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Purefood-Geschäftsführer Jan Plambeck: Konsum für Afrika

Um zusammen mit der Welthungerhilfe in Malawi Schulen zu bauen, hat sich Purefood in das hart umkämpfte Geschäft mit TK-Pizza gewagt. Und tatsächlich: Das Geschäft mit veganer Bio-Pizza der Marke Lycka boomt, sagt Social Entrepreneur Jan Plambeck.

Von Martina Kausch | Fotos: Jörg Brockstedt

Mit fünf veganen Bio-Pizzen drängt Lycka in die TK-Truhen. Wie läuft das Geschäft im Wettbewerb mit Riesenplayern?

Wir haben uns viel davon versprochen, vegane Bio-Pizza auf den Markt zu bringen, aber es läuft noch besser, als wir erhofft und zunächst geplant haben. Wir liefern mittlerweile über weite Strecken zu den großen Rewe- und Edeka-Händlern und haben hervorragende Verkäufe. Deutlich über der Erwartung.

Warum? Viel Pizza liegt in den Tiefkühltruhen …

... aber keine, die sowohl bio und pflanzlich als auch absolut lecker ist und mit der die Verbraucher soziale Zwecke unterstützen. Diese Kombination macht unsere Pizzen einzigartig und unterscheidet uns – im Übrigen alle unsere Produkte – von Wettbewerbern. Wir haben die Lücke vegan-sozialer Bio-Pizza im Sortiment entdeckt und geschlossen – und das mit großem Erfolg.

Welche Sorte ist am beliebtesten?

Der Renner ist Pizza Salami, gefolgt von Margherita. Wir sind Anfang Mai mit fünf Sorten zeitgleich gestartet und wollten in der Truhe als Block sichtbar sein und vielen Geschmäckern etwas bieten, auch denen, die Pizza Salami lieben.

Pizza Salami, aber vegan? Ist es nicht paradox, dass Vegetarier Pizza Salami essen möchten, mit Alternativ-Salami? Ist das eine Sache der Psychologie?

Mit unseren Produkten sprechen wir eine breite Konsumentenschaft an, auch „Nicht-Vollveganer“. Optisch ist sie eindeutig eine Pizza Salami, nur den zentralen Fleischgeschmack einer Salami haben wir nicht nachgebildet. Unsere Salami ist aus Erbsenprotein hergestellt, der Käse auf Reisbasis. Und wir bekommen sehr gutes Feedback über den Käse, denn er verläuft (fast) so wie echter Käse.

Der Gedanke ist dann: So lecker und auch noch vegan?

Ganz genau. Vegane Produkte ohne Geschmackseinbußen – und dann noch in Bio und mit einer sozialen Mission.

Wo wird produziert?

In Berlin, von einem italienischen Familienbetrieb. Im Sinne der Nachhaltigkeit versuchen wir, so regional wie möglich zu produzieren, aber ohne Einbußen an Qualität. Es soll eine richtig gute italienische Pizza sein, deswegen haben wir lange in Italien nach einem Produzenten gesucht, sind dann aber tatsächlich in Berlin fündig geworden. Darin vereinen wir zwei große Vorteile: Das Beste aus Italien mit den Vorzügen der Regionalität aus Deutschland. Das war uns wichtig – angesichts der Corona-Erfahrungen auch unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit. Ein besonderes Plus: Die Pizza ist handgemacht, wie im italienischen Restaurant.

Im Vergleich zu herkömmlichen TK-Pizzen sind vegane Lycka-Pizzen deutlich kleiner.

Unsere Pizzen entsprechen der Standardgröße im LEH. Sie bilden das mit Abstand größte Marktsegment ab. Wir setzen auf bewussten Konsum, weshalb wir keine Großpizza gelauncht haben.

Pizza als das neue Kleine, Feine?

Wir haben uns umfassend vorab mit unserer Community ausgetauscht und sind zu folgender Position gekommen: Die herkömmliche Psychologie beim Pizzaessen ist: Wenn sie lecker ist, dann esse ich sie auch auf. Bei einer großen Pizza bin ich dann mit rund tausend Kalorien oft mehr als satt. Unsere Pizza hat unter 600 Kalorien, so dass ich nach dem Genuss auch noch Appetit auf ein Lycka- oder Stark-Eis haben kann.

Das klingt nach einem Paradigmenwechsel beim Pizzaessen!

Ja, absolut! Und nicht nur beim Pizzaessen, sondern insgesamt in unserem Konsumentenverhalten.

Was kommt bei Purefood nach neuen Sorten Pizza?

Bisher ist bei Purefood das Eisgeschäft das umsatzstärkste Segment. Lycka ist Marktführer bei veganem Bio-Eis, mit unserer Marke Stark ziehen wir jetzt nach. Wir sehen, dass veganes Eis den Markt massiv treibt, auch wenn man die Corona-Effekte herausrechnet. Die Kategorie TK entwickeln wir weiter.

Thema Soziales Unternehmertum: Bei jedem verkauften Produkt wird gespendet?

Ja. Mit jedem verkauften Produkt unterstützen wir die Welthungerhilfe in Malawi. Purefood hat als Social Start-up das zentrale Anliegen, durch Konsum die Welt zu verbessern. Wir wollen die Konsumgesellschaft nutzen, um die größten Leiden der Welt zu lindern oder zu beenden. Wir wollen Hunger bekämpfen, Zugang zu Wasser ermöglichen und damit für ein selbstbestimmtes Leben sorgen. Je mehr Umsatz wir machen, desto größer ist unser social impact. Wir sind umsatzorientiert und suchen uns mit Pizza, Eis und Riegeln große Kategorien im LEH. Denn bereits kleine Anteile in einer großen Kategorie bedeuten Millionenumsätze und entsprechend auch Millionen an sozialen Beiträgen.

Umsatz machen, um abzugeben. Wie unterscheidet sich Purefood in puncto Leadership und Organisation von anderen Unternehmen?

Durch Nachhaltigkeit und sehr hohe Transparenz. Alle fest angestellten Mitarbeiter sind am Unternehmen beteiligt, das heißt sie sind alle „Owner/innen“. Dadurch sind alle persönlich an einem erfolgreichen Wachstum des Unternehmens interessiert, jeder agiert gewissermaßen als Unternehmer. Wir leben eine vollkommene Transparenz, was sich unter anderem darin zeigt, dass wir in monatlichen unternehmensweiten Meetings unter Einbindung aller Mitarbeitenden die wirtschaftliche Entwicklung und die soziale Mission präsentieren und diskutieren.

Wie ist die Reaktion im Handel? Bei den selbstständigen Händlern, die ja oft Mehr-Generationen-Unternehmen sind?

Was ich spannend finde: Nicht nur die Jungen treiben diese Ideen, die Älteren lassen sich von den Jungen führen. Das ist aufregend zu sehen.

Zur Person

Das Thema Nachhaltigkeit habe ihn schon interessiert, als er beim Gewürzunternehmen Fuchs Marketing und Vertrieb verantwortete, sagt Jan Plambeck. Seit 2019 professionalisiert er als Owner und Geschäftsführer Purefood, das sich als Social Start-up versteht: Für jedes verkaufte Produkt spendet man an die Welthungerhilfe, alle Festangestellten sind Miteigentümer.

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