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Superfoods: So nah, so nachhaltig

Heimische Superfoods können mit denen aus fernen Ländern locker mithalten: Sie sind genauso nährstoffreich, häufig günstiger und punkten mit einer besseren Ökobilanz als weit gereiste Ware.

Von Inka Stonjek | Fotos: Adobe Firefly

Superfoods haben eine steile Karriere hinter sich. Seit die Cranberrys die deutschen Supermarktregale eroberten, sind mehr als 30 Jahre vergangen. Es war vor allem der hohe Gehalt an Vitamin C, der sie zum ersten Superfood machte. Von diesem Zeitpunkt an war der Trend zu Agrarprodukten, die sich durch einen hohen Gehalt an bestimmten Inhaltsstoffen auszeichnen, nicht mehr aufzuhalten. Seitdem versprechen Goji-Beeren, Chia-Samen, Spirulina-Algen und Co. Schönheit und Gesundheit. Dabei klingen ihre Namen wunderbar exklusiv und exotisch – anders als Maulbeeren, Ackerbohnen oder gewöhnlicher Leinsamen. Doch ist das noch zeitgemäß? 

Achtsame Ernährung

Denn extremere Wetterereignisse führen bei immer mehr Verbrauchern zum Umdenken. Sie hinterfragen zunehmend, woher Lebensmittel stammen und unter welchen Bedingungen sie erzeugt wurden. Viele versuchen sogar, mit einem bewussteren Konsum den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern und so einen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten.

Denn die Ökobilanz von Superfoods ist mehr als fragwürdig. Immerhin lässt sich die Goji-Beere und Chia-Samen auch von deutschen Erzeugern beziehen, doch die meisten anderen Superfoods werden nach wie vor aus Südamerika, Ostasien oder Afrika importiert. Dort verbraucht der Anbau extrem viel Wasser und zerstört wertvolle Ökosysteme. 


"Dem Kohlkopf, von dem man zweimal kochen kann, kommt bei dem aktuellen Preisdruck, eine ganz neue Bedeutung zu."

Gerd Schmitt, Marktleiter Wasgau Frischemarkt Mommenheim


Preisbewusstere Kunden

Gerd Schmitt hat viele exotische Superfoods gar nicht dauerhaft im Sortiment. Er ist Marktleiter des Wasgau Frischemarktes in Mommenheim, Landessieger 2022 Rheinland-Pfalz beim Deutschen Frucht Preis. Ein, zwei Mal im Jahr bietet er sie im Rahmen einer Zentral-gesteuerten Aktion an, aber darüber hinaus vermissen seine Kunden die Exoten auch nicht – schon gar nicht in Zeiten von Energiekrise und Inflation: „Unsere Kunden kaufen deutlich preis- und sortimentsbewusster ein als früher. Wir hatten Zeiten, da hat Paprika 8,99 Euro gekostet. Da kommt dem Kohlkopf, von dem man zweimal kochen kann, wieder eine ganz neue Bedeutung zu.“ Seine Kunden studieren deshalb wieder die Angebotszettel und bevorraten sich. Goji und Co. gehen da weit an der derzeitigen Ernährungsrealität vieler Verbraucher vorbei. 
 

Heimische Alternativen

Was nicht heißt, dass die preisbewussten Kunden auf Superfoods verzichten müssen. Händler können ihre Kunden durchaus für heimische Superfoods begeistern, denn Deutschland beziehungsweise das angrenzende Europa hat viele gute Alternativen zu Exoten zu bieten: Heidelbeeren sind beispielsweise reich an Anthocyanen, Hagebutte an Vitamin C, Sanddorn an Vitamin E und Honigmelonen an Carotinoiden. Aufgrund des hohen Eiweißgehaltes können Leinsamen Chia-Samen ersetzen und Hirse Quinoa. Mit ihren Anthocyanen sind die Schwarzen Johannisbeeren den Goji-Beeren ebenbürtig. 

Konservierende Fermentierung

Auch fermentierte Erzeugnisse dürfen auf der Liste nicht fehlen. Eine Portion Sauerkraut etwa deckt ein Viertel des Tagesbedarfs an Vitamin C, die enthaltenen Milchsäurekulturen fördern eine gesunde Darmflora. Außerdem entstehen im Zuge des Fermentationsprozesses zahlreiche neue Aromen. Vor allem die wiederentdeckte Begeisterung zum Ernten im eigenen Garten und für eine gut gefüllte Speisekammer lässt derzeit alte Techniken aus Omas Küche wieder aufleben.

Mit Fermentation lassen sich nicht nur verderbliche Lebensmittel haltbar machen oder neue Produkte entwickeln – die chemischen Prozesse durch Bakterien, Pilze oder Enzyme lassen auch in Joghurt, Kombucha, Kimchi allerlei gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe entstehen. Im Hause Hengstenberg erkennt man das gesteigerte Interesse an Superfoods aus heimischem Anbau ebenfalls – auch bei jüngeren Verbrauchern. „Fermentation ist wieder hip, erst recht in Kombination mit Bio-Qualität“, sagt Andrea Thiemt, Brand Managerin Mildessa und erklärt: „Sauerkraut als eines der ältesten fermentierten Lebensmittel vereint viele moderne Anforderungen an ein wertvolles Lebensmittel: aus heimischem Anbau mit kurzen Wegen, fettarm, nährstoffreich, vegan, mit gutem Preis-Leistungsverhältnis und vielseitig einsetzbar.“ 

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