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95 Jahre RUNDSCHAU: Rügenwalder Mühle – Vereinter Genuss

Als Pionier im Markt der Fleischalternativen schafft Rügenwalder den Spagat zwischen Tradition und Innovation. Die Kernelemente der Marke: Handwerkskunst, Bodenständigkeit und Gemeinschaft.

Von Mirko Jeschke

Interview mit Jörg Pfirrmann, Co-Geschäftsführer der Rügenwalder Mühle, anlässlich der Jubiläumsausgabe "POWER BRANDS" zum 95-jährigen Bestehen der RUNDSCHAU für den Lebensmittelhandel.

 

Herr Pfirrmann, was zeichnet Ihre Marke aus?

Wir stellen seit 190 Jahren Fleischprodukte her und haben somit eine lange Tradition. Das Thema Handwerkskunst spielt dabei eine zentrale Rolle – und natürlich das Bild unserer Mühle, die fest auf dem Boden steht. Das bedeutet, wir stehen für diese Bodenständigkeit und verfügen bei den Konsumenten deshalb über eine hohe Glaubwürdigkeit. Das macht uns heute zu einer der bekanntesten und sympathischsten Marken Deutschlands. Dies hat es uns auch erlaubt, bedeutende Innovationen anzustoßen. So haben wir als Pioniere die Kategorie der veganen Fleischalternativen mitbegründet und diesen Markt mit entwickelt. Seitdem ist dieser kräftig gewachsen – wenngleich sein Anteil am Gesamtmarkt noch relativ überschaubar ist. Auf unseren Beitrag zu dieser Entwicklung sind wir sehr stolz. Dabei ist es uns besonders wichtig zwei Punkte in den Mittelpunkt zu stellen: Gemeinschaft und Genuss. So wollen wir als Marke für unbeschwerte gemeinsame Genussmomente sorgen. Getreu unseres Markenclaims: „Am besten schmeckt’s, wenn es allen schmeckt“. 

Wie definieren Sie Ihre Zielgruppen?

Wir unterscheiden hier drei Gruppen, unabhängig von Alter und Geschlecht: die Veganer/Vegetarier, die überzeugten Fleischesser und dazwischen die Flexitarier. Letztere machen etwa 50 Prozent aus, während die Veggie-Gruppe auf rund zehn Prozent kommt. Unsere wichtigste Zielgruppe sind daher die Flexitarier. Schaut man auf die Veganer/Vegetarier, sprechen wir eher über eine jüngere Zielgruppe, die tendenziell stärker weiblich geprägt ist. 

 

Was sind die Benefits Ihrer pflanzlichen Produkte? 

Durch unsere hohe Glaubwürdigkeit und großen Bekanntheitsgrad verzeichnen wir bei den Alternativprodukten erfreuliche Wiederkaufsraten. Wir wissen aber, dass allen voran die Produktqualität und am Ende der Geschmack entscheidend sind, denn ein Produkt verkauft sich nicht per se deshalb, nur weil es aus pflanzlichen Inhaltsstoffen besteht. Auch die Konsistenz und der Geschmack müssen überzeugen. Es geht darum, sehr nahe am Original zu sein. Dabei hilft uns unsere lange Tradition und unsere 190-jährige Expertise in der Herstellung von Fleischprodukten. Diese hat uns nicht zuletzt dabei geholfen, unsere pflanzenbasierten Produkte zu entwickeln und dass diese heute so lecker und beliebt sind. Wir sind davon überzeugt, in diesem Markt über die beste Produktqualität zu verfügen. 

 

Wie treten Sie mit Ihren Konsumenten in Kontakt?

Wir konzentrieren uns in der Konsumentenansprache heute stärker auf Social Media. Wir versuchen aber auch, auf diversen Veranstaltungen – beim Fußball etwa mit der Stadionbratwurst – auf Festivals, Public Viewings und im Rahmen von Vorträgen direkt mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Am PoS bleibt es, vor allem bei Alternativprodukten, nach wie vor eine Herausforderung, den Shoppern das jeweilige Produkt schnell zu erklären und die Kernbotschaft zu transportieren. Mit Blick auf die Zutatenliste geht es vor allem darum, den Konsumenten zu verdeutlichen, dass die Produkte trotz bestimmter Inhaltsstoffe nicht „ungesund“ sind.

 

Welche Social Media-Kanäle nutzen Sie konkret und wie?

