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Tegut: Innovative Wege

Mit dem Kleinflächenkonzept Teo hat sich Tegut vor zweieinhalb Jahren mutig einem neuen Format zugewandt. Tegut-Chef Thomas Gutberlet sieht in den Mini-Stores großes Potenzial und forciert daher deren Expansion.

Thomas Gutberlet, seit 25 Jahren im Unternehmen, will mit Tegut auch in Zukunft maßvoll wachsen. Foto: Jan Potente
Von Mirko Jeschke | Fotos: Jan Potente

"Zurzeit sind deutlich mehr Kunden discountorientiert und weniger qualitätsorientiert."

Thomas Gutberlet, Tegut


Dass die durch multiple Krisen geprägten letzten Jahre zuletzt auch bei Tegut ihre Spuren hinterlassen haben, ist nicht überraschend. Zwar konnte der Lebensmittelhändler aus Fulda den Umsatz 2022 noch stabil halten, der Bio-Anteil ist allerdings zurückgegangen.

Geschäftsführer Thomas Gutberlet, der seit 25 Jahren im Unternehmen tätig ist, spürt die Folgen der Inflation dementsprechend auch in seinen Märkten: „Zurzeit beobachten wir, dass deutlich mehr Kunden discountorientiert sind und weniger qualitätsorientiert.“

Zufrieden ist er mit der jüngsten Geschäftsentwicklung demnach nicht. Dennoch gibt sich der Firmenchef zuversichtlich, dass sich die Lage für die Branche insgesamt bald wieder entspannen könnte: „Die Menschen werden dank guter Tarifabschlüsse auch wieder mehr Geld in der Tasche haben. Und mit unseren Sortimenten und Ideen sehen wir uns grundsätzlich gut aufgestellt.“

Das gilt vor allem für das Ende 2020 gestartete unbediente Kleinflächenkonzept Teo, das mittlerweile 26 Standorte in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg zählt. Von den rund 50 Quadratmeter großen und durchgehend geöffneten Standorten mit begrenztem Sortiment sollen allein in diesem Jahr 15 bis 20 weitere realisiert werden.

Zeitgemäße Formate

Die Idee für das Teo-Konzept war dabei gut zwei Jahre vor der Eröffnung des ersten Markts in Fulda entstanden. „Wir hatten uns damals die Frage gestellt, ob es richtig ist, bei unserer Expansion immer das Gleiche zu machen. Deshalb wollten wir von jungen Leuten frische, teilweise auch verrückte Ideen bekommen und diese prüfen – eine davon war eine Containerlösung. An der Form und Struktur haben wir dann so lange gefeilt, bis am Ende mit Teo ein sympathischer, liebevoll gestalteter Verkaufsautomat für eine breite Kundschaft entstanden ist“, erzählt Gutberlet über die Entstehungsgeschichte des innovativen Konzepts.

Stetige Entwicklung

Er betont dabei die stetige Weiterentwicklung der Teo-Standorte und verweist auf spannende Learnings, insbesondere bei der Sortimentsgestaltung. Demnach hätten die Kunden beispielsweise deutlich weniger Interesse an klassischen Fleischwaren gezeigt. Dagegen habe sich die Nachfrage nach veganen Produkten überraschend gut entwickelt.

Zudem habe man auch technische Aspekte verbessert, etwa die Zugangstechnik, aber auch die Stabilität des Fußbodens. Darüber hinaus werde die gesamte Gebäudestruktur inzwischen nicht mehr in vier Teilen, sondern als Ganzes angeliefert; auch die Fundamente seien für mehr Flexibilität angepasst worden. „Unser erster Teo in Fulda erzielt nach wie vor Umsatzzuwächse. Allerdings müssen wir die Kostenstrukturen insgesamt noch weiter optimieren, damit diese Stores profitabel arbeiten“, so Gutberlet.

