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Apfel: Geliebter Topseller

Die Paradiesfrucht zählt zum Lieblingsobst der Deutschen und darf bei vielen Verbrauchern nicht auf dem Einkaufszettel fehlen. Was bewegt die Branche aktuell? Welche Veränderungen und Entwicklungen bahnen sich an? Und: Welche Sorten sind neu auf dem Markt?

Von Silke Detlefsen | Fotos: Adobe Stock/drazen zigic

Lange führte der Apfel hierzulande unangefochten das Ranking der beliebtesten Obstarten an. Glaubt man einer Umfrage des Gesundheitsunternehmens Juice Plus+ war er vor 30 Jahren bei fast 70 Prozent der Deutschen das am häufigsten konsumierte Obst, auf das Bananen, Trauben, Erdbeeren und Kirschen folgten. Mittlerweile soll ihn die Banane zumindest auf der Verbrauchsskala verdrängt haben und nun mit 65 Prozent auf dem Spitzenplatz liegen – erst dann kommen Äpfel (62 %), Erdbeeren, Trauben und Melonen.

Dennoch bleibt die große Mehrheit der Deutschen wohl auch langfristig ein treuer Apfelkäufer, der am PoS nach wie vor die Qual der Wahl hat und heute Regionalität sowie Nachhaltigkeit schätzt. In Deutschland, wo 2022 laut Destatis rund 1,1 Millionen Äpfel geerntet wurden, gibt es etwa 2.000 Apfelsorten. Beim Händler finden sich durchschnittlich rund 15 davon; die sechs meistverkauften sind Elstar, Braeburn, Gala, Jonagold, Jonagored und Red Prince.

Folgen des Klimawandels

Ob das in unseren Breiten allerdings auch in 50 Jahren noch so sein wird, ist durchaus fraglich. Denn etlichen Sorten machen die Klimaveränderungen zu schaffen. Bei Elstar wird das eigentlich knackige, süß-säuerliche Fruchtfleisch bei Hitze und Trockenheit beispielsweise schwammig. Jonagold verliert bei hohen Temperaturen sein festes Fruchtfleisch, ist anfällig für Apfelschorf und leidet stark unter Sonnenbrand. Gala kann Hitze und Trockenheit zwar trotzen – aber nur, sofern er sorgfältig bewässert wird.

Nicht von ungefähr arbeiten Züchter mit Hochdruck daran, zukunftsfähige Apfelsorten zu entwickeln, die zunächst grandios schmecken und so dem Verbraucher gefallen. Gleichzeitig sollen sie aber auch Spätfrösten widerstehen, Hitzewellen aushalten, mit Trockenphasen oder gar Dürreperioden zurechtkommen und robust gegen Pilzerkrankungen oder Insektenbefall sein.

Klimaschutz ist Thema

Neben diesen Resilienzaspekten ist auch Klimaschutz ein Thema. Schließlich werden Äpfel meistens recht lange gelagert. Da ist es von Vorteil, wenn sich dadurch, dass die Temperatur im Kühlhaus nicht gar so niedrig zu halten ist, Energie und Ressourcen sparen lassen. Sind die Apfelsorten von sich aus lange lagerfähig, müssen sie nicht noch zusätzlich mit Substanzen behandelt werden, die etwa Reifeprozesse verzögern. 

Perspektive der Erzeuger

Den Klimawandel betrachtet auch Thierry Mellenotte, Geschäftsführer Pink Lady Europe, als eine der größten Herausforderungen für die Apfelbauern. Unterstützung bieten möchte er ihnen mit dem „Pink LAB“: „Ein Projektinkubator, der die besten verfügbaren Techniken und Technologien für eine effiziente und nachhaltige Bewirtschaftung der Obstgärten und der Produktion identifiziert und entwickelt“, erläutert er.

