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Foodbloggerin Sonja Meise: Vegan zum Fest

Sonja Meise stöbert Food-News in aller Welt auf. Und weiß, dass immer mehr Leute zu veganen Produkten greifen. Sie selbst ist „Teilzeit-Veganerin“. Fürs Fest hat sie einen Tipp: vegane Schoko-Weihnachtsmänner!

Von Mirko Jeschke | Fotos: Frank May

Sie betreiben den Blog foodnewsgermany. Wie kamen Sie als hauptberufliche Flugbegleiterin auf die Idee?

Ich bin totaler Foodie und als Flugbegleiterin viel im Ausland. Dort gehe ich immer in den Supermarkt und schaue, welche Neuheiten es gibt, die es bei uns nicht gibt.

Irgendwann habe ich hier in Deutschland in den Lebensmittelmagazinen und -zeitungen coole Produkte entdeckt, von denen ich gar nichts wusste. Es werden ja nicht immer große Werbekampagnen für jedes neue Produkt geplant. Da habe ich mir gedacht, das möchte man als Verbraucher doch wissen – und so entstand mein Blog. Seit 2017 poste ich einfach alles, was neu ist, fotografiere die Produkte im Supermarkt und zeige sie meinen Followern. Vor allem auf Instagram, denn da erreiche ich die größte Aufmerksamkeit. Mittlerweile habe ich über 162.000 Follower. Darunter nicht nur Verbraucher, sondern auch Journalisten, Unternehmen und viele Supermarktmitarbeiter.

Glauben Sie, die Vegan- und Veggie-Welle wird bei uns immer größer?

Ja, definitiv. Die Nachfrage ist sehr groß. Viele vegane Produkte, die auf den Markt kommen, sind aber eher Convenience Produkte. Ein „Hard-Core“-Veganer würde da gar nicht zugreifen. Das passt nicht zu deren Ernährungskonzept. Viele Produkte sind eher für Flexitarier gedacht.

Wie könnten Sie sich ein Familienessen an Weihnachten vorstellen, das vegan oder vegetarisch ist?

Ich müsste mir da mal Rezepte raussuchen. Für mich selbst ist Weihnachten eher Gänseessen oder Fondue. Aber es gibt ja mittlerweile veganen Käse, da könnte man doch wunderbar Raclette machen. Dazu viel Gemüse.

Und wie sieht es bei den Plätzchen aus?

Sehr gut, es gibt ja inzwischen viele vegane Plätzchen und sogar vegane Schoko-Weihnachtsmänner. Bei den Backwaren ist man sehr weit. Ich war gerade in dem neu eröffneten Café von Dr. Oetker in Frankfurt, da gibt es einen Gugelhupf mit „Sahne“ und Erdbeeren – komplett vegan und das zum selben Preis.

Was denken Sie, welches Land ist führend in Sachen vegane Ernährung?

Da ich so wenig geflogen bin, kann ich gar nicht genau sagen, welches Land in Europa, neben Deutschland, diesen Boom verzeichnet. In Amerika sind es vor allem die Küstenstaaten, die sehr auf bewusste Ernährung achten. Aber der große Teil in den Staaten isst weiterhin viel Fleisch.

Bei uns wird das Thema vegane Ernährung, neben Gesundheit und Nachhaltigkeit bei Lebensmitteln, auf jeden Fall immer größer. Zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe in Lebensmitteln ist da nur ein Beispiel. Proteine sind ja irgendwann auch nach oben geschossen. Wenn es um Nachhaltigkeit geht, muss man es den Konsumenten allerdings leicht machen. Der Großteil ist meiner Meinung nach sehr bequem. Ich glaube, zehn Prozent machen sich die Mühe und ernähren sich sehr nachhaltig. Die anderen wollen es und finden das auch toll und wichtig, aber die Produkte müssen auf dem Silbertablett serviert werden. Ich habe auch schon mal einen veganen Monat eingelegt, wahrscheinlich auch deshalb, weil man ständig so viel davon hört und es viel mehr Produkte gibt als früher. Ich muss sie nicht mehr suchen. Die sozialen Netzwerke pushen das Thema übrigens auch extrem.

Wie sieht denn der Gesundheitsaspekt, aus Ihrer Erfahrung heraus, generell bei Vegetariern und Veganern aus?

Ich bin Flexitarier. Ich glaube alles, was man extrem macht im Leben, sei es Ernährung oder Sport, ist immer zu viel. Ein bisschen Fleisch zu essen ist für mich gesund. Ich selbst esse auch gerne Joghurt und Käse. Aber ich greife auch mal zu veganer Wurst, allerdings nur aus dem Gedanken heraus, ich tue etwas für meinen Körper und für das Tierwohl.

Kochen Sie selbst auch?

Selten. Wenn, dann mache ich viel im Ofen oder mit dem Thermomix. Alles, was schnell geht.

Und welches sind Ihre Lieblingsgerichte?

Das ist unterschiedlich. Ich esse viel mit Hühnchen, Fisch und Gemüse. Aber auch ganz gern mal ein Rinderfilet oder Schnitzel mit Salat.

Stellen Sie auf Ihren Flügen fest, dass dort vermehrt vegan/vegetarisch gegessen wird?

