch über Konsequenz und Blaubeerkuchen.

Peter Schmidt, Coppenrath & Wiese, Interview, Rundschau, Medialog
Seit der Übernahme durch Oetker lenkt Peter Schmidt Coppenrath & Wiese weiter. Der 55-Jährige ist ein Bielefelder Eigengewächs. Angeregt durch Investitionen soll er die Mettinger zu mehr Wachstum führen. Foto: R. Rosendahl
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Von L. Schuppan

Es tut sich was in Mettingen. Während Peter Schmidt mit uns über Wachstumsstrategien spricht, bewegen sich im Hintergrund die Baukräne. Das neue Verwaltungsgebäude soll ab Mitte des Jahres stehen. Noch sitzen die Kollegen im 20 Kilometer entfernten Osnabrück, das kostet Nähe. Ein drittes Produktionsgebäude soll im Herbst 2018 in Betrieb gehen. Bis dahin muss der Marktführer noch potenzialorientiert denken, denn die Produktionskapazitäten sind am Limit angelangt – viele Ideen verweilen in der Schublade. Durch den Einstieg von Oetker und dessen Finanzspritze entsteht eine Win-win-Situation, denn die Bielefelder können durch Coppenrath weitere europäische Länder (be-)speisen.

Herr Schmidt, Sie sind vor rund einem Jahr von Oetker zu Coppenrath & Wiese gewechselt. Wie spürbar ist der Eignerwechsel für Coppenrath?
Schmidt: Geändert hat sich nicht viel – jedenfalls nicht merklich. Coppenrath & Wiese bleibt selbstständig. Was es gibt, ist ein klares Commitment des neuen Inhabers in Sachen Wachstumsstrategie. Hierzu stellt Bielefeld die nötigen finanziellen Ressourcen bereit.

Überall stehen Baukräne. Ist das schon der erste Investitionsschub?
Schmidt: Ja. Da entstehen zwei große Objekte – Verwaltung und Produktion, denn wir müssen in Zukunft einfach besser auf die Marktsituation reagieren.

Was heißt das?
Schmidt: Wir produzieren alles von Mettingen aus. Um wachsen zu können, müssen wir unsere Kapazitäten allerdings signifikant erweitern. Wir haben eine Vielzahl von Ideen, die wir bislang schlichtweg nicht realisieren konnten. Wir müssen da sehr potenzialorientiert denken.

Wo sehen Sie denn noch Potenzial?
Schmidt: Deutschland ist und bleibt unser Schwerpunkt. Wir wollen aber auch in England wachsen und in weiteren europäischen Ländern – dann allerdings über das Oetker-Netzwerk. Da werden wir als Produzent aktiv sein. Die strategische Markenführung liegt bei Dr. Oetker.

Wie laufen die Geschäfte aktuell?
Schmidt: Wir gehen davon aus, dass wir 2016 die 400-Millionen-Umsatz-Marke geknackt haben. Unsere Wachstumssegmente entwickeln sich mit zweistelligen Zuwachsraten, insbesondere unsere Blechkuchen, die Desserts aber auch das Brötchengeschäft.

Sie sind in der Sparte TK-Backwaren unangefochtener Marktführer. Auf der anderen Seite bespielen Sie auch das Handelsmarkengeschäft. Wo ziehen Sie die Kannibalisierungsgrenze?
Schmidt: Handelsmarken fordern die gesamte Warengruppe Tiefkühlkost. Es gibt TK-Segmente mit einem Handelsmarkenanteil von 70 Prozent. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, dass uns das eben nicht passieren darf. Wir stehen bei knapp 47 Prozent Marktanteil bei Tiefkühlbackwaren, wir haben gerade wieder zwei Prozentpunkte dazugewonnen – ich sehe hier also keinerlei Kannibalisierungsprobleme.

Wonach entscheiden Sie, was Sie für die Handelsmarke öffnen?
Schmidt: Wir sind durch und durch ein Markenartikler – mit drei dicken Ausrufezeichen. Wir sehen noch genügend Wachstumspotenzial für die Marke. Erst wenn wir in unserer Alleinstellung angegriffen werden, etwa durch einen anderen Marktteilnehmer, definieren wir, welche Maßnahmen wir treffen – und zwar erst mal mit der Marke. Die Frage nach Handelsmarke stellt sich für uns erst ganz zum Schluss.

Wie schaffen Sie es, bei Ihren Premiumprodukten preisstabil zu bleiben?
Schmidt: Das haben wir ja nun nicht in der Hand, aber wir haben eine Haltung: Wenn wir nicht zu einem adäquaten Preis verkauft werden, verzichten wir auf Business. Da sind wir konsequent.

Wo holen Sie sich eigentlich die Ideen? Mettingen ist ja nun nicht gerade der Trend-Nabel der Welt.
Schmidt:(lacht) Da unterschätzen Sie uns Mettinger … Ideen müssen nicht immer aus Metropolen kommen. Bei uns kommt viel von den Mitarbeitern, aber auch aus den sozialen Medien ziehen wir immer wieder einige Ansätze heraus.

Was war der letzte richtige Flop?
Schmidt: Das war eine laktosefreie Sahneschnitte. Die hat überhaupt nicht funktioniert. Und es gab wohl auch mal einen Bio-Kuchen, der war auch nicht gerade wirklich erfolgreich.

Tiefkühlkost am PoS – für viele Hersteller ein abendfüllendes Thema, da die Vorstellungen weit auseinandergehen. Was wünschen Sie sich?
Schmidt: Die Truhenkapazitäten für unser Segment können nie groß genug sein. Auch die Gestaltung der Abteilung könnte durchaus wärmer werden – die Kunden müssen emotional angesprochen werden. Und als Markenartikler treibt uns natürlich immer der Preis um. Es ist uns wichtig, dass sich die Innovationen, die wir als Markenartikler leisten, für alle Beteiligten wertschöpfend auswirken.

Worauf freuen Sie sich in Ihrem zweiten Jahr bei Coppenrath?
Schmidt: Wir verlegen ja gerade die Verwaltung von Osnabrück nach Mettingen, was mehr Nähe bedeutet. Ich verbringe viel zu viel Zeit unterwegs, das wird sich ändern. Verwaltung, Vertrieb und Produktion sind dann endlich an einem Standort. Ich bin sicher, dass uns das ordentlich voranbringt.

An welchem Ihrer eigenen Produkte kommen Sie nicht vorbei?
Schmidt: Ganz klare Sache: an Blaubeerkuchen und Torte.

Peter Schmidt, Coppenrath & Wiese, Interview, Rundschau, Medialog
Seit der Übernahme durch Oetker lenkt Peter Schmidt Coppenrath & Wiese weiter. Der 55-Jährige ist ein Bielefelder Eigengewächs. Angeregt durch Investitionen soll er die Mettinger zu mehr Wachstum führen. Foto: R. Rosendahl

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