In Partnerschaft mit der Universität Bonn wird beispielsweise an einer Datenbank für Wettervorhersagen gearbeitet. „Ziel ist es, die Blütezeiten im Obstgarten für die kommenden Jahre vorherzusagen und die Bewirtschaftung entsprechend anzupassen.“ Bei SanLucar sieht man sich durch die immer extremeren Wetterbedingungen ebenfalls vor allem in der Landwirtschaft hart getroffen. „Hinzu kommen steigende Kosten wie Maut und Löhne. Neue Verordnungen und Auflagen belasten den Verwaltungsapparat momentan extrem und stellen die Anbauer vor große Herausforderungen“, so CEO Armin Rehberg.

Das Unternehmen setze beim Obst- und Gemüseanbau verstärkt auf nachhaltigen Anbau. „Innovative Technologien und der durchdachte Einsatz von Verpackungen, Transport- und Pflanzenschutzmitteln und insbesondere auch Wasser helfen uns, Ressourcen zu schonen und die Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren.“ Herausragendes Jahres-Highlight sei, dass die Äpfel im Jutesack angeboten werden. Neue Konfektion ist zudem ein Karton-Food-tainer mit jeweils vier Äpfeln der klassischen Sorten – praktisch auch als Take-away. „Das fördert nicht nur den Abverkauf, sondern schont auch die Umwelt.“ Die meisten Äpfel kommen laut Rehberg aus Deutschland. Man baue die deutsche Produktion konsequent aus. Schließlich sei Regionalität wichtig.

Neue Sorten im Handel

Stetig kommen neue Apfelsorten auf den Markt, um auf die verschiedensten Bedürfnisse einzugehen. Im Herbst 2023 hat Aldi Süd etwa mit „Aldiamo“ eine eigene Apfelsorte aus dem Alten Land in seine Filialen gebracht. Gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück hat die Züchtungsinitiative Niederelbe mehr als 20 Jahre an dieser Variante getüftelt. Das verdeutlicht, welchen Aufwand es erfordert, eine neue Sorte zu entwickeln. Dazu kommen unter anderem noch der Aufbau von Vertrieb und Logistik und die Zeit, bis der Apfel beim Händler und Endverbraucher etabliert ist.


"Der Selbstversorgungsgrad im Kernobstsegment liegt in Deutschland immerhin bei 65 Prozent."

Oliver Daniel, Geschäftsführer Landgard


Dieser Aufgabe stellen sich auch die Landgard Obst und Gemüse Holding und ihre Mitgliedsbetriebe derzeit wieder. Auf der Fruit Logistica wollen sie eine neue Apfelsorte präsentieren. Clubsorten seien ein wichtiger Trend. „Hier können wir Marketingaktivitäten bündeln und die Vorteile der jeweiligen Sorte noch besser in Richtung der Konsumenten kommunizieren“, erläutert Geschäftsführer Oliver Daniel. Gerade im Kernobstsegment sei die Regionalität ein entscheidender Erfolgsfaktor: „Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland liegt immerhin bei 65 Prozent. Regionale Äpfel, beispielsweise aus dem Rheinland, sind darum ein fester Bestandteil unserer Strategie – heute und in Zukunft.“ Das Thema Nachhaltigkeit steht auch im Fokus der neuen Marke „Respect Nature“.

Know-how vom Sommelier

Das Südtiroler Apfelkonsortium wartet mit Sorteninnovationen mit relevanten Mengen bei RedPop, Giga und Cosmic Crisp auf. „Sie eignen sich auch für eine Vermarktung in der zweiten Jahreshälfte und sind auch in Bio-Qualität verfügbar“, sagt Obmann Georg Kössler. Zwar seien die Wetterbedingungen für den Apfelanbau in Südtirol ideal und die Apfelbauern hätten vor Ort viel investiert, etwa in Hagelschutznetze oder Frostbewässerung. „Dennoch sind wir immer auf der Suche nach Verbesserungen und Produkten, die es uns ermöglichen, auf dem Markt von morgen präsent zu sein.“

Stolz blickt man auf die Ausbildung zum Apfelsommelier, die es bislang nur in Südtirol gibt. Drei Monate lang beschäftigen sich die Anwärter etwa mit Sortenlehre, gesundheitlichen Aspekten, Pflanzenschutz, Nachhaltigkeit und Ernährung. Rechtliche Aspekte zur Herkunft oder Qualitätssicherung und die Apfelverarbeitung in der Küche stehen ebenso wie die Sensorik auf dem Programm. Das bietet eine fundierte Basis dafür, Interessenten – auch in Gastronomie und Handel – Einblicke in den Apfelanbau, die Sortenvielfalt und Aromen zu geben. Aktuell läuft bereits der dritte Kurs. 

