Die Kombination aus Pistazie, Engelshaar und Schokolade hat in den sozialen Netzwerken eine richtige Masseneuphorie ausgelöst: Vor zehn Jahren wäre so ein weltweiter Medienrummel nicht möglich gewesen, oder?
Das ist auf jeden Fall ein Thema, das heute anders funktioniert und schneller geht als vor zehn Jahren. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Welt noch mehr ein Dorf geworden ist und der aktuelle Medienkonsum für eine schnelle Verbreitung sorgen kann.
Man darf aber auch nicht vergessen, dass es dem Lebensmitteleinzelhandel immer mehr ein Bedürfnis ist, nach neuen Themen zu suchen, um Menschen in Kauflaune bringen. Das verstärkt den Hype weiter. Dubai fand am Ende ja sogar auf Weihnachtsmärkten bei Crêpes, Churros oder Bratwurst statt.
Wie lässt sich dieser unglaubliche Hype denn allgemein erklären?
Diese Thematik ist ja nicht zufällig im Herbst explodiert. Wir waren raus aus der schönen Jahreszeit Richtung Weihnachten, in der vor
allem Schokolade und luxuriöse Schokoladenkreationen im Fokus sind. Dann haben wir den Pistazienaspekt – eine schon vorher gehypte
Zutat, nicht nur in der arabischen Community – sowie die virale Verbreitung, die dazu geführt hat, dass die Menschen das Gefühl hatten: Jetzt oder nie, es ist bald ausverkauft und ich will unbedingt noch mit dabei sein.
Und nicht zuletzt dieses Wegträumen in ein Luxusland, in dem die ganzen Transformationssorgen, die wir in Deutschland gerade haben und die meinen Alltag so belasten, nicht vorhanden sind. Man denkt nicht über Nachhaltigkeit und Fairness nach, über vegan oder den Preis. Mit der Dubai-Schokolade kannst du dir ein Stück von diesem Traum der guten alten verschwenderischen Welt abbeißen. Auch deshalb war das gebeutelte Deutschland das erste Land in Europa, in dem dieses Thema wirklich Fahrt aufgenommen hat.
Gleich mehrere Leute haben ein Patent auf die Schokolade angemeldet – wer hatʼs denn nun erfunden?
Angeblich gibt es tatsächlich einen bestimmten Hersteller in Dubai, der damit schon 2021 angefangen hat. Die Erfinderin war zu dem Zeitpunkt wohl schwanger und hat nach einem Heißhungerrezept gesucht. Wenn man dann zufällig eine Schokoladenfabrik hat, dann hilft das. Es wäre natürlich spannend zu sehen, ob im Frühjahr/Sommer ein nächster saisonaler Hype unter dem Dubai-Dach um die Ecke kommt. Das könnte ich mir gut vorstellen.
Mittlerweile ist jeder auf den Zug mit aufgesprungen. Wie lange können denn Industrie und Handel noch von der süßen Kreation profitieren?
Der Erfolg hängt mit dem Durst des Handels nach Innovation zusammen. Die Konsumenten suchen eher nach Schnäppchen, und der Handel sucht Auswege aus dieser Spirale. Wenn dann so eine Idee hochkommt, versucht wirklich jeder aufzuspringen. Nachdem die Tafeln mittlerweile breit im LEH angekommen sind, wird das Thema bald abflachen. Die Aldis und Lidls dieser Welt haben diesen Luxus-Snack einem Großteil der Bevölkerung zugänglich gemacht. Die Konsumenten mussten sich nicht mehr zwei Stunden bei Lindt anstellen oder online bestellen. Auch der Preis war ein völlig anderer. Dadurch geht aber ein wichtiger Bestandteil verloren – der Luxus, die Verschwendung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Dubai-Schokolade dauerhaft im Sortiment halten wird. Im Frühjahr geht es wahrscheinlich wieder um leichtere Produkte und sommerliche Varianten.
Im Februar wird das Thema auch auf der ISM spannend ...
Sicher wird es Leute geben, die versuchen, den Hype in irgendeiner Form fortzuschreiben. Vielleicht mit anderen Engelshaar-Kreationen oder eben entlang der Dubai-Luxus-Story. Ich bin sehr gespannt!
ZUR PERSON
Florian Klaus ist Markenpsychologe bei K&A Brand Research. www.ka-brandresearch.com