Vegane Gerichte kann und konnte man sich auf Langstreckenflügen schon immer vorab bestellen. Das sind sogenannte „Special Meals“. Aber die Bestellungen steigen gefühlt nicht sprunghaft an.

Inwieweit stellen sich die Supermärkte auf die vegane Ernährung ein?

Das Regal für vegane Produkte, zum Beispiel in meinem Lieblings-Rewe, ist mittlerweile echt riesig. Auch Lidl hat inzwischen öfter vegane Aktions-Wochen. Das gab es so vor ein paar Jahren noch nicht.

Nehmen Sie auch Lebensmittel von Ihren Reisen mit nach Hause?

Ja klar. Gerade aus den USA. Die neusten Oreos oder M&Ms, beispielsweise. Ich probiere das meiste und gebe den Rest an meine Freunde weiter. Und ich mache mit den Produkten tolle Gewinnspiele auf foodnewsgermany.

Was sind die Food-Trends zum Fest?

Ich glaube, dieses Jahr werden zu Weihnachten eher Produkte mit Zimtstern- und Lebkuchen-Flavour gefragt sein, während im letzten Jahr Spekulatius ein großer Trend war. Was nächstes Jahr kommt ist schwer zu sagen, weil die großen Food-Firmen in Deutschland sehr vorsichtig mit neuen Geschmacksrichtungen sind.

Als Flugbegleiterin sind Sie in aller Welt unterwegs. Was denken Sie, liegt international im Trend?

Leider war ich dieses Jahr wegen Corona nicht viel im Ausland. In Amerika ist aber vor allem „Pumpkin Spice“ und „Red Velvet“ eine Geschmacksrichtung, die in Deutschland noch gar nicht angekommen ist. Und gerade die Süßwarenhersteller bringen im Ausland immer wieder neue Geschmacksrichtungen auf den Markt.

Kommen auch viele Firmen mit ihren neuen Produkten auf Sie zu?

Mittlerweile schon. Als ich 2017 angefangen habe, musste ich noch bei den Firmen anfragen. Da war Influencer Marketing im Lebensmittelbereich noch ganz klein. Seit zwei Jahren haben sie aber damit angefangen, mehr mit Influencern zusammenzuarbeiten und merken dabei immer mehr, wie wichtig es geworden ist.

Auch Start-ups werden immer stärker. Haben Sie da ein Lieblingsprodukt?

Es gibt ein Start-up aus Hamburg „naturasia“, die Sambal Olek in verschiedenen Variationen herstellen. Die Rezepte hat die Mutter aus ihrem Land mitgebracht, der Sohn hat eine Produktserie daraus gemacht. Dann gibt es noch „bee.neo“, die Honig etwa mit Schokolade, Spekulatius oder Himbeeren herstellen.

Welcher Food-Bereich begeistert Sie am meisten?

Ich würde ja am liebsten mein eigenes Gewürz auf den Markt bringen. Die genauen Rezepte – top secret! Und Pizza begeistert mich auch.

Haben Sie einen Tipp für den Nachwuchs im LEH, mit welchem Bereich man sich für die Zukunft am besten fit macht?

Die jungen Mitarbeiter sind schon bestens aufgestellt, weil sie viel auf Social Media unterwegs sind. Vor allem auf Instagram und TikTok, denn da entstehen die ganzen Trends. Was hier gezeigt wird, startet richtig durch. Die älteren Herrschaften haben leider keinen Bezug dazu. Der totale Hype war zum Beispiel gerade Baked Feta Pasta: Man legt Schafskäse in die Mitte einer Auflaufform, gibt dazu Tomaten, Olivenöl, Kräuter und Knoblauch. Das schiebt man in den Ofen und isst es mit gekochter Pasta seiner Wahl. Das ging bei TikTok durch die Decke. Auch eine Tortilla, die man speziell klappt, mit unterschiedlichen Füllungen, war ein totaler „Klick-Hit“. Und die Chips von Rob und der Eistee von Capital Bra wurden fast ausschließlich nur über soziale Medien gepusht. Mit riesigem Erfolg.

Sie halten viele Vorträge zum Thema Food. Für welches Segment genau?

Für den Bereich Social Media, vor allem Instagram. Ich erkläre, was man beachten sollte und was wichtig ist, wenn man Kooperationen mit Influencern eingeht. Man sollte wirklich genau wissen, wie der- oder diejenige tickt. Da muss nur ein Influencer einen Fehler machen und schon bekommt man einen riesigen Shitstorm. Vor allem auch die Firma, die er oder sie beworben hat. Mir ist das auch schon einmal passiert. Ich habe mal geschrieben „normale Milch“, da sind mich ganz viele Veganer angegangen, wie ich Kuhmilch denn „normale Milch“ nennen kann. Das sind Feinheiten, die komplett aufgegriffen werden.

Zur Person

Sonja Meise ist Foodbloggerin und der kreative Kopf von foodnewsgermany. Sie lebt in Hamburg und ist seit 24 Jahren hauptberuflich Flugbegleiterin bei einer großen deutschen Airline. Von ihren Reisen bringt sie immer neue Food-Ideen aus aller Welt mit. Mit ihrem Foodblog möchte sie Menschen Lust machen, etwas Neues auszuprobieren.

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