So easy kann es sein, das Einkaufen 2024. Einen Einkaufswagen organisieren? Muss nicht sein. Einen Einkaufskorb über den Arm hängen? Never. An der Kasse in der Schlange stehen, alle Einkäufe vom Sechserpack der 1,5-Liter-Limo bis zum Minipäckchen Traubenzucker auf das Kassenband hieven und aufpassen, dass man nichts vom nächsten Kunden mitbezahlt und beim Einpacken nichts vergisst? Nie wieder. Dazwischen den Tinnitus mit dem Kassenpiepsen füttern? Auch das fällt weg, wenn man sich in einem der digitalen Märkte versorgt, die acht Jahre nach Amazon go mit zunehmender Frequenz in Deutschland eröffnen. Den Markt betreten, alle Einkäufe in den eigenen Shopper packen und tschüss. „Hin und weg“ beschreibt das Rewe-Marketing das Einkaufserlebnis, das seit Juli dieses Jahres in der Hoheluftchaussee in Hamburg-Eimsbüttel eine neue digitale 1.200-Quadratmeter-Heimat hat. Und sie soll nicht die letzte in der Elbmetropole sein: Bereits im Frühherbst wird in der Altonaer Straße ein 900-Quadratmeter-Markt als Rewe Pick&Go eröffnet.
"Rewe hat keinen Zugang zu den Bilddaten, in welcher Form auch immer."
Joschua Zimmermann, Marktleiter, Rewe Pick&Go
Technik aus Tel Aviv
Möglich macht die neue Shopperfreude das Engagement der Rewe Group an Trigo Vision. Das 2018 gegründete Start-up mit Sitz in Tel Aviv-Jaffa wurde über mehrere Investitionsrunden bedacht – 2021 mit rund acht Millionen Euro. Die vergleichsweise geringe Summe zeugt von Vorsicht, denn einerseits sind die deutschen Konsumenten traditionell nicht so innovationsinteressiert wie französische oder gar asiatische. Andererseits aber nehmen seit Anfang der 20er-Jahre alle Handelsunternehmen Geld in die Hand, um es Amazon nachzutun.
Der Versandriese hatte als Amazon go in Seattle den ersten kassenlosen Supermarkt eröffnet, 2016 für Mitarbeiter und 2018 für alle Kunden. Prompt investierte die Schwarz Gruppe in ihre „Shop Box“, die seit März 2021 auf dem Bildungscampus Heilbronn zunächst nur für Studierende und Mitarbeitende nutzbar war. Netto als Edeka-Tochter testet seit 2021 als erster Discounter in Deutschland das kassenlose Einkaufen und arbeitet ebenfalls mit Trigo. Ein neuer Aldi-Markt in der Innenstadt von Utrecht kommt seit Anfang 2022 ganz ohne Kasse aus. Übrigens beschreiben die Begriffe „Grab & Go“, „Walk-in-Walk-out“ oder „Frictionless Shopping“ den gleichen Vorgang.
KI lernt auch im Markt dazu
Welche Technik steht hinter den Märkten, die kassenloses Einkaufen anbieten? Der Name Trigo Vision trägt das Prinzip im Namen. Computer Vision bezeichnet ein Forschungsfeld der Künstlichen Intelligenz (KI). Computer Vision verarbeitet mehrere Formen visueller Eingaben, darunter Bilder und Videos aus verschiedenen Quellen wie Kameras, Bewegungsmeldern, aber auch Wärme- und Gewichtssensoren oder Radar. In den Pick&Go-Märkten kommen also Deckenkameras und Bewegungssensoren zum Einsatz, die den Kunden im Laden orten und die Artikel erkennen. Dank Gewichtssensoren „merken“ smarte Regale zudem, wie viele Produkte entnommen oder wieder zurückgestellt werden. Eine Software analysiert die Daten und ordnet dem jeweiligen Kunden den richtigen Warenkorb zu. Computer-Vision-Systeme sind selbstlernende Systeme.