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Fisch: Frische Ideen für den Sommer

Es ist Bewegung in der Branche: Der Konsum von Fisch und Feinkost nimmt zu, der Trend geht auch zu Verzehrfertigem aus zertifizierter Zucht. Wie man Frischfisch erfolgreich verkauft, verrät Fischsommelière Marion Seifert der RUNDSCHAU. Spannendes aus der Dose wird mit innovativen Rezepturen beliebter.

An der Seafood-Theke von Rewe Haase in Neustadt in Holstein arbeitet Marion Seifert, eine der wenigen Fischsommelièren Deutschlands. Interview s. u. Foto: Filmkumpels/Hannes Burchert
Von Martina Kausch | Fotos: Filmkumpels/Hannes Burchert

Fisch als Antipasti? Als Salat? Als Brotaufstrich? Oder frisch aus der Theke? Unglaublich abwechslungsreich sind die Möglichkeiten, was man aus und mit Seafood zubereiten kann. Tatsächlich gibt es zahlreiche neue Produkte, die die Begeisterung für Fisch angesichts des hohen Proteingehalts und der Omega-3-Fettsäuren aufgreifen. Ganz vorn dabei: Produkte, die verzehrfertig auch als Snack für unterwegs, zum Mitnehmen ins Büro oder bei Outdooraktivitäten, im Sommer zum Picknick oder als Grillbeilage geeignet sind.

Konserven sind beliebt

Was waren die beliebtesten Fischprodukte der vergangenen Jahre? Laut Fisch Informationszentrum (FIZ) liegen Konserven 2021 mit 28 Prozent Anteil am Gesamtverzehr auf Platz eins, gefolgt von Tiefkühlfisch (24 %), Krebsund Weichtieren wie Muscheln, Garnelen (15 %) und Frischfisch (13 %). Dementsprechend lassen sich die Produktentwickler in der Industrie Neues einfallen. 


5,4 Milliarden Euro wurden 2021 in Deutschland für Fisch und Meeresfrüchte
ausgegeben, so viel wie nie zuvor.

Quelle: Fisch-Informationszentrum e. V.


So hat Homann die Brotaufstrich-Range nach den bisherigen Varianten Eier, Lachs und Geflügel Curry erweitert. Nun sind die Sorten Thunfisch und Geflügel Fiesta im Rennen um die Verbrauchergunst. Und da sieht es nach Meinung von Homann-Marketingmanagerin Manja Behrens gut aus: „Die Brotaufstriche kommen seit der Markteinführung prima an. Deshalb freut es uns, dass wir mit den beiden neuen Sorten unseren Kundinnen und Kunden ein noch größeres Angebot unterbreiten können. Auch die neuen Sorten bekamen in der Marktforschung Bestnoten, nun sind wir gespannt, wie sie sich im Kühlregal bewähren.“

Antipasti – ein Wachstumsmarkt

Salate und vor allem Antipasti sind neben Brotaufstrichen weitere Produktfelder, die Wachstum versprechen. Um jüngere Verwender anzusprechen, hat Hawesta bereits seit einigen Jahren ein breites Thunfischsortiment im Angebot, ab August 2023 wird die Thunfisch-Salat-Range um eine neue Sorte erweitert: Hawesta Thunfisch Salat Asia mit asiatisch abgeschmeckter Rezeptur umfasst Thunfisch, Nudeln, Gemüse und Mangochutney in einer fruchtig-scharfen Sauce. Angetan ist das Unternehmen nach eigenen Angaben von dem zeitgemäßen Design.

Und dann das Thema Antipasti. Als Vorspeise für Heringliebhaber und solche, die sich überzeugen lassen, gibt es seit Mai 2023 eine Hawesta Hering-Antipasti-Range. Die MSC-zertifizierten Heringshappen in Öl mit grobstückigem Gemüse und typischer mediterraner Würzung gibt es in drei Geschmacksrichtungen.


"Viele Menschen sind experimentierfreudig und haben auch bei Fisch Lust auf Neues."

Marion Seifert, Fischsommelière, Rewe Haase


 

Mehrweg an die Theke

Eine Rolle spielt bei neuen Produkten auch die Verpackung. In Zeiten von Mehrweg-Anstrengungen samt Behälterpfand verpackt Homann die Range nicht in der klassischen Hansa-Dose, sondern bietet sie in einer modernen Runddose an, die das Snacken noch leichter machen soll. „Die Dose mag ja ein traditionelles Image haben, bietet aber auch viele Vorteile. Zum einen ist das Material vollständig recycelbar, und andererseits sind die Produkte lange haltbar, somit ideal für die Vorratshaltung oder zum Mitnehmen“, heißt es von Homann-Seite. 

