Wer die Entwicklung der Theken in den vergangenen Jahren beobachtet hat, wird es bereits festgestellt haben: Die klassische Bedientheke, mit der sich insbesondere die Vollsortimenter gegenüber dem (Hard-)Discount zu profilieren wussten, ist trotz der anhaltenden Megatrends Bio, Nachhaltigkeit und Tierwohl zuletzt immer stärker unter Druck geraten.
Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Einerseits leiden die selbstständigen Händler seit geraumer Zeit unter dem allgemeinen Fachkräftemangel, der sich auch bei der Suche nach qualifiziertem Thekenpersonal zeigt. Darüber hinaus treten auf Shopperseite die Folgen der multiplen Krisen zutage, allen voran die galoppierende Inflation.
Kurz gesagt: Die Verbraucher sind angesichts der bescheidenen Großwetterlage nicht nur verunsichert, bei vielen ist schlicht die Kaufkraft spürbar gesunken. Kaum verwunderlich also, dass die Nachfrage nach hochwertigen, beratungsintensiven Fleisch- und Wurstwaren tendenziell zurückgeht.
Höhere Preissensibilität
Entsprechend positiv wirkt sich diese Entwicklung auf die SB-Theken aus. Insbesondere der Preisaspekt spielt für die Konsumenten seit Beginn der jüngsten Verteuerungen im LEH eine entscheidende Rolle.
Wie aus dem aktuellen Report „AnGERICHTet. Ein Stimmungsbericht von Deutschlands Esstischen” der Rügenwalder Mühle hervorgeht, entscheiden sich beim Fleischeinkauf knapp die Hälfte der Befragten (46 %) wegen zu hoher Preise gegen die Bedientheke. Weiteren 41 Prozent dauert es dort zu lange, während ein Viertel (29 %) nicht das gewünschte Produkt findet beziehungsweise fehlende Informationen (15 %) bemängelt.
Edeka-Kaufmann Sören Görse (Edeka Görse & Meichsner Berlin) beobachtet im SB-Bereich vor allem bei Schinken eine starke Nachfrage: „Ob roh, gekocht oder luftgetrocknet, Schinken steht bei unseren Kunden gerade hoch im Kurs. Dabei werden unterschiedlichste Varianten und Länder ausprobiert.“ Aber auch das Thema Veggie/Vegan sei weiter auf dem Vormarsch: „Die veganen SB-Produkte wachsen bei uns überproportional gegenüber klassischen SB-Wurstwaren, teilweise um bis zu 25 Prozent.“
Unser Segment SB-Wurst wächst seit Jahren stetig, sowohl in der Breite als auch in der Tiefe.
Sören Görse, Edeke Görse & Meichsner
Flexible Marketing-Spielwiese
Trotz der anhaltenden Diskussionen um das Vermeiden von Verpackungsmüll scheint es vielen Konsumenten wichtiger zu sein, die gesuchten Produkte schnell und bequem in den Einkaufswagen zu bekommen. Zum Teil wird dem SB-Segment sogar ein Qualitätsvorsprung zugeschrieben. „Einige Shopper sind tatsächlich der Meinung, fertig verpackte Waren wären frischer als Produkte aus der Bedientheke“, stellt Sören Görse überrascht fest.
Ungeachtet dessen bietet die SB-Theke den Herstellern, im Gegensatz zur Bedientheke, die Möglichkeit, über die Verpackungen wichtige Marketingbotschaften zu transportieren, sei es mit Bildern, Slogans, Produktinformationen oder diversen Siegeln.
Einen weiteren Vorteil der SB-Theke für den LEH sieht Edeka-Kaufmann Görse in der größeren Flexibilität: „Wir können etwa bei saisonalen Produkten oder neuen Sorten etwas schneller reagieren und damit Trends kurzfristig bedienen. Zudem ist es einfacher, ausländische Sortimente aufmerksamkeitsstark zu präsentieren und zu kommunizieren, da die entsprechende Kundenklientel diese Produkte nicht zwangsläufig an der Bedientheke sucht.“
