Am PoS ist die Regalfläche in der Pluskühlung zweifellos limitiert und lässt sich nicht mal eben erweitern. Das macht Category-Management-Entscheidungen alles andere als trivial. „Denn die Warengruppen, die im Kühlregal platziert werden, sind äußerst vielfältig und zeichnen sich durch eine hohe Breite und oft auch Tiefe des Sortiments aus. Saisonale Produkte sorgen für viel Bewegung in den bestehenden Kategorien“, erläutert Hendrik Dippel, Leiter Sales Activation Homann Feinkost. Hinzu kommt der Ausbau neuer Sortimente wie Vegan/Vegetarisch, High Protein und Convenience: „Dies führt zu einem permanenten Druck auf die Flächenanteile der Kategorien in der Kühlung.“ Es gilt also stets, den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Vielfalt zu schaffen. Schließlich wünscht sich der Shopper eine breite Auswahl, die alle seine Bedürfnissse abdeckt. Andererseits möchte der Handel die Fläche zugunsten seines Umsatzpotenzials so effektiv wie möglich bespielen.
Unverzichtbare Analysen
Eine besondere Herausforderung für das Category Management im Kühlregal ist sicher der begrenzte Platz. Wie lassen sich unter diesen Voraussetzungen die richtigen Produkte auswählen? Und wie kann man sie effizient platzieren? Tipps und Erfahrungen für mehr Umsatz und zufriedenere Kunden.
Alles an passender Stelle

„Zudem ist es wichtig, die richtigen Artikel an der richtigen Stelle am PoS zu platzieren“, ergänzt Mathias Schlüter, Geschäftsführer Vertrieb der Rügenwalder Mühle. Mit seinem Wissen über Shopper, Kaufentscheidungen und Konsumentenbedürfnisse sowie einer umfangreichen Datenbasis möchte das Unternehmen den Handel dabei unterstützen, bestmögliche Entscheidungen zu treffen. 2023 etwa wurde eine groß angelegte PoS- und Shopper-Studie durchgeführt. Deren Ergebnisse beispielsweise: „Der Shopper wünscht sich grundsätzlich ein übergeordnetes Regal für vegetarische und vegane Produkte insgesamt, sodass alle relevanten kühlpflichtigen veganen und vegetarischen Produkte gemeinsam platziert und so von den Shoppern leichter gefunden werden können.“ Innerhalb dieses Regals sollten die einzelnen Warengruppen demnach aber wiederum sinnvoll voneinander getrennt werden. „Unsere Empfehlung ist, die veganen und vegetarischen Fleisch- und Wurstalternativen als Profilierungskategorie mit hoher Kauffrequenz an erster Stelle zu positionieren.“ Bekannte und erfolgreiche Marken sind hierbei ein Anker und können Orientierung für die Shopper bieten, sodass diese ebenfalls gut sichtbar angeordnet werden sollten.
Dass die Platzierung veganer und vegetarischer Produkte im Handel aktuell sehr unterschiedlich gelöst wird, sieht man bei Bürger als durchaus herausfordernd. Wird auf eigene vegane Regale oder Themenbereiche im Kühlregal gesetzt, schaffe das zwar Klarheit im Sortiment, führe aber gleichzeitig zu Unsicherheiten bei den Verbrauchern: „Suchen sie unsere veganen Produkte nun im veganen Regal – oder bei den klassischen Bürger-Produkten?“, hinterfragt Boris Bauer, Leitung Marketing und Vertrieb beim Unternehmen. „Ideal wäre aus unserer Sicht eine Doppelplatzierung, um beide Käufertypen abzuholen: die bewusste Veggie-Zielgruppe, die gezielt im veganen Regal sucht – und die Stammkunden, die unsere Produkte im gewohnten Bereich erwarten. Leider fehlt hierfür in den meisten Märkten die nötige Kühlfläche, sodass diese Lösung selten umgesetzt werden kann.“
Vorschubsysteme helfen, den Warendruck aufrechtzuerhalten, und sorgen für ein stets einladendes Regalbild.
