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Store-Check Edeka Rees, Freiburg-Brühl: Alles anders als gewohnt

Auf der Fläche eines ehemaligen Güterbahnhofs eröffnete Michael Rees Mitte März seinen mittlerweile neunten Markt. Hier erlebte er in den ersten Monaten eine echte Überraschung.

Frisches Obst und Gemüse ist im Markt prominent am Eingang positioniert. Besonderer Wert wird hier auf Regionalität gelegt. Foto: Stefanie Brückner
Von Jenny Rommel | Fotos: Stefanie Brückner

Das ganze Gebiet hier war ein alter Güterbahnhof und da waren lauter uralte Hallen mit Graffiti. Ein brachliegendes Gelände über Jahrzehnte mit einem alten Güterbahnhof. Das haben wir versucht, hier wieder aufzunehmen. Diese Steinoptik, viel Metall“, so Michael Rees über seinen kürzlich eröffneten Edeka Markt inklusive hauseigener Bäckerei in Freiburg-Brühl.

Er befindet sich im Erdgeschoss der sogenannten Quadriga, einem Gebäudekomplex mit vier Wohntürmen. Umgeben ist diese von zahlreichen neu gebauten Wohnhäusern und Büros. Auch Kindergärten sind vorhanden. Das ganze Gebiet ist quasi aus dem Nichts entstanden, hat keine Vorgeschichte, keine gewachsenen Strukturen.

Hauptsächlich wohnen dort junge Leute, junge Pärchen. Und diese jungen Menschen gehen anders einkaufen. Denn wenn der Kaufmann nach Eröffnung seines neunten Marktes mit einer Fläche von knapp 1.112 Quadratmetern etwas gelernt hat, dann: „Dass alles ganz anders ist als das, was wir bisher kennengelernt haben. Die ganzen Abläufe sind anders, die ganze Haupteinkaufszeit. Sortimentstechnisch haben wir hier Dinge wie die Salatbar, die müssen wir mittags zwei Mal komplett füllen. Das haben wir sonst nirgends. Wir machen unseren Job ja auch nicht erst seit gestern.“ 


"Sortimente wie die Salatbar, die müssen wir mittags zwei Mal komplett füllen. Das haben wir sonst nirgends.“ 

Michael Rees, Edeka Kaufmann


Ungeahnte Erkenntnisse

Geöffnet hat der Markt in Freiburg-Brühl Montag bis Samstag von 8 bis 21 Uhr, der Backshop von 7 bis 19.30 Uhr. Allerdings: „Vor elf Uhr müssten Sie normalerweise gar nicht aufmachen. Sie brauchen hier in der Frühschicht fast keine Leute. Sonst ist es ja andersrum, da haben Sie in der Frühschicht zwei Drittel. Hier müssen Sie es gerade umkehren. Um elf geht so ein bisschen, da kommen viele, die hier drumherum arbeiten, in Kliniken etc. Über den Mittag ist richtig viel los. Zwischen 14 Uhr bis 16 Uhr haben wir wieder ein Loch. Und abends ist wieder viel los, da laufen drei Kassen.“

Wenn jemand jedoch vor acht Uhr schon etwas braucht, hat Michael Rees nichts dagegen. Schließlich sind seine Mitarbeiter bereits ab sieben Uhr am Morgen damit beschäftigt, Obst einzuräumen: „Wenn dann schnell jemand eine Zeitung möchte, dann kann er sie auch haben, kein Problem.“

Aufgrund seiner Vorgeschichte setzt der neunte Markt von Michael Rees in puncto Design auf das Thema Bahnhof. Dieses Konzept zieht sich in liebevoller Detailarbeit durch den gesamten Markt. Angefangen am Sitzbereich der Bäckerei am Eingang, die aufgrund der Fitnessstudios in der Nähe auch Proteinnahrung anbietet, bis hin zur Spezial-Tapete. Denn eine Graffiti-Tapete über Kühlschränken und Regalen sorgt für den besonderen Schliff.

Anfangs war Michael Rees davon wenig begeistert: „Da hat sich mein Sohn durchgesetzt. Das fand ich erst ganz schrecklich, mittlerweile gefällt es mir sogar. Passt halt genau in dieses Gebiet. Ich würde mich jetzt nicht trauen, in Waldkirch so etwas zu tun.“ Nicht der einzige Einfall, den Sohn Marius mit einbrachte: „Ich habe mich da komplett rausgehalten. Weil ich wollte, dass er wirklich mal einen Markt gestalten kann, wie er sich das vorstellt. Ich war erst erschrocken, als diese Geschichte kam, aber irgendwo ist es schon cool“, so der stolze Vater.


"Wir sind Leute aus der Region und das wollen wir auch widerspiegeln.“ 

Michael Rees, Edeka Kaufmann


Der Kaufmann setzt in seinen Märkten vor allem auf Frische und Bio. So liegt der Gesamtfrische-Anteil mit MoPro bei rund 15 Prozent, der Frischeanteil am Umsatz mit Bäcker bei circa 19 Prozent. Auch regionale Ware ist dem Selbstständigen wichtig: „Ich bin hier aus der Ecke, tief verwurzelt. Wir sind Leute aus der Region und das wollen wir widerspiegeln.“ Darum gibt es im Markt einen Aufsteller mit Schwarzwald-Schokolade und als bekennender SC Freiburg-Fan auch einen Merchandise-Aufsteller.

