Artikel

Anuga-Spezial: Feinkost-Trends zum Fest

Viele Shopper müssen den Gürtel aktuell ein bisschen enger schnallen als noch vor ein paar Monaten. Doch bedeutet das zugleich auch, dass Shopper auf den kleinen Luxus zwischendurch in Form von Feinkost verzichten? Birgit Schröder von der GS1 Germany klärt auf.

Von Martina Kausch | Fotos: Adobe Stock/Kzenon, Anuga

Der Lipstick-Effekt besagt, dass Menschen sich in Krisenzeiten gerne Kleinigkeiten gönnen, wenn sie sich große Anschaffungen finanziell nicht leisten können. Erkennt man diesen Effekt aktuell auch im Bereich Feinkost?
Nein. Wir sehen in der Kategorie Feinkost keinen Lipstick-Effekt. Tatsächlich verzeichnen die gekühlten wie die ungekühlten Feinkostprodukte in den letzten Monaten ein deutliches Umsatzwachstum versus Vorjahr. Wenn man sich aber die Absätze anschaut, sind diese gegenläufig. Das bedeutet: Der zusätzliche Umsatz ergibt sich nicht aus einer verstärkten Nachfrage, weil die Menschen sich Feinkost in schwierigen Zeiten gönnen. Das Umsatzwachstum stammt weitestgehend aus Preissteigerungen in der Kategorie. Es gibt kleinere Unterschiede in den einzelnen Warengruppen der Feinkost, aber insgesamt ergibt sich dieses beschriebene Bild.

Mit Blick auf die Relevanz der Kaufentscheidungen vor Ort im Markt: Lohnen sich im Lebensmitteleinzelhandel schöne Sonderaufbauten mit Feinkost? 
Sonderplatzierungen, insbesondere wenn sie aufmerksamkeitsstark und emotionalisierend wirken, beeinflussen die Kunden und führen häufig zu ungeplanten Zusatzkäufen. Es gibt aber Kategorien, die einen weitaus stärkeren Impulseffekt haben als die Feinkost, beispielsweise die Süßware. Aus Händlersicht macht es daher grundsätzlich größeren Sinn, Promotionflächen für die impulsstarken Kategorien zu nutzen, um das Potenzial des Platzes bestmöglich auszuschöpfen. 

Die Feinkost kann aber im Verbund mit anderen Warengruppen als saisonale Platzierung positive Effekte erzielen, zum Beispiel beim Thema „Barbecue“. Dann greift der Kunde zu mehreren Artikeln unterschiedlicher Warengruppen. Das heißt, es entstehen Verbundkäufe, die für den Händler durchaus lukrativ sein können, da sie die Gesamtausgaben pro Einkaufsakt steigern.


"Die Feinkost kann im Verbund mit anderen Warengruppen als saisonale Platzierung positive Effekte erzielen."

Birgit Schröder, GS1 Germany


ie sehen die Shopper ihre aktuelle finanzielle Situation in Bezug auf den Lebensmitteleinkauf? Können oder wollen sich viele Menschen derzeit viel weniger leisten?
Viele Haushalte berichten laut GfK inzwischen über einen engeren finanziellen Spielraum. In den letzten Monaten haben die Kunden aufgrund der extrem gestiegenen Preise in Kategorien, wo es möglich war, weniger eingekauft. Dies betrifft besonders die „Genuss-Kategorien“, also Sortimente, auf die man verzichten kann, die nicht zwangsweise zum täglichen Bedarf gehören – dazu gehört zum Beispiel auch die Feinkost. 

In den „Muss-Kategorien“ ist dies kaum möglich. In diesen sind die Shopper aber auf günstigere Angebote umgestiegen. Davon haben erschwinglichere Produkte (Preiseinstieg) sowie die Eigenmarken der Händler stark profitiert. Premium- und Markenprodukte verlieren Umsatz und Marktanteile. Die Anteile der Promotionumsätze (Price-offs) steigen in nahezu allen Warenbereichen. Da verwundert es nicht, dass seit 2022 entgegen den beiden Vorjahren, das heißt den Pandemiejahren, deutliche Umsatzverschiebungen vom Vollsortiment in den Discount verzeichnet werden. Die Discounter sind die Gewinner der aktuellen Situation, ganz im Gegenteil zu den Jahren 2020/2021.

Gibt es zum vierten Quartal, das bekanntlich die besinnlichsten Tage des Jahres beeinhaltet, einen Trend zum Luxus?
In der Festsaison werden sich die Menschen – wie in jedem Jahr – etwas gönnen, sich und ihre Lieben verwöhnen. Dabei wird es um Genuss gehen, und es werden Lebensmittel eingekauft werden, die es im Moment wirklich nur zu besonderen Anlässen auf dem Tisch gibt. Einen Trend zum Luxus sehe ich nicht, jedenfalls nicht mehr als in anderen Jahren zu den Festtagen.

Kauft der Shopper Feinkost zunehmend online? Oder ist die persönliche Begegnung mit der Ware gerade in diesem Bereich wichtig? Wie sieht hier die Entwicklung Ihrer Beobachtung nach aus?
Ein überdurchschnittlicher Onlineanteil beziehungsweise eine Entwicklung in diese Richtung ist bei der Feinkost nicht zu erkennen. Das wäre in der aktuellen herausfordernden Situation für die Haushalte auch überraschend. 

Außerdem ist hier ein entscheidender Faktor: Die Feinkost ist zwar keine ausgesprochene Impulskategorie. Nichtsdestotrotz inspiriert die persönliche Begegnung mit der Ware am PoS in dieser Warengruppe sicherlich stärker als dies beim Onlinekauf der Fall wäre. Um diesen Inspirationseffekt auszulösen, müssten die E-Commerce-Anbieter die Experience in ihrem Shop für die Kunden noch einmal deutlich steigern. Andernfalls ist aus meiner Sicht keine deutliche Steigerung zu erwarten.

Artikel teilen

Gut informiert durch die Krise