Matthias Dammann
Key Account Manager Retail bei POS Tuning
Die Neugierde wecken
Da limitierte oder Aktionsprodukte generell von der Sichtbarkeit leben, empfiehlt Bauer aufmerksamkeitsstarke Zweit- oder Sonderplatzierungen, die Impulse schaffen, neugierig machen und die Kaufbereitschaft spürbar steigern. Gerade bei zeitlich begrenzten Highlights sei die Platzierung im Standardregal oft nicht ausreichend, um die gewünschte Beachtung zu erzielen: „Eine gut geplante Sonderplatzierung im Aktionsumfeld oder in einem separaten Promotionbereich im Kühlregal wäre daher ideal.“
Interview

Category Manager, Ornua Deutschland
Was ist beim Category Management (CM) im Kühlregal essenziell?
Es ist immer wichtig, dass man eine umfangreiche Datengrundlage hat, auf deren Basis man Entscheidungen trifft. Auch Händler sollten bereit dazu sein, Daten zu teilen, damit man CM-Projekte messbar macht und nicht aufgrund von gefühlten Einschätzungen handelt. Das macht es auch später für jeden nachvollziehbar. Zudem sollten nicht nur reine Fakten einbezogen werden, also etwa Scannerdaten, sondern im besten Fall auch Marktforschungen: damit man den Konsumenten nicht außen vor lässt.
Was macht die Situation im Kühlregal so besonders?
Durch den begrenzten Platz sollte man sich auf die Marken und Produkte konzentrieren, die eine hohe Käuferreichweite haben. Die MHDs sind deutlich kürzer als bei Trockenware. Auch deshalb muss man anders agieren. Durch die aktuelle Bauart der Kühlmöbel, gibt es oft Türen. Das bedeutet begrenzte Sichtfelder und auch vorgegebene Sichtachsen. Das kann vor Ort eine Herausforderung sein. Selbst wenn man alles schön am PC plant, kann es nachher im Regal im Markt vorkommen, dass man z. B. die Ankermarke oder Premiumprodukte nicht gut sieht, weil eine Säule davor ist, oder dass man nicht bequem an diese Ware herankommt.
Gibt es Fehler, die sich einfach vermeiden lassen?
CM ist ein kontinuierlicher Prozess. Es ist nicht damit getan, diesen einmal durchlaufen zu haben und dann zu denken, dass man jetzt ein perfektes Regal hat. Es gibt ja z. B. auch immer Entwicklungen, die zu berücksichtigen sind. Vegetarisch, Vegan oder Protein, das sind Trends, die in vergangener Zeit in den Kühlregalen angekommen sind. Darauf ist zu reagieren. Und wer weiß, wie die Trends in den nächsten ein oder zwei Jahren aussehen?
Wenn CM-Projekte zudem nur mit Zentralen ausgearbeitet werden und diejenigen, die die Pläne am Ende realisieren sollen, nicht abgeholt werden, dann ist die Umsetzung im Markt schwierig. Denn jeder Standort hat andere Gegebenheiten. Wenn da einfach nur ein Planogramm an die Filiale geschickt wird, ohne zusätzliche Erklärungen, halte ich das für nicht sehr praktikabel. Es gehört dazu, die Fachberater und das Team vor Ort mitzunehmen und zu schulen.
Welche neue Technologien und Tools können helfen, den CM-Erfolg weiter zu optimieren?
Bei künstlicher Intelligenz, KI, gibt es mittlerweile extrem gute Fortschritte. Verfügbar ist auch Software, die beispielsweise Kühlregale auswertet und dann Empfehlungen zur Verteilung der einzelnen Produkte geben kann. Dennoch ist Marktforschung weiterhin sehr wichtig. Denn wir bewegen uns in einem Bereich, in dem keine riesigen, öffentlich zugänglichen Datenmengen verfügbar sind, mit denen man die KI füttern kann. Und die KI kann ja nur vernünftig arbeiten, wenn es eine entsprechende Grundlage dafür gibt. Also werden auch weiterhin der gesunde Menschenverstand und Erfahrungswerte benötigt. Es gibt so viele unterschiedliche Ausgangspunkte, sei es der Standort, seien es die Konsumenten, die dort einkaufen, oder das Sortiment, das sich die Shopper im jeweiligen Markt wünschen. Man kann KI sicher als Unterstützung nutzen. Aber vor allem auch dafür, in Zeiten von Personalmangel im Handel wieder mehr Zeit für andere Dinge auf der Fläche zu haben.
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