95 Jahre RUNDSCHAU: Wiesenhof – Heimische Qualität
Bei Wiesenhof stellt die deutsche Herkunft seit jeher das wichtigste Produktversprechen dar. Ein starker Fokus auf das Thema Grillen und Limited Editions halten die Geflügelprodukte stets im Trend.
Interview mit Dr. Ingo Stryck, Leiter Marketing bei Wiesenhof/PHW-Gruppe, anlässlich der Jubiläumsausgabe "POWER BRANDS" zum 95-jährigen Bestehen der RUNDSCHAU für den Lebensmittelhandel.
Herr Stryck, wie würden Sie Ihren Markenkern beschreiben?
Der Markenkern ist deutsches Geflügel, d.h. die deutsche Herkunft ist hier zentral. Wir haben bereits 1995 als erstes Lebensmittelunternehmen die Herkunftsgarantie eingeführt. Seitdem hat sich dieses Versprechen stetig weiterentwickelt. Bis heute setzen wir auf das 5xD Konzept, das wir stark mit geprägt haben. Es garantiert, dass sämtliche Produktionsschritte von der Geburt des Tieres über dessen Mast bis zur Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung in Deutschland erfolgen. Seitdem der Discount 2003 damit begonnen hat, Frischgeflügel zu vermarkten, sind viele Handelsmarken entstanden. Allerdings haben wir es geschafft, die Marke Wiesenhof erfolgreich am Markt bestehen zu lassen. Dies haben wir erreicht, indem wir sie mit Produkten verbinden, bei denen auch Story Telling möglich ist, etwa im Wurstbereich. In diesem Segment waren wir vor 25 Jahren noch gar nicht vertreten. Heute sind wir im LEH bei Geflügel-Mortadella mit Abstand Marktführer. Die Konsumenten können sich darauf verlassen, dass bei Wiesenhof alles aus Deutschland kommt. Mit diesem Qualitätsversprechen und unserer Innovationskraft, etwa mit neuen „Bruzzzler“-Varianten, differenzieren wir uns klar vom Wettbewerb.

Welche Zielgruppen bedienen Sie vornehmlich?
Wir haben tatsächlich eine sehr breite Zielgruppe, da fast alle Verbraucher Geflügel konsumieren. Einen Fokus legen wir beim emotional stark aufgeladenen Thema Grillen auf Haushalte mit Kindern unter 15 Jahren. Wir wissen aus unseren eigenen Grillstudien, dass gerade Familien mit jungen Kindern nachweislich am häufigsten und gerne grillen und hier auch den größten Warenkorb haben. Im Wurstbereich, bei Aufschnitt, haben wir uns in den vergangenen Jahren erfolgreich mit On-Pack-Promotions weiterentwickelt. Beispielsweise werben wir auf unseren Produkten für Freizeitparks oder Kinofilme, d.h. wir bespielen Kontexte insbesondere für Familien. Aufgrund des dadurch generierten, zusätzlichen Traffics bekommen wir regelmäßig sehr positive Rückmeldungen. Mit Blick auf unsere Veggie-Produkte können wir klar festhalten, dass diese Ziel[1]gruppe sehr stark jung, urban und weiblich geprägt ist. Auch die Kooperation unserer Marken mit der DFB-Frauen-Nationalmannschaft passt deshalb vom Zielgruppen-Fit und dem Sympathiefaktor sehr gut.
Wie erreichen Sie diese?
Im Rahmen unserer Social Media-Aktivitäten betreiben wir auf Instagram einen Kanal für die Marke Wiesenhof, auf dem wir sämtliche Themen breit bespielen. Gleichzeitig sind wir dort mit einem Kanal für die Marke Green Legend unterwegs, die wir zudem auf TikTok bewerben. Den „Bruzzzler“ rufen wir den Konsumenten saisonal – je nach Wetterlage – in der Regel Ende März bzw. Anfang April immer wieder ins Gedächtnis, sowohl über TV-Werbung, zunehmend aber über Social Media, YouTube, Spotify oder Rundfunk. Dabei nutzen wir seit 2009 Limited Editions, um neue Geschichten rund um das Produkt im Grill-Kontext zu erzählen. Sehr erfolgreich und ein echter Meilenstein war bereits 2010 der „Bruzzzler Hot Safari“ zur Fuß[1]ball-WM in Afrika. Darüber hinaus setzen wir auf gezielte Promotions mit einzelnen Händlern, die selbst gerne Grillgut in ihren Märkten inszenieren und sich für das Thema Grillen begeistern.
Welche Rolle spielen Testimonials/Influencer?
Die Erfolgsstory des Bruzzzlers war zu Beginn maßgeblich geprägt durch die Zusammenarbeit mit Willi Thomczyk, dem Protagonisten der RTL-Serie die Camper. Grillen, Camping und Testimonial harmonierten einfach perfekt. Später haben wir mit Dieter Bohlen zusammengearbeitet. Auch diese Kooperation hat extrem gut funktioniert, da Herr Bohlen damals mit DSDS sehr erfolgreich als Entertainer unterwegs war und die Kombination zwischen Unter-haltung und dem Thema Grillen bzw. Bruzzzler einfach gut zusammengepasst hat. Somit haben wir auch von einem Uplift profitiert. Danach folgten Oliver Kahn und Atze Schröder. Die Wechsel waren aus unserer Sicht auch wichtig, um die Marke nicht zu stark mit einer Persönlichkeit zu „verheiraten“. Das Geschäft mit Testimonials gestaltet sich inzwischen allerdings deutlich schwieriger, da die Zeiten schnelllebiger geworden sind. Zudem sind echte A-Promis, die es in früheren Zeiten vor allem durch eine starke TV-Bekanntheit gegeben hat, heutzutage aufgrund der fehlenden Formate nicht mehr so zahlreich vertreten – und auch nicht mit den jungen, im Mainstream weniger einflussreichen Influencern zu vergleichen. Somit werden wir im nächsten Jahr erst einmal kein Testimonial haben, 2026 kann sich das unter Umständen wieder ändern.
