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Bauern-Proteste: So reagieren Handel und Politik

Nachdem in den vergangenen Tagen zahlreiche Bauern die Zufahrtswege zu Aldi-Zentrallagern blockiert hatten, um gegen eine Senkung der Butterpreise zu protestieren, haben nun der Discounter sowie Akteure der Politik reagiert. Verständnis für die Proteste zeigen nicht alle von ihnen.

"Bauernproteste" "LSV"
Von Nilofar Eschborn | Fotos: LsV/Instagram

Die Preispolitik des Discounters Aldi, die vorsieht, die Einkaufspreise für Butter bei den Molkereien bis zu 60 Cent pro Kilogramm zu senken, hat unter den Landwirten eine Protestwelle ausgelöst. Mehrere Tage blockierten die Bauern in verschiedenen Orten Deutschlands die Zufahrten zu Aldi-Zentrallagern. Aldi Nord sowie auch Aldi Süd zeigen dafür wenig Verständnis. „Wir verstehen, wenn Landwirte ihren Unmut kundtun und protestieren - das ist Ausübung von Grundrechten. Kein Verständnis haben wir hingegen für Blockade-Aktionen, wie wir sie derzeit vor einigen unserer Logistikzentren gesehen haben. Insbesondere zu dieser Jahreszeit und in einem Corona-Lockdown halten wir es für unverantwortlich, die Versorgung der Bevölkerung zu gefährden“ heißt es aus den Unternehmen. Weiter betonen sie: „Wir setzen uns intensiv für einen konstruktiven Dialog ein, rufen alle Beteiligten zur Besonnenheit auf und laden ein, den erfolgreich begonnenen Dialogprozess weiter fortzuführen.“

Einen ersten Erfolg haben die Proteste den Landwirten bereits erbracht. Aldi Nord und Aldi Süd haben zugestanden, ihre konventionelle und Bio-Frischmilch künftig nur noch aus heimischer deutscher Landwirtschaft zu beziehen. Man wolle sich zugleich für langfristige Verträge einsetzen, um deutschen Landwirten eine bessere Planungssicherheit zu geben.

Vorwürfe, die Butterpreise zu drücken, weist Aldi aber weiterhin zurück. Die derzeitige Situation der Butterpreise entspreche saisonal bedingten Marktschwankungen, wie sie jedes Jahr auftreten. Zudem sei es aus Sicht der Discounter insbesondere Aufgabe der Politik sicherzustellen, dass externe Markteinflüsse nicht zu einer sofortigen existenzbedrohenden Situation für eine wichtige Branche wie die deutsche Landwirtschaft werden.

Politik fordert Verhaltenskodex

Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, betont wiederum, dass die Politik ihre Hausaufgaben gemacht habe. „Im Kern geht es geht um ein besseres, faires Miteinander zwischen Handel und Landwirtschaft. Deshalb habe ich gehandelt und werde mit einem Gesetz die so genannte UTP-Richtlinie umsetzen und damit zahlreiche unlautere Handelspraktiken verbieten – etwa kurzfristige Stornierungen, lange Zahlungsziele für verderbliche Waren oder einseitige Änderungen der Lieferbedingungen“, so Klöckner. Sie könne den Unmut der Landwirte verstehen. Die Absenkung der Einkaufspreise des Lebensmitteleinzelhandels für Butter sei vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Marktlage in dieser Höhe überraschend und kaum zu rechtfertigen. „Der Handel – und das betone ich seit Monaten in meinen Gesprächen mit der Branche – ist jetzt gefordert, konkrete Maßnahmen auf den Tisch zu legen. Ich erwarte, dass er jetzt endlich bereit ist, einen Verhaltenskodex mit den Landwirten zu vereinbaren. Zeit genug ist gewesen – uns wurde vom Handel zugesagt, im Januar einen Entwurf für einen solchen Kodex vorzulegen.“

Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert von Aldi sowie auch von Rewe, Edeka und Lidl mehr Engagement. „Wenn die Großen Vier es ernst meinen, legen sie jetzt einen eigenen Verhaltenskodex auf den Tisch“ sagen die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, und der agrarpolitische Sprecher Albert Stegemann. Die Fraktion fordert die Großen Vier dazu auf, sich in den Folgenden Punkten selbst zu verpflichten: Erstens sollen Landwirte und ihre Vermarktungsorganisationen auf Augenhöhe behandelt werden. Preise werden nicht diktiert, sondern verhandelt. Preiserhöhungen kommen auch den Landwirten zugute. Zweitens sollen Standards nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und mit Augenmaß gesetzt werden. Wer die Musik bestellt, bezahlt diese. Erhöhte Standards und der damit verbundene Mehraufwand werden vergütet. Drittens sollen keine unfairen Handelspraktiken angewendet werden. Insoweit werden die Vorgaben des Gesetzentwurfs zur Umsetzung der UTP-Richtlinie beachtet. Und die Handelspraktiken der sog. 'Grauen Liste' sollten über den Anwendungsbereich der UTP-Richtlinie hinaus und freiwillig wie die Praktiken der 'Schwarzen Liste' als verbindlich beachtet werden. Und viertens sollen Qualitätsmerkmale wie Herkunft, Regionalität, Tierwohlhaltung, Nachhaltigkeit etc. für Verbraucher kenntlich gemacht werden.

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