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Fokus auf den Kunden

Im Wertschöpfungskreislauf setzt das Category Management den Konsumenten und den Shopper in den Fokus. Ein funktionierendes CM führt zu glücklichen Kunden und somit zu einer Steigerung von Umsatz und Ertrag. Doch wie setzt man diesen Prozess konkret erfolgreich um?

Mona Cypris ist Managerin Shopper Experience bei der GS1 Germany und Expertin auf dem Gebiet. Sie ist Trainerin für CM- Workshops und Zertifizierungen, führt Shopper Studien durch und übernimmt CM-Projekte. Foto: GS1 Germany / Jörn Wolter
Von Jenny Rommel | Fotos: GS1 Germany / Jörn Wolter

Was versteht man explizit unter dem Begriff Category Management und warum ist es so wichtig? Was ist der Leitgedanke?
Mona Cypris, GS1 Germany: Category Management beschreibt einen gemeinsamen Prozess von Händlern und Herstellern, bei dem Warengruppen oder auch Service-Kategorien als strategische Geschäftseinheiten geführt und gemanagt werden. So sollen der Kundennutzen erhöht und Ergebnisverbesserungen erzielt werden. Überall dort, wo Händler aus einer Vielzahl an möglichen Artikeln, die für ihre Shopper richtige Auswahl treffen müssen, kann ein strukturierter CM-Ansatz seine Wirkung entfalten. Von der Sortimentsgestaltung über die richtige Platzierung und die Gestaltung relevanter Promotions bis hin zu einer gezielten Kommunikation.

Was sind die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Category Management?
Der CM-Prozess beschreibt, wie Kategorien aus Konsumenten- und Shoppersicht gebildet und optimal gesteuert werden können. In der Praxis ist dieser Ansatz am erfolgreichsten, wenn nicht nur die CM-Abteilungen der Händler und Hersteller stringent nach dem CM-Gedanken agieren, sondern dieser Ansatz bei beiden Projektpartnern auf allen Ebenen verfolgt wird. Vier Prinzipien bilden die Basis:

  1. Shopperorientierung: Der Fokus liegt auf den Bedürfnissen und Erwartungen der Konsumenten und Shopper. Empfehlungen und Maßnahmen richten sich daran aus.
  2. Kooperative Einstellung: Händler und Hersteller arbeiten im Rahmen der kartellrechtlichen Möglichkeiten zusammen mit dem gemeinsamen Ziel, die Kategorie zu optimieren.
  3. Daten & Fakten: Daten und Fakten dienen als sachliche Entscheidungsgrundlage.
  4. Strukturierter, permanenter Prozess: Beim CM handelt es sich um einen permanenten Prozess, nicht um ein temporäres Projekt.

Industrie und Handel müssen kooperieren – wie kann dies ohne Probleme gelingen?
Das CM an sich stellt eine ureigene Kernaufgabe des Handels dar. Jeder Händler muss eine Vielzahl von Kategorien steuern und ist bestrebt, diese fortlaufend zu optimieren. Aufgrund der hohen Komplexität der verschiedenen Kategorien ist die Entwicklung detaillierter Insights für die verschiedenen Kategorien im Handel nur begrenzt möglich. Der Hersteller dagegen ist häufig mit nur einer oder wenigen Marken in einer oder mehreren Warengruppen vertreten, in denen er aber über sehr detailliertes Kategorie-Wissen verfügt. Im kooperativen CM-Ansatz arbeiten Händler und Hersteller gemeinsam an der Optimierung einer Kategorie. Im ersten Prozess-Schritt stimmen sie sich zur Ressourcenverteilung ab. Dazu gehört auch die Festlegung, wer welche Aufgaben übernimmt.


"Der CM-Ansatz entstand Ende der 1980er, hat sich in den letzten Jahrzehnten enorm weiterentwickelt und wird es auch künftig tun."

Mona Cypris, Managerin Shopper Experience GS1 Germany


Der weltweit genutzte 8-Schritte-Prozess soll die Zusammenarbeit erleichtern.
Der 8-Schritte-CM-Prozess, der im Jahr 2020 von GS1 Germany in Zusammenarbeit mit dem Expertenkreis ECR Demand Side überarbeitet und modernisiert wurde, sorgt für Beständigkeit. Er bildet das Gerüst für die Umsetzung einer shopperorientierten Denkweise und stellt sicher, dass die Bedürfnisse der Shopper und Konsumenten im Fokus stehen. Dabei gilt es, relevante (Konsum-)Trends, zusätzliche Vertriebswege und Absatzkanäle im Blick zu haben sowie neue Datenquellen und Analysemethoden zu berücksichtigen.

Wie werden Umsatzpotenziale identifiziert und die Ziele definiert sowie überprüft?
Zusätzlich zu Shopper und Consumer Research sollten das Verbraucherpanel, Handelspanel und PoS-Daten berücksichtigt werden. Zur Identifizierung der Umsatzwachstumspotenziale betrachtet man die aktuelle Leistung der Kategorie beim Händler und vergleicht diese mit einer Benchmark, im besten Fall mit der aktuellen Leistung der Kategorie beim Hauptbewerber. Die Performance lässt sich in Shopper-Kennzahlen, wie der Umsatz- oder Käuferpotenzialausschöpfung, aber auch der Einkaufshäufigkeit oder des Durchschnittsbon in der Kategorie, messen. In der Annahme, dass man die Leistungsstärke des Hauptwettbewerbers erreichen könnte, lassen sich Umsatzwachstumspotenziale kalkulieren. Auf Basis identifizierter Leistungsschwächen können Gegenmaßnahmen abgeleitet werden. Daraufhin lassen sich quantitative Ziele, wie die Steigerung der Umsatzpotenzialausschöpfung, oder qualitative Ziele, wie die Steigerung der Kundenzufriedenheit, festlegen. 