Immer weniger Plastik, bitte!

Thema Plastik: Nach dem ersten Jahr führt Homann Feinkost unter der Marke Nadler seine Kooperation mit Plastic Fischer nun langfristig fort. „Von April 2022 bis Ende März 2023 konnten mithilfe finanzieller Unterstützung durch die Fischfeinkost-Marke bereits 30 Tonnen Plastik aus Flüssen in Asien gesammelt werden“, teilt das Unternehmen mit.

Angesichts dieser positiven Bilanz sei klar, dass Homann Feinkost die Zusammenarbeit mit Plastic Fischer auch in Zukunft fortsetzen werde. Die Ziele sind definiert: Im Zeitraum von April bis Dezember 2023 sollen weitere 22,5 Tonnen Plastik gesammelt werden – ab 2024 sind jährlich 30 Tonnen geplant.

Mit Teriyaki auf zu Neuem

Ebenfalls den Hering für die Konsumenten im Blick hat seit Beginn des Jahres 2023 
Appel. Die Strategie mit dem „Fang des Jahres“ beinhaltet nun mit Hering in Teriyaki-Sauce ein Produkt mit Anlehnung an fernöstliche Geschmacksgefilde. Der „Fang des Jahres 2023“ spricht nicht nur eine junge Zielgruppe an, sondern alle, die Lust haben, etwas Neues auszuprobieren, so das Unternehmen. 

Neues auszuprobieren und die Reaktion der Kunden zu beachten ist auch eines der Geheimnisse einer funktionierenden Frischfischtheke. Denn neben dem Üblichen zum Selberzubereiten stehen auch hier Salate, Antipasti und To-go-Ware jeder anderen Art bei den Kunden hoch im Kurs.

Fischtheke als Lebenmittelretter

Die Fischtheke im Markt nahe am Eingang erhöht die Attraktivität von Kunden mit Interesse an Fachgeschäftqualität. Zunehmend bieten Händler nicht nur ein Sortiment an frischem Seafood, sondern auch Salate, Bowls, und Wraps an. Wer diese To-go-Produkte im Markt selbst herstellt, vermeidet auch noch Abschriften und arbeitet gegen die Lebensmittelverschwendung. Auch dies sind Themen, die beim Kunden punkten.

INFO

Marion Seiferts Tipps für Fisch und Fischfeinkost als Umsatzbringer

  • Süss- und Salzwasserfische getrennt und farblich abwechslungsreich platzieren. Ein ganzer Fisch neben den Filets der Sorte gibt den Kunden Informationen. Das Auge isst mit.
  • Die Fischtheke je nach Jahreszeit und damit Zubereitungstrends gestalten. Im Sommer mehr Mariniertes zum Grillen und ganze Fische anbieten, im Winter eher Filets.
  • Tipps zur Zubereitung geben. Viele Kunden sind empfänglich für Ideen und Rezepte. Beispielsweise trauen sich mehr Kunden zu, bereits vorbereitete, marinierte oder gewürzte Doraden auf den Grill zu legen als ungewürzte.
  • Mit Fachwissen punkten. Fischsommelière Marion Seifert (Interview unten) kann erklären, warum Rotbarsch und Steinbeißer im Frühjahr leicht schwefelig riechen: Die Tiere fressen Flügelschnecken, das Resultat ist dieser schwefelige Duft. Wer das nicht weiß, hält das Fischfleisch womöglich für nicht ganz frisch. 

 


INTERVIEW

Marion Seifert

Fischsommelière, Rewe Haase

Was war für Sie bei der Ausbildung zur Fischsommelière besonders spannend? Welche Learnings überraschten?
Die Fischarten kennt man ja eigentlich, aber ich wusste nicht, warum Rotbarsch wie auch Steinbeißer im Frühjahr leicht schwefelig riechen. Das liegt an den Flügelschnecken, die sie dann gerne fressen. Viele Verbraucher denken bei diesem Geruch, der Fisch sei verdorben, aber das stimmt eben nicht: Der Fisch hat den besonderen Geruch durch seine Nahrung.