Was sind für Sie die größten Herausforderungen der Zukunft?
Es ist die andauernde Transformation, die unsere Marke von Beginn an durchlaufen hat. Wir waren bis Ende der 80er Jahre eigentlich eine TK-Marke – eine Vermarktung im LEH von SB-Frischgeflügel gab es zu der Zeit nicht. Anfang der 90er Jahre haben wir dann bei Vollsortimentern wie Edeka und Rewe Frischgeflügel vermarktet und dieses bereits verpackt geliefert, wodurch erstmals ein Branding möglich wurde. Da wir damit die ersten in der Branche waren, hat sich Wiesenhof zu einem Synonym für Geflügel entwickelt. Nach dem Einstieg der Discounter 2003, die ausschließlich SB-Ware angeboten haben, wurden Handelsmarken zu einem großen Thema. In der Folge wollten auch Vollsortimenter ihre Eigenmarke verkaufen. Die Herausforderung besteht seitdem darin, sich zu differenzieren. Das haben wir mit unserer Herkunftsgarantie, dem Verzicht auf den Einsatz von tierischen Proteinen im Futter, Gentechnik und antibiotische Leistungsförderer sowie durch unsere 5xD-Qualität geschafft. Hier waren wir jeweils Vorreiter im Markt. Wir verfolgen immer wieder den An-satz, Ware zu veredeln und damit eine Story zu verknüpfen, wie zum Beispiel bei unserer „Chicken Schmiede“-Range, die gewürzte, marinierte Produkte umfasst, oder eben bei unseren Wurstprodukten.
Worauf legen die Konsumenten am meisten Wert? Werden sie mit dem heutigen Label-Dschungel überfordert?
Aus unseren Untersuchungen zu diesem Thema geht hervor, dass Shopper im Schnitt weniger als eine Sekunde auf die Verpackung schauen und dann ihre Kaufentscheidung treffen. Bei Geflügelprodukten bzw. bei generischen Produkten achten sie vor allem auf drei Aspekte: den Preis, das Mindesthaltbarkeitsdatum und eventuell noch den Fettanteil. Alles andere spielt eine untergeordnete Rolle. 2011 mit der Einführung unseres Privathof-Konzepts bei Hähnchen, das Haltungsform 3 entspricht, sind wir damals stark in Vorleistung gegangen. Denn durch das langsamere Wachstum der Tiere und den größeren Platzbedarf sind die Kosten bis zu 40 Prozent allein für das ganze Tier gestiegen. Wird zerlegt, und nur Edelteile einzeln vermarktet, ist die Preisdifferenz noch größer. Wenn die Konsumenten im Regal die Wahl haben zwischen einem Produkt der Stufe 2 und einem der Stufe 3, wobei letzteres deutlich teurer ist, tun sie sich hinsichtlich einer Entscheidung für das qualitativ bessere Produkt nachvollziehbar schwer. Zum Label-Dschungel: Schaut man sich manche Handelsmarken-Verpackung an, ist es erstaunlich, mit wie vielen Siegeln diese belegt sind – die im Übrigen völlig den Blick auf die eigentliche Ware verstellen.
Wie werden sich die Haltungsformen weiter entwickeln?
Wir beobachten, dass sich zuletzt Teile des Handels darauf verständigt haben, ab 2030 nur noch Produkte der Stufe 3 und 4 anzubieten. Damit haben wir kein Problem. Wir sind bereits jetzt schon führender Anbieter bei Hähnchen aus Haltungsstufe 3. Auch bieten wir seit An-fang dieses Jahres Putenprodukte aus dieser Haltungsform an. Der strukturelle Ausbau der Haltungsstufe 3 und die Intensivierung unserer Produktion von Produkten aus der Haltungsstufe 4, sind sogar wesentliche Nachhaltigkeitsziele unseres Familienunternehmens. Wir streben den Ausbau der Haltungsform 3 bis Ende 2040 auf 100 Prozent Anteil am Gesamt-portfolio der PHW-Gruppe für Hähnchen im Frischebereich (Deutschland) an. Voraussetzungen dafür sind, dass die Verbraucher nachfragen sowie, dass die Preisbereitschaft und die baurechtlichen Rahmenbedingungen gegeben sind.
Wie viel Sorge bereitet Ihnen die zunehmende Nachfrage nach Handelsmarken?
Wir produzieren selbst Handelsmarken. Es ist angesichts der zuletzt hohen Inflationsraten und der damit verbundenen Ängste der Konsumenten wenig überraschend, dass diese verstärkt zu solchen Produkten gegriffen haben. Allerdings haben es Marken in der Vergangenheit immer wieder geschafft, sich durch gute Ideen und eine hohe Innovationskraft zu differenzieren. Solange Marken im Handel eine Wertschöpfung generieren, werden sie gefragt sein. Und das ist und bleibt unsere größte Aufgabe: Wertschöpfung zu ermöglichen – und das geht eben nicht im Preiseinstiegbereich!