Hamsterkäufe, Einlasskontrollen – die Corona-Pandemie stellt den britischen Lebensmittelhandel vor ähnliche Herausforderungen wie in Deutschland. Auch die Lebensmittelbestellungen im Internet sind dort stark angestiegen. Und obwohl Lebensmittellieferungen in Großbritannien viel weitverbreiteter sind als in Deutschland, bekommen die Anbieter durch die schiere Masse der Bestellung gehörige Probleme.
Laut Marktforschungsinstitut Mintel hatte E-Food in Großbritannien vor der Pandemie einen Marktanteil von 7 Prozent – nahezu das Siebenfache des entsprechenden Anteils in Deutschland. Nun zwingt der Online-Boom Anbieter wie Ocado, Tesco und Morrisons dazu, ihre Lieferungen zu begrenzen, die Wartezeiten zu erhöhen und die Aufnahme von Neukunden einzuschränken.
Der Supermarktkonzern Tesco kündigte bereits die Einstellung von 20.000 zusätzlichen Mitarbeiter an, um u.a. die Zusammenstellung der Bestellungen in den Supermärkten zu gewährleisten – in Großbritannien geht ein Großteil der Lieferungen von lokalen Märkten aus. Die Zahl der Lieferslots soll jede Woche um 100.000 erweitert werden. Trotzdem kämpft der Supermarktriese mit der gestiegenen Nachfrage.
Auch andere Supermärkte mit einem starken Webgeschäft wie Sainsbury’s, Morrisons und die Walmart-Tochter Asda haben Probleme mit der Logistik. Der Online-Supermarkt Ocado hat die Aufnahme von Neukunden gänzlich gestoppt. In einer E-Mail an Kunden bietet der Supermarktbetreiber Waitrose um Geduld – es stünden erst ab dem 9. Juli wieder Slots zur Verfügung.
Die Online-Supermärkte machen allerdings Ausnahmen für Angehörige von Risikogruppen sowie für Pfleger und Ärzte, die bevorzugt behandelt werden. Besonders, nachdem das Video einer Krankenschwester viral ging, in dem sie sich über leere Regale und fehlenden Slots nach einer 12-Stunden-Schicht bitter beklagte.
Doch die Krise befeuert auch die Kreativität der britischen Lebensmittelbranche. So hat etwa Morrisons vorkonfektionierte Boxen mit ausgewählten Produkten im Angebot. Auch der Warenhausbetreiber Marks & Spencer vertreibt solche Boxen und verschickt sie in Partnerschaft mit einem Food-Lieferdienst. Asda hat eine Prepaid-Karte eingeführt, die Menschen aus Risikogruppen ihren Helfern für den Einkauf mitgeben können.
Während Premieminister Boris Johnson wegen einer Corona-Infektion im Krankenhaus behandelt wird und keine Lockerung der Ausgangsbeschränkungen in Sicht ist, lernen die Briten in der Krise, dass geplante Einkäufe statt Impulskäufe an der Tagesordnung sind. Und dass sie sowohl online als auch stationär mehr Geduld benötigen, frei nach dem berühmten Motto: „Keep calm and carry on“.