Bio, veggie und vegan ist ein Riesenthema, daher hat der Markt hier ein großes Sortiment. Da Convenience-Produkte in den letzten Monaten immer beliebter wurden, ist das Angebot mit der „Frische zum Mitnehmen“ direkt am Eingang immens. Die Vitamin Bar in der Obst- und Gemüseabteilung mit frischem Obst, Joghurt und Bowls sowie Sushi von Eat Happy werden dankend angenommen. „Für das junge Publikum perfekt“, resümiert Michael Rees.

Eine Frage der Präsentation

Um alles an seinen Platz zu kriegen, wurde im Markt Tetris gespielt. Denn aufgrund der sechs Stockwerke über dem Laden, wurde aus statischen Gründen viel mit Säulen gearbeitet. Und da diese sich nicht verschieben lassen, haben sie im „im Prinzip die Ladeneinrichtung vorgegeben“. Die äußeren Gänge sind zwei Meter breit, die Mittelgänge 1,50 Meter. Rohre an den Decken wurden absichtlich sichtbar gemacht, um dem Stil des Marktes treu zu bleiben. Ein großer Aufwand, der sich gelohnt hat.

Herzstück des Marktes ist die 14 Meter lange Frischetheke. Hier werden Fleisch, Wurst und Käse präsentiert, eine Rundtheke zeigt den frischen Fisch. „Wir haben diesmal mit Vitrinen gearbeitet. Ich finde, das lockert die Theke wahnsinnig auf. Die Biosortimente, die hochpreisigen Artikel, setzt man gut in Szene“, findet Michael Rees.

Allgemein läuft Fleisch und Wurst in anderen Märkten besser. Zur Grillsaison ging in dem Bereich jedoch vor allem Hochpreisiges über die Ladentheke, beispielsweise Dry Aged und Steak No. 1. 

Fokus auf das Wichtigste

Drogerieprodukte werden im Markt nur sehr klein gespielt. Es gibt nur das Notwendigste, denn direkt neben dem Markt befindet sich eine dm-Filiale. „Da haben wir gesagt, wir müssen uns hier nicht duellieren. Die jungen Leute halten wir sowieso nicht, die gehen zu dm“, so Michael Rees.


"Drogerie haben wir ganz klein gespielt, nur das Notwendigste. Denn wir sind hier ja Tür an Tür mit dm.“ 

Michael Rees, Edeka Kaufmann


Das Thema Tiernahrung ist aufgrund des Mars-Lieferstopps noch immer ein Problem, da die gesamten Hauptmarken fehlen. Der Kaufmann hofft, dass es hier bald eine Einigung gibt. Der Markt in Freiburg-Brühl punktet mit einem großen Angebot an asiatischen Original-Marken. Denn an der Musikuniversität studieren viele Asiaten, die sich Originalprodukte wünschen.

Und wie sieht es im Getränke-Bereich aus? Hier ist die Einzelware sehr beliebt, vor allem gekühlte Ware, die in einem großen Kühlschrank an den Kassen prominent präsentiert wird. Kästen kaufen fast nur die Anwohner in unmittelbarer Nähe. Beim Wein aus dem Ausland hat sich Michael Reefür ein Grundsortiment entschieden, „zu Gunsten der Regionalität“. Schließlich ist man in Freiburg mitten im Weinbauangebiet und das möchte man auch zeigen, inklusive Premiumanbietern.

Übrigens verfügt der Markt nur über 14 Parkplätze: „Ich würde das nirgends anders machen als hier. Auf einem Quadratkilometer haben Sie fast 10.000 Einwohner. Es kommt quasi niemand mit dem Auto, es sind fast alle fußläufig hier oder mit dem Fahrrad. Wir haben nie das Problem, dass alle Parkplätze belegt wären.“ Michael Rees schaut in seinen Märkten im Schnitt zwei Mal die Woche nach dem Rechten: „Ich bin nie angemeldet. Ich komme immer zu anderen Zeiten. Ich will es so sehen, wie die Kunden. Der Markt soll nicht für mich gerichtet sein, sondern für die Kundschaft.“


INTERVIEW

Der Markt in Freiburg-Brühl ist bereits Ihr neunter. Wie kriegt man so viele Märkte unter einen Hut?
Wir sind inzwischen eine starke Mannschaft. Meine zwei Söhne sind mit im Betrieb, meine Frau ist dabei. Und dann die ganze altgediente Führungscrew, die teilweise 15-26 Jahre mit dabei ist.

Eigentlich hätte die Eröffnung bereits viel früher sein sollen. 
Wir hatten das Problem, dass das Gebiet keinen großflächigen Einzelhandel vorgesehen hatte. Das heißt, wir mussten den Bebauungsplan und den Flächennutzungsplan ändern – und das zu Corona-Zeiten. Es war ein zähes Ringen. 

Womit tun sie sich hier eher schwer?
Massiv mit Fleisch und Wurst. Junge Leute kaufen keine Fleischwurst, keinen Wurstsalat, das ist nicht mehr ihr Beuteschema. Das merken wir sehr.


 

Impressionen aus dem Markt


MARKTDATEN

Edeka Rees, Freiburg-Brühl

Adresse: Zita-Kaiser-Straße 1, 79106 Freiburg Brühl
Eröffnung: 15. März 2023
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 8 bis 21 Uhr
Verkaufsfläche: 1.112 m²
Anzahl der Produkte: 22.000
Zahl der Mitarbeiter: 34
Zahl der Parkplätze: 14
Zahl der Sitzplätze im Gastrobereich: 25
Durchschnittsbon: 12,12 Euro
Besonderheiten: Cooles, junges Design, große Auswahl und viel Frische

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