Zeitgemäße Konzepte

Eine neue Obstanlage mit neuen Bäumen steht mindestens 15 Jahre. Folglich ist es für die Apfelbauern wichtig, sich stets für die richtige Sorte zu entscheiden. „Das sind hohe Investitionen, und die letzten Jahre waren für viele Betriebe sehr schwierig“, weiß Esther Dworak, Brand Manager bei EFC. Da sich der Geschmack der Verbraucher ändere, müsse sich auch das Sortiment anpassen. Daher startet EFC etwa gerade mit der neuen Apfelmarke Sprizzle – und einem Markenkonzept, das anders, positiver sein soll.

„See it Sweet“ lautet die Devise zur Vermarktung des Neulings. Für Süddeutschland wird Sprizzle am Bodensee angebaut, für den Norden in Holland. „Kurze Transportwege sind in unserer heutigen Zeit sehr wichtig. Wir sollten aber nicht vergessen, dass die Lieferwege von unseren Nachbarländern teilweise kürzer sind als durch die halbe Republik“, gibt Dworak zu bedenken. 

Die richtige Ansprache

Zum EFC-Portfolio gehört auch der Kanzi-Apfel. Bei diesem läuft für den Handel momentan der Zweitplatzierungswettbewerb „Wer hat die meiste Energie?“. Gesucht werden diejenigen Märkte, die ihren Kanzi-Aufbau über den längsten Zeitraum hinweg am PoS platzieren. Die aktuelle Rangliste lässt sich öffentlich über die Kampagnenseite POS.YesYouKAnzi.com mitverfolgen. Hier kann man sich seit dem 29. Januar für eine Teilnahme registrieren.

Evelina setzt ebenfalls auf eine moderne Markenkommunikation, um Kunden langfristig zu bewegen und zu binden. Die Kampagne „Lass dich nicht veräppeln“ soll mit Ironie Denkanstöße zum Thema Nachhaltigkeit und zum regionalen Anbau geben und somit das Bewusstsein der Konsumenten schärfen. 

Superfood aus der Region

Ein Superfood muss nicht zwingend aus Übersee kommen, ist die Botschaft der Kampagne. Auch mit dem süß-säuerlichen Evelina-Apfel könne man sich vitaminreich ernähren. „Für uns ist klar: Nachhaltige, plastikfreie Verpackung, regionale Herkunft, Ressourcen-
Schonung, CO₂-Reduktion durch kurze Transportwege, das ist ein konkreter Mehrwert für den Konsumenten“, erläutert Group-Marketing- und Kommunikations-Direktor Dr. Sabrina Fontanella. Und wer als Shopper mit einer nachhaltigen und regionalen Kaufentscheidung seinen ganz eigenen persönlichen gesellschaftlichen Beitrag leisten kann, der sei auch nachweislich bereit, einen höheren Preis zu bezahlen, weiß die Expertin.


INFO

Erfolg am PoS

Auch bei beliebten Apfelsorten will die Käuferattraktivität gepflegt werden. „In den Geschäften müssen wir unsere Dynamik und unsere Position mit Werbeaktionen aufrechterhalten, die sich nicht nur auf den Preis, sondern auf Engagement, Transparenz und Nähe konzentrieren. Starke Partnerschaften mit dem Einzelhandel werden ebenso wichtig sein wie die Diversifizierung der Produkte innerhalb unseres Sortiments“, sagt etwa Thierry Mellenotte, Geschäftsführer Pink Lady Europe. Er empfiehlt dem Handel über das Category Management nachzudenken.


 

 

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