Wie viele Fische haben Sie aktuell in der Theke, was läuft besonders gut?
Zusammen mit Filets und ganzen Fischen sowie Schalentieren haben wir etwa 40 verschiedene Sorten in der Theke, dazu etwa 35 Räucherprodukte. Wir räuchern mehrmals wöchentlich in unserem Räucherofen, direkt in der Abteilung im Markt. Des Weiteren haben wir etwa 70 Fischsalate, inklusive Marinaden. Beim Fisch kommt es auf die Saison an: Zur Grillzeit sind ganze Fische gefragt, Doraden, ganze Makrelen, Saiblinge. Lachs ist ganzjährig ein tolles Produkt, weil man zu jeder Zeit damit sehr viel machen kann: Man kann ihn marinieren, braten, grillen …

Gibt es Nord-Süd-Unterschiede beim Fischgeschmack der Kunden?
Während meiner Zeit in Nordrhein-Westfalen habe ich festgestellt, dass man dort eher die
Süßwasserfische bevorzugt, während im Norden Meeresfische wie beispielsweise die Dorade beliebter sind.

Früher hieß es, Filets seien an der Theke gefragter als ganze Fische. Stimmt das noch? Und ist der Freitag bei den Kunden immer noch der Fischtag der Woche?
Das kann ich so nicht bestätigen. Zwar bevorzugen vor allem ältere Kunden Filets, aber viele Menschen sind auch experimentierfreudiger und haben Lust auf Neues. Diese Kundinnen und Kunden lassen sich auch gerne zur richtigen Zubereitungsweise beraten. Insgesamt hat der Fischkonsum bei uns zugenommen – nicht nur freitags. 

Wie vermeiden Sie Abschriften?
Viele Produkte, wie etwa Bouillabaisse oder Fischfrikadellen, stellen wir selbst her. Zudem bestellen wir nur entsprechend der zu erwartenden Nachfrage. Die Kunden hier an der Küste haben Verständnis, wenn am Abend etwas ausverkauft ist – am nächsten Tag ist alles dann wieder frisch vorhanden. Bei sensibler Ware wie Fisch ist die Frische ganz besonders wichtig. 


"Wir haben Mehrwegbehälter im Pfandsystem, die die Kunden am Automaten abgeben."

Marion Seifert, Fischsommelière


Wie wichtig ist Ihnen und den Kunden die Nachhaltigkeit bei der Verpackung? 
Sehr wichtig! Wir haben Mehrwegbehälter im Pfandsystem, welche die Kunden zusammen mit ihren Pfandflaschen ganz einfach am Automaten abgeben können. Außerdem verzichten wir, wo es möglich ist, auf Plastikverpackungen und nutzen stattdessen Papiertüten. Wir nutzen sogar Schweißfolie aus Papier, in welcher man Fisch 24 Stunden im Kühlschrank aufbewahren kann.

Welche Tipps haben Sie für die Gestaltung und Präsentation der Fischtheke? 
Das Auge isst mit – das gilt auch für Fisch. Mit Lachs und Wels kann man farbliche Akzente setzen. Süßwasserfische und Salzwasserfische sollten in der Theke getrennt platziert werden. Auch sollten keine weißen Filets nebeneinander liegen – lieber Lachsforellenfilet oder Lachs dazwischen platzieren. Es wirkt auch toll, wenn man die ganzen Fische neben die Filets legt – manche Kunden wissen nicht, wie ein ganzer Kabeljau oder Rotbarsch aussieht.

Was halten Sie von Fischen aus regionaler Zucht? Rewe züchtet ja in Wiesbaden-Erbenheim selbst Barsche, und es gibt immer mehr regionale Garnelenzuchten. 
Wir beziehen bereits Forellen, Bachforellen, Saiblinge, Maränen, Karpfen und auch Welse aus der regionalen Fischzucht in Sarlhusen (Schleswig-Holstein). In Glückstadt (Schleswig-Holstein) gibt es seit Kurzem eine Garnelenzucht. Das ist für uns künftig auch eine Option.

Eine Frage zum Schluss: Wie wird man in Deutschland Fischsommelière?
Ich habe einen internationalen Kurs besucht, der ein halbes Jahr dauert und auch Präsenzveranstaltungen beinhaltet. Kursinhalte sind anhand von Schulungsunterlagen in Eigeninitiative zu lernen. Zum Abschluss steht eine Prüfung in vier Teilen an: schriftlich, sensorisch (sehr wichtig bei Fisch), praktisch sowie mündlich. Nur wer alle Teilprüfungen besteht, darf sich Fischsommelière nennen.

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