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Brauereien fordern Unterstützung ein

Die Gastronomie-Betriebe über Wochen geschlossen, Veranstaltungen abgesagt, Exportmärkte eingebrochen: Die Corona-Pandemie hat dramatische Folgen für die deutsche Brauwirtschaft.

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Von Mirko Jeschke | Fotos: Veltins

Mit Blick auf die ersten vier Monate des Jahres bis Ende April 2020 hatten die vom Deutschen Brauer-Bund (DBB) befragten Brauereien mit mehr als 30 Mitarbeitern einen Einbruch des Bier-Absatzes um durchschnittlich 18 Prozent zu verbuchen. Im selben Zeitraum ging der Umsatz dieser Brauereien um 22 Prozent zurück.

Bei kleineren Brauereien, Gasthaus- und Craftbrauern mit weniger als 30 Mitarbeitern stürzte der Bierabsatz in den ersten vier Monaten des Jahres bedingt durch die Corona-Krise sogar um durchschnittlich 32 Prozent ab, der Umsatz brach um mehr als ein Drittel ein (35 Prozent), ergab die Umfrage des DBB. Bundesweit gibt es mehr als 1.500 Brauereien, die meisten Betriebe sind handwerklich und mittelständisch geprägt und befinden sich in Familienbesitz.

„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, wie verheerend sich die Schließung der Gastronomie gerade auf die Brauwirtschaft ausgewirkt hat“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele, in Berlin. Nicht nur die wirtschaftliche Lage vieler Gaststätten, Restaurants, Kneipen, Cafés, Clubs und Bars sei nach wochenlanger Schließung katastrophal.

„Unsere Brauereien sind durch die Krise doppelt hart getroffen, weil zum einen der Bierabsatz über die bundesweit mehr als 200.000 Gaststätten über Nacht auf null gefallen ist, zum anderen auch Kredite, Pachten und Mieten von Gastronomen häufig nicht mehr bedient werden können“, so Eichele.

Die Brauereien seien Partner der Gastronomie, sie sicherten über Kredite Millionen-Investitionen im Gastgewerbe ab. Durch den Dominoeffekt drohten nun immer mehr Brauereien selbst in massive Probleme zu geraten – zumal auch noch die Bier-Exporte zum Stillstand gekommen seien. „Ich kann nur hoffen, dass die Bundesregierung ihre Ankündigungen wahr macht und an Hilfen arbeitet, die diesen Namen auch verdienen“, sagte Eichele.

Staatliche Hilfen für Betriebe "reichen bei weitem nicht aus"

In der Beurteilung staatlicher Hilfen nannten 80 Prozent der vom DBB befragten Brauereien die Erleichterungen beim Zugang zu Kurzarbeitergeld hilfreich. 56 Prozent der Betriebe nutzen das Angebot von Steuerstundungen, 53 Prozent profitieren von Zuschüssen von Bund und Ländern. Liquiditätshilfen wie Bürgschaften und Überbrückungskredite bewerten 24 Prozent als hilfreich (Mehrfachnennungen möglich). Dass die von Bund und Ländern derzeit angebotenen Hilfen ausreichend sind, glauben aber nur 16 Prozent der Brauereien. Zwei Drittel der Unternehmen fordern mehr staatliche Unterstützung ein.

Die befragten Brauereien sind insbesondere angewiesen auf eine schnellere Umsetzung der Finanzhilfen, längere Laufzeiten der staatlichen Programme und direkte Zuschüsse zur Liquiditätssicherung. Überdies drohten Existenzgründer und Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern durch das Raster zu fallen.

Mit Blick auf den Existenzkampf der Gastronomie werden Bürgschaften für neue Gastro-Finanzierungen angeregt, um das Gastgewerbe langfristig am Leben halten zu können. Überfällig seien zügige Lockerungsschritte der Länder für die gesamte Gastronomie und für Festveranstaltungen sowie eine dauerhafte Mehrwertsteuer-Reduzierung in der Gastronomie, die auch Getränke einschließt, so der Tenor der DBB-Umfrage.

Leergut wird knapp, Engpass bei Logistik, Supply und Sortierung

Der Anteil der Brauereien, bei denen die Auswirkungen der Corona-Krise auf die betrieblichen Abläufe durchschlagen, ist in den vergangenen Wochen deutlich gewachsen: Während nur noch 31 Prozent der Betriebe keine Auswirkungen feststellen, macht sich in 28 Prozent der Brauereien eine zunehmende Leergutknappheit bemerkbar. 24 Prozent sehen Engpässe bei der Materialbeschaffung, 21 Prozent melden Engpässe bei der Logistik. 17 Prozent der Betriebe berichten über Konflikte mit dem Handel, der z.B. Außendienstmitarbeiter abweise oder sich nur noch „auf Panik-Sortimente konzentriert“. Personalmangel (5 %) und Engpässe bei der Rohstoffversorgung (4 %) spielen aktuell eine untergeordnete Rolle (Mehrfachnennungen waren möglich).

Ergänzend weisen die Brauereien auf drohende Kostensteigerungen etwa bei der CO2-Beschaffung hin, den sich abzeichnenden Personalmangel bei der Sortierung von Leergut, die Kurzarbeit bei Zulieferern und gestörte Lieferketten im grenzüberschreitenden Warenverkehr.

Viele Initiativen der Brauer

Trotz der historischen Herausforderungen für die Betriebe und ihre Belegschaften unterstützen viele der bundesweit 1.500 Brauereien seit Beginn der Krise die Gastronomie, das Gesundheitssystem, soziale Einrichtungen und vergleichbare Institutionen mit unterschiedlichsten Initiativen. Die Brauereien und Braugruppen haben bereits früh Solidaritätsaktionen für die Gastronomie und die Hotellerie gestartet, Pachten ausgesetzt, Stundungen veranlasst, Zinsen und Tilgungen reduziert.

Aktionen wie „Mein Lieblingslokal“, „Kochen für Helden“ oder „Freibier for Future“ werden in der DBB-Umfrage genannt sowie Getränke- und Geldspenden an Klinikpersonal, an Behörden oder Hilfsdienste. Auch kulante Regelungen und finanzielle Unterstützungen für den Getränkefachgroßhandel, der in der Krise auf unzähligen Fässern sitzen geblieben ist, sind zu erwähnen.

Mit der Herstellung und Abgabe von Alkohol für die Herstellung von Desinfektionsmitteln haben viele Brauereien aktiv den Kampf gegen die weitere Ausbreitung der Corona-Pandemie unterstützt. Tatkräftige Unterstützung leisteten die Brauereien auch auf den Hopfenfeldern, wo Auszubildende aus der Brauwirtschaft den durch die fehlenden Saisonarbeitskräfte unter Druck geratenen Hopfenbauern unter die Arme greifen.

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Bier-Produktion
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