Für die jüngere Zielgruppe legen wir den Fokus auf Instagram. Dort spielen inzwischen auch Influencerkooperationen eine zunehmend bedeutende Rolle, beispielsweise hatten wir zuletzt einen PR-Stunt mit einem international bekannten Superstar erfolgreich umgesetzt. Für unsere neue Kids-Range wollen wir auch die sogenannten Momfluencer einbeziehen, deren Einfluss zuletzt deutlich zugenommen hat. Außerdem haben wir eine Partnerschaft mit Pinterest sind wir ebenfalls unterwegs, wobei sich hier vieles um das Thema Rezepte dreht. Und natürlich bespielen wir auch Instagram und TikToK. In der Außenkommunikation nutzen wir aber auch LinkedIn; hier steht allerdings mehr die Verbreitung von Unternehmensnachrichten im Vordergrund und weniger die Produkte.

 

Welche Entwicklungen im Markt fordern Sie am stärksten heraus?

Im Segment der klassischen Fleisch- und Wurstwaren sehen wir uns seit einigen Jahren – wie unsere Wettbewerber – mit einer sinkenden Nachfrage seitens der Konsumenten konfrontiert. Auch die Rohstoffseite gestaltet sich seit Beginn des Ukrainekrieges als zunehmend schwierig. Dazu kommt die in Deutschland traditionell geringe Bereitschaft der Shopper, für hochwertige Lebensmittel auch entsprechende Preise zu bezahlen. Das ist durchaus interessant, da beispielsweise die Wünsche nach mehr Tierwohl bzw.  besseren Haltungsbedingungen, am besten Fleisch in Bio-Qualität, verstärkt formuliert werden. Dass allerdings nur ein kleiner Teil der Konsumenten tatsächlich höhere Preise akzeptiert, ist ein Stück weit paradox. Zwar haben gesellschaftliche Phänomene wie die Fridays-for-Future-Bewegung, angestoßen von Greta Thunberg, und auch die Corona-Pandemie dazu geführt, dass sich das Gesundheits- und Ernährungsbewusstsein der Menschen sehr verändert hat. Die galoppierende Inflation der vergangenen zwei bis drei Jahre hat deren Kaufkraft bzw. -bereitschaft jedoch wieder abgeschwächt und damit diese Entwicklung konterkariert. Daher ist und bleibt es eine große Herausforderung, unsere Ansprüche an eine hohe Fleischqualität und an Regionalität mit den Realitäten am PoS in ein vernünftiges Gleichgewicht zu bringen.

 

Sollten Fleisch und pflanzenbasierte Produkte gleich viel kosten?

Die Fleischwirtschaft ist in Deutschland bereits seit Jahrzehnten sehr effizient organisiert, aufgrund großer Mengen, ausgereifter Technik und jahrelanger Erfahrung. Dieser Effekt schlägt sich natürlich auch in den Preisen nieder. Bei den Fleischalternativen handelt es sich hingegen um eine noch relativ neue Produktkategorie, die in Deutschland noch nicht mal zehn Jahre alt ist. Daher sind hier zusätzlich höhere Kosten im Bereich der Forschung und Entwicklung sowie auch in der Produktion notwendig. Außerdem ist der Weg der Rohstoffe für vegane und vegetarische Produkte oftmals länger - Verfügbarkeit, Qualität und Herkunft können so eine größere Herausforderung darstellen, die sich dann auch im Preis zeigt. Im Unterschied zum Fleischsektor, in dem es bereits eine Reihe von Handelsmarken gibt, steht der Kategorie der Alternativprodukte dieser Wettbewerb erst noch bevor. Damit wird die gesamte Branche vor der Herausforderung stehen, potenzielle neue Konsumenten, die aus einem Preisbewusstsein erst einmal zur Handelsmarke greifen und möglicherweise von einer unzureichenden Produktqualität abgeschreckt werden, nachhaltig zurückzugewinnen.

 

Welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit für Ihre Marke?

Mit Blick auf Rohstoffe beziehen wir beispielsweise nahezu unser gesamter Bedarf an pflanzlichen Proteinen aus Europa. Insbesondere beim Soja wollen wir auch den Anteil, der aus Deutschland kommt, stetig weiter steigern. Dass wir Soja bislang noch nicht ausschließlich aus dem heimischen Markt beziehen, ist vor allem der Produktqualität geschuldet, die wiederum eng mit dem Thema Wetter bzw. Klima zusammenhängt. Darüber hinaus liegen uns Regionalität und kurze Transportwege am Herzen. Aktuell stammen 80 Prozent unserer Lebensmittellieferanten aus Deutschland.

 

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