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Kompetenz zeigen – Interview mit Peter Obeldobel

Galeria Karstadt Kaufhof stellt sich neu auf zum „Kaufhaus der Zukunft“, künftig nur noch als Galeria. Heller, moderner, serviceorientierter. Peter Obeldobel, CEO Food und Gastro, über den Weg zur Leistungsführerschaft.

Von Johanna Wies | Fotos: Heiko Rhode

Was zeichnet die neue Markthalle im Vergleich zur Konkurrenz nun aus?

Ohne Alleinstellung keine Zukunft. Ich glaube, dass die Galeria Markthalle im Wettbewerbsvergleich eine sehr gute Position in der Frische und der Feinkost hat, sowohl bei Wein und Spirituosen als auch beim Thema Gastronomie innerhalb von Lebensmitteln.

Ich fange mal bei der Frische an: Wir haben eine Käsetheke mit 700 verschiedenen Sorten, das findet sich sonst sehr, sehr selten in der Innenstadt. Natürlich gibt es das ab und zu im Großmarkt oder bei dem einen oder anderen Wettbewerber in Deutschland. Aber unser Anspruch ist es, der Beste zu sein in der Frische. Wenn man die Fischtheke anschaut, da fällt einem sofort die Zwölf-Meter-Fischpräsentation ins Auge. Das ist nicht unbedingt etwas Neues, das ist auch in der Vergangenheit ähnlich umfangreich gewesen. Ebenso bei der Metzgerei und den anderen genannten Themen.

Aber in der Vergangenheit war das Problem: Potenzielle Neukunden haben das nicht gesehen. Wenn man diesen Markt als Stammkunde kennt, schätzt man die Qualität und weiß, wo man hin muss. Aber für Neukunden war es von außen betrachtet fast unmöglich, diese Kompetenz wahrzunehmen. Wir mussten es jünger, offener und frischer machen und die Alleinstellung stärker herausarbeiten. Bei den Weinen, da können wir es mit jedem Weinfachhändler der Innenstadt aufnehmen. Den Champagner gibt es in der Form beim Lebensmittelhändler so gut wie nicht. Auch dass wir der größte Feinkosthändler in Deutschland sind, hat man nicht auf den ersten Blick sehen können. Beispielsweise haben wir eine ganze Gondel nur mit Trüffelspezialitäten. Und für all das braucht man eine gute Beratung.

Auf Anfrage schicken wir die ausgewählte Ware auch nach Hause. Das ist das, was uns ausmacht: die Präsentation und die Menschen, die beraten. Wir erlebten es in der Vergangenheit, wenn wir eine Filiale geschlossen haben: Die ersten Mitarbeiter, die einen neuen Job gefunden haben, waren die aus der Frische und aus der Wein- und Spirituosenabteilung.

Und was zeichnet die neue Markthalle aus, im Vergleich zur vorherigen?

Zunächst einmal ist sie hell. Es war ein schmaler Grat im Ladenbau, die Wertigkeit hereinzubringen, ohne teuer zu wirken oder kalt in der Frische. Es muss frisch sein, hell, aber nicht steril. Mein Lieblingsbeispiel im Lebensmittelhandel ist Globus an der Züricher Bahnhofstrasse. Dort gehe ich rein und denke, wie schön kann Lebensmittel sein! Holzboden, alles dunkel, alles warm.

Wenn wir dies so bei uns umsetzen würden, dann würde bei unserem Angebot der ein oder andere sagen, das muss aber teuer sein. In der Schweiz weiß man, Lebensmittel sind teuer, da ist das möglich. Ich finde es aber schön und habe mich davon auch inspirieren lassen.


Was ist das architektonische Konzept der Markthalle?

Hell, freundlich, wertig, nicht teuer. Was mir aber auch wichtig ist, dass diese Highlights einzeln herausgearbeitet sind. Zum Beispiel an der Fischtheke haben wir kleine, runde Lampen, die wie aufsteigende Bläschen wirken sollen. Mit dem Spiegel an der Decke und den schwarzen Fliesen an der Wand wollen wir die „Fischerei“ noch stärker herausstellen. Die Themen einzeln herauszuarbeiten, das ist mir ganz wichtig.

 

In der Metzgerei wollen wir nach vorne arbeiten, so soll an der Schneidemaschine den Kunden nicht mehr der Rücken zugekehrt werden. Die volle Aufmerksamkeit auf den Kunden, der ständige Blickkontakt, das ist Wertschätzung. An der Käsetheke war uns der Sortimentsumfang sehr wichtig. Es macht einfach Spaß, so ein tolles Angebot zu verkaufen. Bei der „Braterei“ haben wir mit einer wunderschönen dunklen Fliese gearbeitet, um die Wertigkeit zu unterstreichen. Bei der Bäckerei wollen wir mit Carlotta eine neue Marke gemeinsam mit unserem Partner aufbauen, ebenso wie mit dem Sushi-Club. Und in unserer Frischeküche bereiten wir auf Kundenwunsch ein schönes Stück Fleisch oder einen leckeren Fisch zu, gerne mit einem ausgewählten Wein aus unserer Weinabteilung.

Zudem soll das Alltägliche, das der Kunde braucht, so einfach wie möglich gehalten werden. Wir haben die Übersichtlichkeit verbessert und das Ladenlayout optimiert. Was das Ganze abrundet: Wer Zeit hat, den laden wir gerne ein, unsere kleinen Geschichten oder Kommentare zu lesen, die über den Regalen stehen. Damit versuchen wir zusätzlich, unsere Besonderheiten deutlich zu machen.