Wie sieht schließlich die optimale Regalstruktur aus Shoppersicht aus?
Aus Shopper-Insights und dem Wissen über den Kaufentscheidungs- und Suchprozess der Shopper in der jeweiligen Kategorie ergibt sich die optimale Platzierung der Artikel im Regal. Die Relevanz von Marke, Geschmacksrichtung, Packungsgröße oder andere Kriterien sollten berücksichtigt werden. Findet diese Logik auf die Regalstruktur Anwendung, wird den Kunden die Orientierung erleichtert. Das führt zur höheren Kundenzufriedenheit und höheren Umsätzen. Eine Inszenierung der Warengruppe kann für zusätzliche Kaufanreize sorgen.

Neben der Optimierung der Kategorien rückt die Total-Store-Optimierung immer mehr in den Vordergrund.
Die Total-Store-Optimierung zielt darauf ab, die Filiale in der Gesamtheit zu optimieren, um ein besseres Einkaufserlebnis zu bieten. Man nutzt das Expertenwissen der Category Manager, kombiniert dieses mit der Unternehmensstrategie und filialspezifischen Faktoren wie Kundenstrukturen oder Shopping Missions. Es gilt die Loyalität der Bestandskunden zu steigern und Neukunden zu gewinnen. 

Welche Vorteile bietet die immer weiter fortschreitende Digitalisierung dem CM?
Vorteile können die bessere Datenerfassung und -analyse, Effizienzsteigerung durch die Automatisierung des Bestandsmanagement oder der Preisänderungen, Kostenreduktion durch die Automatisierung von Prozessen, Echtzeitoptimierungen, z.B. durch Planogrammierungstools, und steigende Kundenbindung durch optimierte Loyalitätsprogramme, Apps und personalisierte Kommunikation sein. Digitalisierung bietet uns die Möglichkeit, effektivere Strategien zu entwickeln, die Kundenzufriedenheit zu steigern, Kosten zu senken und den Wettbewerbsvorteil zu stärken.


"In verschiedenen Store-Formaten sind die Shopping Missions, Shopperstrukturen und Shopper-Erwartungen unterschiedlich."

Mona Cypris, Managerin Shopper Experience GS1 Germany


Wie können CM-Maßnahmen künftig noch effizienter umgesetzt werden?
Die Nutzung von KI, Big Data und Predictive Analytics ermöglicht uns mittelfristig eine präzisere Analyse von Verkaufsdaten, Kundenverhalten und Markttrends. Technologien können Prognosen erstellen, Muster erkennen und automatisierte Empfehlungen generieren. Internet of Things ermöglicht uns Lagerbeständen und Produktnutzung in Echtzeit zu verfolgen. Dies führt zu einer genaueren Bestandsverwaltung. Die Personalisierung von Angeboten und Produktempfehlungen auf Grundlage von Kundenprofilen und Echtzeitverhalten wird die Kundenbindung weiter stärken. Augmented und Virtual Reality bieten Ansatzpunkte für erweiterte Einkaufserlebnisse. Insgesamt wird die Zukunft des Category Managements durch die Integration von Technologie und Daten geprägt sein, die eine genauere Analyse, eine bessere Kundenorientierung und eine schnellere Reaktion auf Marktveränderungen ermöglicht.

Was wollen die Shopper von morgen?
Um den Shopper von morgen zu verstehen, arbeiten wir zusätzlich zum klassischen CM-Ansatz mit der Category Vision. Die Category Vision befasst sich mit dem mittelfristig erwarteten und erwünschten Zielzustand einer Kategorie. Hier betrachten wir die nächsten 3-5 Jahre, ermitteln den neu entstehenden Bedarf und generieren Lösungen zur Bedürfnisbefriedigung. Zur Erstellung wenden wir ein vier-Phasen-Modell an: Analysephase, Formulierung der CV, Quantifizierung von Potenzialen, Aktivierung der Wachstumstreiber. Aktuell beraten wir in diversen Category Vision Projekten verschiedene Industrieunternehmen. Definitiv ein spannendes Feld.


INFO

Die richtige Positionierung

Ankermarken spielen im Rahmen der Shopperorientierung eine wichtige Rolle, da sie stellvertretend für ganze Kategorien stehen können. 

Wird Haribo Goldbären zur Kennzeichnung eines Regals herangezogen, wissen Shopper, dass sie dort das komplette Fruchtgummi-Sortiment finden. Das gilt, wenn für die Kennzeichnung Marken genutzt werden, die die höchste Markenbekanntheit aufweisen oder die meisten Bons in der Kategorie generieren. 

Buch-Tipp

„Category Management: In acht Schritten zu mehr Erfolg am Point-of-Sale“, von B. Schröder, C. Eisenberg, A. Hense und Dr. J. Meyer (GS1 Shopper Experience)


CM kann man trainieren!

Weitere Infos zum 8-Schritte-Category Management-Prozess, der die Zusammenarbeit zwischen Händlern und Herstellern erleichtert, gibt es hier.

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