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Edeka Ziegler in Hamburg: Weite Perspektiven am Binnenhafen

Man(n) muss nicht nicht auf der Fläche gelernt haben, um selbstständig als Kaufmann erfolgreich zu sein. Martin Ziegler war in leitender Position im Zentraleinkauf der Edeka tätig. Nun hat er seinen zweiten Markt eröffnet.

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Von Martina Kausch | Fotos: Jörg Brockstedt

Dass Martin Ziegler einmal Kaufmann im LEH werden würde, war keineswegs sicher. Schließlich hatte er schon einige Jahre bei der Edeka als Arbeitnehmer in leitender Position im Zentraleinkauf gearbeitet. Vor sieben Jahren aber entschied er sich: „Ich wollte mich selbstständig machen und habe bald gewusst: Perspektivobjekte zu eröffnen, das ist meine Sache.“

Der Markt fürs Neubaugebiet

Die Perspektive stimmte offenbar in jeder Weise, denn Ende März dieses Jahres eröffnete der gelernte Fleischer sowie Groß- und Einzelhandelskaufmann seinen zweiten Markt. Mitten im Hamburg-Harburger Binnenhafen, am Veritaskai. Wie der erste Ziegler-Markt in Hamburg-Wilhelmsburg ist auch der am Veritaskai im Erdgeschoss eines ganz neuen Wohn- und Geschäftshauses entstanden. Das beschlossene Wohnungsbauprogramm des Senats sieht im Bezirk Harburg den Bau von mindestens 800 Wohnungen pro Jahr seit 2018 vor. Dementsprechend ist der Markt von Baustellen umgeben, und Ziegler hat sein Marktkonzept konsequent auf den Standort abgestimmt. Von außen deutlich erkenn- und erreichbar, aber auch vom Marktinneren aus zugänglich, fallen dem Besucher das Restaurant „Dock 8“ und die Kombination Café/Backshop „Dat Backhus“ ins Auge. Für die Gastronomie hat Martin Ziegler Thomas Selling aus der gemeinsamen Heimat Winsen/Luhe gewonnen, der als gelernter Koch das „Dock 8“ selbstständig führt. Der Name soll an die Lage am Hafen erinnern, acht ist einfach die Hausnummer. Täglich wechselnde Mittagsgerichte und eine kleine Karte finden auch bei all jenen Resonanz, die rund um den Markt noch mit Planen und Bauen beschäftigt sind. Auch 30 Plätze auf der Außenterrasse sind für Café und „Dock 8“ mittlerweile eingerichtet. „Es kommen viele Mittagsgäste“, stellt Ziegler fest. Die Zusammenarbeit zwischen Bistro und Markt bewährt sich besonders, wenn beide sich – einschließlich Catering – präsentieren, um sich vor Ort bekannt zu machen. Wichtige Harburger Events wie das Binnenhafenfest oder die „Nacht der Lichter“ im September werden von Selling und Ziegler zusammen mit der Edeka Nord bespielt.

Obst und Gemüse in voller Pracht

Den besonderen ersten Eindruck beim Betreten des Marktes macht neben Bistro, Café und (extern betriebener) mediterraner Spezialitätentheke die Obst- und Gemüseabteilung. Die Regallänge von zwölf Metern, zwei- und dreilagig bestückt, wirkt optisch geradezu spektakulär. Hier sind die volle Bandbreite des O&G-Angebots, aber auch Salatbar und Saftbar platziert. Vieles im Markt stammt aus regionaler Produktion, wie beispielsweise die Elbdeich-Erdbeeren oder Äpfel aus dem Alten Land von Niels Kröger, Bier aus der Kehrwieder Kreativbrauerei, Hamburger Becking-Kaffee und Eier vom Hof Schönecke. Insgesamt erscheint der 1.200-Quadratmeter-Markt großzügig, aufgeräumt und übersichtlich. Durch die Container-Deko stellt er einen Bezug zum Ort her, denn an Container- Außenhüllen erinnert die verschiedenfarbige Wandgestaltung mit der Abteilungsbeschilderung. In strahlendem Ultramarinblau etwa lässt sich die Mopro-Abteilung leicht finden. Und was wäre ein Markt in Hafennähe ohne Deko-Möwe?

Rund drei Monate nach der Eröffnung ist die Sortimentsarbeit bei Martin Ziegler in vollem Gang. „Wir lernen von den Kunden“, ist sein Motto. Die bekommen zurzeit rund 20.000 Artikel und vor allem an der Frischetheke auch Besonderes. Zur Grillsaison ist das Angebot an Frischfleisch (auch John-Stone-Rindfleisch sowie Edekas „Steak No. 1“ als Rumpsteak und Entrecôte aus der Trockenreifung am Knochen) inklusive Spießen und Mariniertem eindrucksvoll. Auch in der Käseabteilung lassen sich Überraschungen entdecken. Der norwegische Nationalkäse Gudbrandsdalen, ein Schnittkäse, liegt hier neben den Klassikern aus deutscher, Schweizer und französischer Produktion. Zum Karamellgeschmack von Gudbrandsdalen weiß Martin Ziegler: „Man liebt ihn – oder nicht.“ Hier lieben ihn offensichtlich viele Kunden, denn das Stück in der Theke hat längst nicht mehr die originale Lieferlänge.

Eiskirschen und Frischfischanspruch

In jeder Abteilung sorgt Ziegler für ein Sortimentshighlight. So sind „Eismann“- Produkte im Angebot, preisidentisch mit den Waren im Lieferservice. „Eiskirschen“, 180 Milliliter für knapp neun Euro? Hier im Markt kein Problem. Eine Frischfischabteilung gibt es nicht. „Ich halte mir die Option offen“, erklärt der Kaufmann, „aber Frischfisch stellt hohe Ansprüche an Frische und Verkaufskompetenz.“ Vor allem wohl hier im Norden, wo viele Kunden beim Thema Fisch sicherlich wählerisch sind. Da es keinen Drogeriemarkt in der Nähe gibt, steht auch die weitere Entwicklung des Kosmetik- und Körperpflegeartikel-Angebots im Arbeitsfokus.

Apropos Personal: Ziegler betreibt den Markt mit 36 Mitarbeitern, davon sind 15 Vollzeitkräfte. Auch ein Azubi lernt hier. Das Problem, gut ausgebildete und engagierte Menschen fürs Team zu finden, hat er nach eigener Aussage nicht. Geplant ist deswegen auch ein Lieferservice mit Kühlfahrzeugen, wie Ziegler ihn in seinem Markt in Hamburg-Wilhelmsburg bereits betreibt. Ab einem Einkauf von 150 Euro liefert er dort kostenfrei, sonst ist die Liefergebühr nach Bonhöhe gestaffelt. Der Mindestbestellwert beträgt 25 Euro, bis 75 Euro berechnet er sechs Euro, ab 75 Euro Warenwert drei Euro für den Transport. Bleibt noch, Martin Ziegler nach seinen Zielen für die kommenden Jahre zu fragen. Weitere Märkte eröffnen? Eher nicht: „Mit zwei Märkten bin ich zufrieden, denn ich will in beiden auch persönlich präsent sein.“

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