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Krisen als Chancen: Die Zukunft Deutschlands gestalten

Ein Blick auf Herausforderungen und Lösungsansätze vom 62. MMM-Kongress: Innovation, Unternehmergeist und Offenheit als Schlüssel zum Erfolg.

Von Karina Caspers | Fotos: Reinhard Rosendahl für MMM-Club

Am ersten Tag des 62. MMM-Kongress in München wurden multiple Krisen aufgezeigt. Deutschland mittendrin als kränkelndes Männchen, das gegen die Superwirtschaftsmacht China an Wichtigkeit immer verliert und dem die westlichen Alliierten verloren gehen. Allen voran die wahrscheinlich bald wieder von Trump regierten USA. Die Befürchtung des Sicherheitsexperten Prof. Peter R. Neumann vom King’s College London: Trump löst das Versprechen, die Nato zu unterstützen auf.

Gedrosselter Gasverbrauch

Die öffentliche Infrastruktur, der Wohnungsmangel und die daraus kaum noch vorhandene Binnenmobilität gehören laut Prof. Dr. Moritz Schularick vom Kieler Institut für Weltwirtschaft zu Deutschlands großen Problemen. Die Digitalisierung schreitet ebenfalls nicht im erhofften Tempo voran. Ein weiterer Punkt der Polykrise: der Wegfall der günstigen Energie aus Russland. Doch eine der 27 Seiten der Präsentation des Kielers überrascht mit einer positiven Message: Das verarbeitende Gewerbe in Deutschland hat es geschafft, den Gasverbrauch erheblich zu drosseln – um über 20 Prozent. Ein Erfolg – auch im Vergleich zu anderen europäischen Nationen.

Wiedergeburt des Wirtschaftswunderlands

In Deutschland steckt sie also doch noch, die Innovationskraft, die uns einst zum Wirtschaftswunderland gemacht hat. Wir müssen sie nur wieder erwecken, so wie Unternehmerin Sarna Rösner es sich zur Aufgabe gemacht hat. Mit Leidenschaft appellierte sie, dass wir wieder eine Vision für Deutschland brauchen. Die liegt für sie jenseits von Gendersternchen und Cannabislegalisierung, sondern vielmehr in der Rückbesinnung auf Leistung. Auf die eigene und nicht auf die des Staates. Schluss mit der Hängematten-Philosophie hin zum digitalen Wirtschaftswunder. Startpunkt hierfür ist die Schulbildung. Nach Angela De Giacomo (u.a. Initiatorin der WunderNova Bildungswerk GmbH) geht es unter anderem darum zu verstehen, wie Digitales funktioniert und nicht etwa darum, wie Endgeräte genutzt werden können.

Omnichannel Ökosystem

Die Transformation geht zu schleppend voran, so auch die Erfahrung von Prof. Dr. Arnold Weissman. Seine Analyse: Entscheider verändern oft ihr Mindset nicht, weil sie so lange erfolgreich waren. Dass es aber gerade diesen Change braucht, zeigt Torsten Toeller, Gründer und Inhaber der Fressnapf-Gruppe. Im erfolgreichsten Jahr der Firmengeschichte wagte er die Transformation. Seine Vision: Happier pets – Happier people. Heute gehören zu seinem Omnichannel Ökosystem weit mehr als Märkte, die Katzen- und Hundefutter verkaufen. In der App gibt es u.a. Coupons und Tipps. Auf der Website E-Commerce und einen Marktplatz. Die Digitale Services umfassen etwa Tier-Tracker und Tierärzte, denen Fressnapf-Kunden Fragen stellen können. Übrigens auch bald mittels KI, nicht zuletzt, weil es an echten Tierärzten fehlt. Im Mittelpunkt seines unternehmerischen Tuns steht die Frage: Was will der Kunde? Arnold Weissman spitzt sie zu: „Konsumenten kaufen keine Produkte, sondern den Nutzen.“ Und der ist bei Fressnapf: Das Zusammenleben von Mensch und Tier glücklicher zu machen.

Handeln für ein erfolgreiches Morgen

Die Krisen als Chancen zu sehen, das macht Unternehmertum aus. Lösungsvorschläge gibt es. Nach Arnold Weissman sind die kundenzentriert, technologiebasiert, datengesteuert und nachhaltig. „Wir müsse uns neu erfinden, um relevant zu bleiben“, sagt Torsten Toeller. Dafür braucht es den oft beschrieben Mut. Organisationen müssen ihre Kultur ändern und das kann man eben nicht managen. Das gelingt nur, wenn es in Unternehmen Führungskräfte gibt, die als Vorbilder dienen, die den Willen haben, etwa das Motto des MMM-Kongresses umzusetzen: Gemeinsam Gutes schaffen. Oder wie es der Indisch-amerikanische Politikwissenschaftler Dr. Parag Khanna formuliert: „Morgen wird es anders sein als gestern und dafür sind wir verpflichtet zu handeln.“

Wirtschaftskraft durch Migration

Zu diesem Morgen gehört es auch, dass sich unser Land verändert. Schon zum Opening des Kongresses formulierte Simone Krah, Präsidentin des MMM-Club e.V., wir brauchen eine offene Gesellschaft, eine geregelte Migrationspolitik, eine klare Positionierung gegen Rechts und gegen die AfD. Aus moralischen Gründen, aber nicht nur. Das verdeutlichen die Worte von China-Experten Frank Sieren. Unsere deutschen Werte können wir nur einsetzen, wenn wir wirtschaftlich stark sind, sonst spielen wir an den Verhandlungstischen der Welt keine Rolle mehr. Migration und Wirtschaft gehen Hand in Hand. Deutschland büßt jedes Jahr Einwohner und damit Arbeitskräfte ein, zieht man die Migranten ab. Menschen ansammeln heißt, Macht ansammeln. Migration ist eine Chance, so beschreibt es Parag Khanna. Es braucht in Deutschland Fachkräfte, sonst kommt es weiter zu Einbußen der wirtschaftlichen Kraft.

Dankbarkeit für Deutschland

Krisen. Chancen. Erfolge – all das vereint die Lebensgeschichte von Jacob Fatih. Weil er im Iran „Die satanischen Verse“ ins Persische übersetzte, musste er 1997 aus seinem Heimatland fliehen – nach Deutschland, genauer nach Essen. Er wurde die rechte Hand von McFit-Gründer Rainer Schaller. Dann wurde er selbst zum Multi-Unternehmer. Fatih, der sich als perfekt eingedeutschten Perser beschreibt, sagt: „Wenn man die andere Seite der Medaille kennt, weiß man, wie wichtig Dankbarkeit ist.“ Er ist dankbar, in Essen wie ein Freund aufgenommen worden zu sein. Er ist dankbar, Vermieter gehabt zu haben, die eine Etage unter ihm wohnten und offene Türen hatten. Sie hatten keine Angst vor dem Fremden, dem damals jungen Mann aus einer scheinbar ganz anderen Welt. Uns alle sollte dieses großartige Gefühl der Dankbarkeit überkommen, wenn wir an unser Land denken. An die Offenheit, die eben auch dazu geführt hat, dass Deutschland nach dem Krieg zu einer führenden Wirtschaftsmacht wurde. Gemeinsam Gutes schaffen – das ist es auch, für das Deutschland in Zukunft stehen muss!

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