Das Motto lautet: „Der Mensch im Mittelpunkt“. Wie wird der Mensch in der Galeria 2.0 konkret sichtbarer?

Unsere Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen und natürlich auch stolz auf „ihre“ neue Markthalle sein. Zum Beispiel unsere Weinfach-
berater beziehungsweise Sommeliers – da spürt man richtig, dass sie nun eine tolle Umgebung haben, in der es so richtig Spaß macht zu verkaufen.

Wenn sich unsere Mitarbeiter wohlfühlen, wenn es ihnen gutgeht, nur dann kann es auch unseren Kunden gutgehen. Jeder macht es auf seine Weise. Aber das Wichtigste ist, dass es Spaß macht. Bemerkenswert ist auch die Veränderung: Ich bin vor und nach der Neueröffnung hier umhergelaufen und schaute in die Gesichter. Es ist ein Riesenunterschied. Und darüber freue ich mich sehr! Unsere Mitarbeiter waren auch vorher freundlich. Aber irgendetwas ist passiert …

Schauen wir mal auf die Sortimente. Wie wählen Sie die Produkte aus?

Wir haben versucht, uns im „Alltäglichen“ zu verkleinern, um für das Besondere mehr Fläche zu schaffen. Dies war für alle Beteiligten eine echte Herausforderung. Aber unsere Teams haben dies wirklich gut umgesetzt. Und wir haben etwas daraus gelernt: Wir müssen uns noch mehr über die Sortimente austauschen. Deshalb haben wir auf Basis der Erfahrung in der Galeria Warenhaus Showcase-Filiale in Frankfurt neue Kompetenzteams installiert, eine gute Mischung aus Category Management, Einkauf und Vertrieb. Diese sollen sich sehr regelmäßig zusammensetzen und besprechen: Was brauchen wir, was ändert sich, was ist in meiner Region anders als in deiner.

Aus diesen Teams sollen noch mehr Impulse kommen, wie wir unsere Sortimente gestalten und nach vorne entwickeln. So können wir mehr Kundenwünsche erfüllen. Wenn ein Kunde kommt und sagt, ich möchte gerne diesen Champagner und kaufe ihn regelmäßig, dann nehmen wir ihn ins Sortiment auf. Wir sind einer der wenigen Lebensmittelhändler, der das sehr konsequent lebt.

Wer ist Ihre Zielgruppe?

Ich sag es mal so: Unsere Zielgruppe sind die Menschen, die Wert legen auf ein wirklich exzellentes Produkt und die es schätzen, dazu auch eine kompetente Beratung zu bekommen. Das sind die Menschen, die wir ansprechen. Aber auch die, die nur für einen Kaffee hereinkommen oder etwas Leckeres genießen wollen. Für jeden ist etwas dabei. Und wir freuen uns natürlich darüber, dass wieder mehr zu Hause gekocht wird.

Hier wurde erkennbar ein Schwerpunkt auf Gastronomie gelegt. Warum?

Wir haben 150 Sitzplätze, weil wir glauben, dass der eine oder andere Spaß hat, diese frischen Produkte direkt auszuprobieren. Man kann sich ein Stück Fleisch aussuchen, geht in die Weinabteilung, sucht sich eine Flasche Wein dazu, zahlt ein Korkgeld, bekommt diese aufgemacht. Man kann spontan genießen, mit allen Sinnen erleben. Ich glaube, dass es dafür einen Markt gibt. Und dass es den Menschen Spaß macht. Gegessen und getrunken wird immer. Für die Spontanität bieten wir Raum.

Allerdings ist es sehr überraschend, dass wir bereits viele Reservierungsanfragen erhalten haben, darauf waren wir gar nicht eingestellt. Wir sind ein Lebensmittelhandel, und es gibt Reservierungen, ich bin begeistert. Und natürlich dürfen alle so lange sitzen bleiben, wie sie wollen: genießen, ausprobieren, sich verwöhnen lassen.

Wer sind die Partner für Produkte und Gastro? Nach welchen Kriterien haben Sie sie ausgewählt?

In der Sushi-Bar ist es der Partner, den wir bereits hatten und mit dem wir sehr zufrieden waren, Maruyasu. Mit Heberer in unserer Carlotta Bäckerei waren wir uns auch sicher, dass es gut passt, mit ihm haben wir bereits mehrere Standorte. Er ist super schnell, kreativ, frisch und hat eine tolle Backtradition. Für die Champagner-Bar ist unser Partner Laurent-Perrier. Bereits in den ersten Wochen bekommen wir von dieser Marke eine tolle Unterstützung.

In der Gastronomie in der siebten Etage der Galeria Showcase-Filiale in Frankfurt machen wir fast alles selbst. Mit der Handrollbar Go by Steffen Henssler haben wir ein zusätzliches Highlight geschaffen. Mit Steffen Henssler und seinem Geschäftspartner Matthias Weise haben wir viele Ideen diskutiert.

Inwieweit ist die neue Markthalle nachhaltig ausgerichtet?

Mit einem Umsatzanteil von knapp 20 Prozent an lokalen und regionalen Produkten sind wir schon auf einem guten Niveau. Aber da geht auch noch mehr. Zusätzlich produzieren wir in Frankfurt zum ersten Mal unsere eigenen Kräuter im Markt. Hierfür haben wir in den ersten Wochen sehr viel positives Feedback bekommen.

Natürlich gäbe es noch sehr viel mehr über das Thema Nachhaltigkeit zu berichten, aber das würde hier den Rahmen sprengen. Ein spannendes Thema, das einen hohen Stellenwert bei uns hat.

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