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Studie: 70 Prozent der Lebensmittelverluste wären vermeidbar

Bevor Produkte in Geschäften landen, gehen weltweit Lebensmittel im Wert von etwa 600 Milliarden Dollar im Ernteprozess verloren. Laut einer Studie könnten bis zu 70 Prozent davon vermieden werden. Gefragt sei die Zusammenarbeit von Industrie und Handel.

Von Sibylle Menzel | Fotos: AdobeStock/Joaquin Corbalan

Jedes Jahr werden 33 bis 40 Prozent aller globalen Lebensmittel, rund zwei Milliarden Tonnen, vergeudet. Eine Hälfte davon geht in vorgelagerten Prozessen verloren, bevor die Produkte in den Lagern und Geschäften des Lebensmittelhandels ankommen. Dieser Lebensmittelverlust erreicht global einen Wert von 600 Milliarden Dollar, die Lebensmittel gehen bereits während oder kurz nach der Ernte verloren.

Zwischen 50 bis 70 Prozent des Lebensmittelverlustes könnten laut der McKinsey-Studie "Reducing food loss: What grocery retailers and manufacturers can do" allerdings vermieden werden, "wenn Lebensmittelhersteller und -händler die weltweiten Bemühungen zur Reduzierung von Lebensmittelverlusten anführen und allen Beteiligten der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten würden", so die Studienbetreiber.

Auch die ökologischen Auswirkungen der Lebensmittelverluste sind laut Studie enorm:  Demnach verbrauchen sie ein Viertel der weltweiten Süßwasservorräte. Zusammen mit den später im Handel oder von Konsumenten verschwendeten Lebensmitteln werden Treibhausemissionen verursacht, die acht Prozent der weltweiten Emissionen ausmachen - und damit vier Mal mehr als die Luftfahrtindustrie.

Vorteil einer Reduzierung von Verlusten: Die Herstellungskosten (Cost of goods sold - COGS) der Einzelhändler würden um drei bis sechs Prozent und die der Produzenten um fünf bis zehn Prozent sinken. Weniger Lebensmittelverluste hätte auch ökologische Vorteile: CO2-Emissionen und die damit verbundenen Kosten würden um vier bis neun Prozent sinken.

Wenig Verluste bei Milch und Fleisch

Fleisch- und Milchprodukte haben laut Studie sehr wenig Anteil am Lebensmittelverlust - und damit auch an dessen negativen Umweltauswirkungen: Der Anteil von Fleisch am Lebensmittelverlust betrage drei Prozent, der von Milch fünf Prozent. Dagegen haben drei Kategorien - Obst/Gemüse, Getreide und Wurzeln/Knollen - mit 75 Prozent den größten Anteil am Lebensmittelverlust. So gingen beispielsweise 50 - 75 Millionen Tonnen Tomaten jedes Jahr bei oder kurz nach der Ernte verloren, rund ein Viertel davon bereits beim Pflücken und Verstauen in Behältern.

Ursachen und Lösungen

Die Hauptursachen für den Lebensmittelverlust bei der Ernte sind zu gleichen Teilen: Überproduktion, Produkte, die nicht den Kundenwünschen nicht entsprechen und Lebensmittel, die Schäden aufweisen, die die Produkte ungenießbar machen. Zwei Drittel könnten folglich noch von Menschen gegessen werden, ein Drittel könnte noch alternativ, beispielsweise als biobasierter Rohstoff oder Tiernahrung genutzt werden.  Lebensmittel-händler und -produzenten könnten 80 Milliarden Dollar neues Marktpotenzial durch die Nutzung dieser Lebensmittel schaffen.

Auch fehlende Transparenz und Kommunikation unter den Beteiligten in der Wertschöpfungskette hätten Lebensmittelverluste zur Folge. Erzeuger können überproduzieren, weil sie die Marktnachfrage nicht genau kennen, während Hersteller und Einzelhändler oft wenig Transparenz über das Angebot haben. Strenge Kundenerwartungen können zu einer Zurückweisung von Produkten durch den Einzelhändler nach der Ernte führen, da diese nicht den Standards und Erwartungen des Einzelhändlers entsprechen. Die meisten Beschaffungsverträge schaffen keine Anreize zur Reduzierung von Lebensmittelverlusten, so das Resumee der Studienbetreiber.

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