Räumliche Nähe zu Fulda

Die Wahl geeigneter Standorte lässt sich laut dem Tegut-Chef dabei nicht anhand bestimmter Regionen oder Einzugsgebiete festmachen: „Wir haben Teo-Märkte in ganz unterschiedlichen Umgebungen, zum Beispiel in kleinen Dörfern, neben einem Klinikum oder einer Schule, in der Nähe eines Park & Ride-Parkplatzes et cetera. Deshalb kann der Betrieb prinzipiell überall sinnvoll sein, sowohl im ländlichen Bereich, wo es oftmals keine flächendeckende Versorgung gibt, als auch im urbanen Umfeld, etwa für einen Schnelleinkauf auf dem Weg nach Hause.“

Auch die Zielgruppen sind Gutberlet zufolge nicht eindeutig zu definieren. Insbesondere für ältere Menschen würden die Teo-Standorte aber dank der einfachen Zugangslösung mittels EC-Karte und des Self-Checkouts echte Alternativen zum traditionellen Einkauf darstellen. Trotzdem wird sich die Expansion – in erster Linie hinsichtlich der Kosten für die Anlieferung des überschaubaren Warensortiments – zunächst auf Standorte beschränken, die sich in einem Radius von maximal 100 Kilometern vom Hauptsitz in Fulda befinden.

Herausforderung Personalsuche

Einen nicht zu unterschätzenden Vorteil der Kleinstläden stellt der Verzicht auf das Bedienpersonal vor Ort dar, gerade vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels. „Die Mitarbeitersuche im LEH ist ein großes Problem. Es fehlt schlicht an Menschen, das betrifft nicht nur unsere Branche. Hier hat die Politik insgesamt über viele Jahre hinweg nicht ausreichend gegengesteuert“, kritisiert Gutberlet.

Dennoch müsse man jetzt Nachwuchskräfte finden, ohne jungen Menschen dabei zu verschweigen, dass das Arbeiten im LEH anstrengend ist. „Wir haben teils unangenehme Arbeitszeiten und können einfach nicht so flexibel sein wie in anderen Berufen, sondern müssen uns am Ende an den Kunden und deren Wünschen orientieren.“

Um trotzdem als Arbeitgeber attraktiv zu sein, bietet Tegut neben der Ausbildung und einem dualen Studium eine Vielzahl an Qualifizierungsmaßnahmen an, darunter diverse Weiterbildungsmöglichkeiten, Schulungen oder auch Selbstlernprogramme.

Mit Blick auf die weitere Unternehmensentwicklung ist Gutberlet überzeugt, durch die stetige Optimierung der Filialen, die Expansion des Teo-Netzwerks und den Ausbau der 2017 geschlossenen Lieferpartnerschaft mit Amazon gut für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein. Sehr am Herzen liegt ihm dabei die Entwicklung der Landwirtschaft: „Hier müssen wir endlich weiterkommen und unter anderem die Fruchtbarkeit unserer Böden gewährleisten, nicht zuletzt zum Wohle künftiger Generationen.“


Thomas Gutberlet

Nach seinem Studium an der Berufsakademie in Karlsruhe war Thomas Gutberlet drei Jahre im Bereich Marketing und Vertrieb bei Nestlé tätig. 1998 kam er zu Tegut, wo er zunächst den Bereich Marketing & Merchandising betreute. Danach war er Vorstand des Bereichs Finanzen & Rechnungswesen, Ende 2002 wurde er Vorstand des Bereichs Sortiment & Marketing. Am 30. August 2009 übernahm Gutberlet den Vorsitz des Tegut-Vorstands. Seit 3. Januar 2013 ist er Geschäftsführer der Tegut... gute Lebensmittel GmbH & Co. KG.

Im Jahr 2022 hat Tegut einen Gesamtnettoumsatz von 1,25 Milliarden Euro erwirtschaftet und damit das Vorjahresniveau erreicht. Der Bio-Anteil lag bei 28,4 Prozent und damit unterhalb des Rekordwerts von 
30,5 Prozent aus 2021. Das Unternehmen beschäftigt 8.000 Mitarbeiter.

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